Rock am Ring
Der Festivalbericht vom Rock Am Ring 2014
Konzertbericht
Tag 3:
Die Sonne brennt zwar vom Himmel wie nix Gutes, aber trotzdem geht am dritten Festivaltag ein angenehmer Wind. Es is also durchaus auszuhalten. Gegen Nachmittag legt sich einige abkühlende Wolken über die Sonne, sodass man sich entspannt vor die Bühnen fläzen kann. Mit Regen ist auf der diesjährigen Ausgabe von Rock Am Ring glücklicherweise nicht mehr zu rechnen. Auf dem Weg zu Alternastage kommen wir bei THE PRETTY RECKLESS vorbei, außer dass Model und Schauspielerin Taylor Momsen hier am Mikro steht, weiß ich relativ wenig über die Band. Fakt ist aber, dass die Gute ordentlich röhrt und um ein Vielfaches besser zu sein scheint als Tante-HUNTRESS, die am Vortag sehr unangenehm und schrill auf der Clubstage rumbrüllte. THE PRETTY RECKLESS spielen retrospektiven Rock, den man ihnen sofort glaubwürdig abkauft und der eingängig und gut gemacht ist. Die erste richtige Band auf dem Plan sind aber KARNIVOOL auf der Alternastage.
Dort angekommen hören wir noch die WALKING PAPERS, mit Duff Mc Kagan (GUNS’N’ROSES) am Bass. Klingt ganz nett, aber leider nur noch die letzten Töne.
KARNIVOOL sind eine der vier oder auch fünf Prog Rock-Bands, die ich absolut grandios finde. „Sound is the factor which holds it together“ so prangt es auf der Facebook-Seite der Australier, noch ein Grund mehr gespannt zu sein. Der Soundmann auf der Alternastage scheint da anderer Meinung zu sein, denn schon nach den ersten Tönen ist klar – das wird hier erstmal nix! Wutentbrannt schreien die ersten Reihen nach vorne „Bass leiser und Gesang lauter!“, wahlweise dann noch abgeschlossen mit „…du Idiot“ oder „…du Arsch“. Wer KARNIVOOL kennt, weiß genau, dass hier akzentuierter Sound Pflicht ist, denn sonst gehen jegliche Feinheiten unter. Ian Kenny hatte seine liebe Müh‘ bei „Simple Boy“ irgendwie gegen die Instrumente anzukommen. Die Band selbst lässt sich in ihrer Performance aber nicht offensichtlich davon irritieren. Letztendlich wird es auch von Song zu Song besser, sodass „New Day“ schon in gutem Klang ertönt und das Konzert standesgemäß abschließt. Bei einem derart kurzen Set fallen solche Schnitzer allerdings doppelt so stark auf. Trotzdem sind KARNIVOOL genau die richtige Band für diesen Moment und übertragen die Stimmung ihrer Songs gut auf den Platz. Unfassbar, wie genial die Zahnräder dieser Band ineinandergreifen und wahre Klangmonster aufbauen können.
Galerie mit 9 Bildern: Karnivool - Rock Am Ring 2014KVELERTAK habe ich auch schon lange nicht mehr gesehen, etwas über ein halbes Jahr. Die Angst, dass sich die Songs mittlerweile live abgenutzt haben, ist groß und um es gleich vorweg zu nehmen – die Norweger legen nicht gerade ihren besten Auftritt hin. Schon alleine beim Intro, welches Erlend standesgemäß mit der Eulenmaske absolviert, kommt es zum ersten Patzer. Das Mikro fällt einfach so runter, mit Eulenmaske auf dem Kopf ist man dann sehr blind und hilflos und ein geiler erster Eindruck ist das auch nicht gerade. Leider dauert es dann eine Zeit, bis ein Roadie zur Hilfe kommt und auch das Absetzen der Maske klappt nicht so zügig wie gewohnt. KVELERTAK halten das Publikum nicht so straff an den Zügeln, wie es sonst der Fall ist, die Songauswahl ist nicht die geschickteste und einige Soundpatzer stören ebenfalls den Fluss. Man merkt, dass die Laune des Sängers immer schlechter wird, noch dazu scheint die Menge leicht gelangweilt, auch wenn viele tapfer klatschen und in den richtigen Momenten die Faust heben. Bei „Undertro“ verschwindet er von der Bühne, was auch beim Lied so üblich ist, und kommt aber einfach nicht zurück, sodass sich die anderen Bandmitglieder einen Wolf spielen und immer wieder das selbe Riff zocken. Hilflose Blicke Richtung Backstage bringen ihn auch nicht schneller zurück, aber natürlich kommt er wieder. Zu „Kvelertak“ wird dann noch eine Fahne geweht, allerdings auch eher lieblos und diese dann auch wieder wütend hinter der Bühne auf den Boden geknallt. Verständlich, denn noch dazu wird das Konzert wohl live übertragen. Na ja, man kann nicht immer gewinnen und die Songs blieben natürlich genauso gut wie immer, wenn auch die fehlende KVELERTAK-Explosion ausblieb.
Galerie mit 11 Bildern: Kvelertak - Rock Am Ring 2014Die folgenden OPETH (aus Hannover) haben dann glücklicherweise sehr guten Sound. Ich denke, sonst wäre auch ein Verantwortlicher hinter der Alternastage gestorben. Dass OPETH eine Kultband sind, merkt man schon an den Reaktionen der Fans. Die wehleidigen „Opeth“-Rufe kommen aus tiefster Seele und klingen sehr emotional. Obwohl die Band bald „Pale Communion“ veröffentlichen wird, ist das Backdrop noch vom Heritage-Album, was natürlich total belanglos ist, aber eben auffällt. Mit „Devil Orchard“ treffen OPETH genau den Nerv und die Fans schmelzen nur so dahin. Ständig wird laut vor Begeisterung aufgestöhnt und Fans von anspruchsvollem Prog Death werden aber mit diesem Auftritt sowas von befriedigt. Ein Fan hält ein Schild hoch, auf dem „I Fucked On Opeth“ stand. Mikael Åkerfeldt weißt darauf hin, dass dies wohl grammatikalisch nicht korrekt ist, ganz gleich wie es gemeint ist. Generell sorgte er für Humor „Hey du! Hast du mich eben Arschloch genannt? Ich habe eins, stimmt… aber du auch“. Außerdem wird die Band wohl nächstes Jahr beim Eurovision antreten. Vollbart hat Mikael nicht, aber er könnte schon die richtigen Beine vorweisen. Außerdem gibt er einige deutsche Kostproben wie „Bist du verheiratet?“ oder „Mein Hund ist dunkelblau“, kann man ja immer mal gebrauchen. Vollkommen gleich, ob OPETH laut oder leise, hart oder weich anstimmen – hier sitzt jeder Song und jede Note ist perfekt. Auch wenn nicht die wildeste Bewegung im Publikum ist, fast jeder scheint in die Musik versunken und diese zu genießen. OPETH sind ein Hochgenuss und Balsam für die Ohren, sehr stark!
Galerie mit 18 Bildern: Opeth - Rock Am Ring 2014Setlist OPETH
The Devil’s Orchard
Heir Apparent
Hope Leaves
Deliverance
Blackwater Park
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