Rock am Ring
Der Festivalbericht vom Rock Am Ring 2014

Tag 4:

Wer sich bis jetzt darüber gefreut hat, dass Rock Am Ring in diesem Jahr vom Regen verschont und mit Sonnenschein gesegnet war, der dürfte spätestens am vierten Tag seine Meinung geändert haben. Die gelbe Sau brennt widerlich scharf auf die Menge und versucht den Besuchern die letzten Kraftreserven abzuverlangen. Aber Ringrocker sind sehr hart im Nehmen. Schon am frühen Nachmittag ist es auf dem Gelände sehr voll, wahrscheinlich weil dort doch mehr Schatten ist als auf dem Campingplatz, aber die Leute sind doch schon sehr geschafft. Sicherlich auch wegen des (unnötigen) vierten Tages. Allerdings habe ich auch nicht gesehen, dass die Leute mal abgespritzt werden. Dafür sind die Security-Leute vor der Centerstage erste Sahne und kümmern sich rührend um die Fans – ein dickes Lob!

BLACK STONE CHERRY ziehen gerade gut gelaunt ihr Set durch, als ob ihnen die Hitze nichts anhaben kann. Locker zaubern sie in würziges Rockstück nach dem anderen aus der Tasche und sorgen für die erste gute Stimmung am letzten Festivaltag. Zu Stücken wie „Fiesta Del Fuego“ oder auch „Me And Mary Jane“ reicht es auch aus, lässig im Takt zu schwoofen und gemütliche Luftgitarre zu zocken. Zumal die grandios melodiöse Stimme von Chris Robertson tatsächlich vitalisierend wirkt. Die Band bleibt in der ihr zugeteilten Zone und betritt den Snakepit, den die Crew von METALLICA bereits aufgebaut hatte, nicht. Im Zeichen von METALLICA soll wohl auch der vierte Festivaltag stehen. Die Bühne, mit den elitären METALLICA-Fans gefüllt, nimmt unnötig Platz weg und macht klar, welche Einstellung METALLICA zu haben scheinen: Nämlich, dass sie die Geilsten sind und sich alle anderen Bands unterzuordnen haben.

TRIVIUM haben es etwas schwerer. Die Band hat sich ihren aktuellen Status sehr hart erarbeitet, ist aber mittlerweile Jubel sicherlich gewohnt. Allerdings scheinen die Amerikaner die Hitze nicht so gut ab zu können. Ist es in Florida nicht auch immer sehr heiß? Matthew Heafy und seinen Mannen spielen ihr Set zwar einwandfrei und werden tüchtig beklatscht, aber es dauert etwas länger als üblich, bis die Leute in Fahrt komen. Dafür glänzt der Fronter mit einigen Brocken Deutsch, was eigentlich immer gut ankommt. Fünf Grad kühler und der Platz würde explodieren, denn gerade die neuen Stücke von „Vengeance Falls“ drücken richtig auf den Nacken. Allerdings sind es dann doch die melodiösen Gassenhauer, die richtig Stimmung machen. Bei „Black“ und dem letzten Stück „In Waves“ ist die Publikumsbeteiligung deutlich größer. Was mir auffällt, ist das lieblose Bühnenbild, sieht alles sehr nach Plastik und irgendwie uncool aus.

Galerie mit 6 Bildern: Trivium - Rock Am Ring 2014

Setlist TRIVIUM

Brave This Storm
Built To Fall
Strife
Black
Anthem (We Are the Fire)
Dying In Your Arms
Down From The Sky
Capsizing The Sea
In Waves

Danach kommt meine Überraschung des Festivals: IN EXTREMO. Mir war nicht wirklich klar, wie sympathisch die Band auf der Bühne agiert, da ich sie noch nie live erleben durfte. Sehr einnehmende und angenehme Perfomance, die die Songs noch ein Stück besser macht. Die Berliner rund um Sänger Michael Robert Rhein haben sichtlich Spaß an ihrem Auftritt, kommunizieren ständig untereinander und diese Spielfreude überträgt sich umgehend auf die Menge. Endlich kommt wieder Energie auf den Platz und die komplette Masse springt, tanzt und schunkelt. IN EXTREMO haben somit den Funken gezündet und bei „Frei Zu Sein“ ist vor der Centerstage kein Halten mehr. Michael weißt darauf hin, dass die Amerikaner ja gerne Dinge verbieten und heute auch verboten ist, den Snakepit von METALLICA zu betreten. Sichtlich angepisst geht er trotzdem drüber, was ich sehr lässig finde. Was denken die Leute von, über, neben, hinter und unter METALLICA eigentlich, wer sie sind? Kann es sein, dass noch andere Bands bei Rock Am Ring spielen und nicht jeder ausschließlich wegen METALLICA gekommen ist. IN EXTREMO hätten es eigentlich überhaupt nicht nötig, verfeinerten ihren Auftritt aber noch mit diversen Explosionen und gegen Ende mit einer unaufdringlichen Lichtshow. Tolle Band, die mich umgehend überzeugt hat.

Galerie mit 13 Bildern: In Extremo - Rock Am Ring 2014

Zwischen den Auftritten werden immer Voting-Filmchen von METALLICA eingespielt, mit dem Aufruf eine SMS bezüglich des noch letzten Wunschsongs zu schicken. Dieses scheinheilige „die Fans sind uns so wichtig“-Getue ist richtig nervig. Zumal einige Tage vorher IRON MAIDEN einen fabelhaften, beeindruckenden Auftritt hingelegt hatten – ohne vorher so ein Hype um sich selbst zu machen. Es wird mir keiner widersprechen, wenn ich sage, dass IRON MAIDEN cooler sind als METALLICA, oder?

ALTER BRIDGE sind die nächsten auf dem Plan und ich befürchte schon, dass die Band künstlich rüberkommen wird. Doch weit gefehlt – ALTER BRIDGE sind sichtlich entspannt und sympathisch. Allerdings wird die Band auch in der ersten Hälfte des Sets richtiggehend gequält, die Sonne war schier unerträglich. Auf den Punkt wie immer, ziehen die Amerikaner ihre Show durch und animieren das Publikum. Seltsam finde ich noch immer diese Ignoranz zwischen Tremonti und Kennedy, als ob die beiden sich Spinnefeind wären. Das ruhige „Blackbird“ kommt genauso gut an, wie die schnellen Stücke des aktuellen Album „Fortress“. ALTER BRIDGE spielen nicht weniger als eine makellose Rockshow mit allen Finessen, die man für ein rundes Konzert benötigt. Die Stimme von Miles Kennedy ist sehr beeindruckend und gefällt mir live noch viel besser als auf Platte. Zum Glück legt sich in der Mitte eine dicke Wolke vor die Sonne, sodass man den Auftritt besser genießen kann. So langsam macht sich Wehmut breit, denn das Festival naht sich tatsächlich dem Ende.

Galerie mit 12 Bildern: Alter Bridge - Rock Am Ring 2014

Setlist Alter Bridge

Addicted To Pain
White Knuckles
Come To Life
Cry of Achilles
Ties That Bind
Waters Rising
Metalingus
Blackbird
Rise Today