Rock am Härtsfeldsee
Der große Bericht - Rock am Härtsfeldsee 2009
Konzertbericht
So langsam wird es ernst. Das Festivalgelände füllt sich zusehends und während ich für 3,50 Euro eine ausgesprochen preiswerte und leckere Holzofen-Pizza verhafte und eine gute Ladung Frischluft tanke, strömen Massen von Feierwütigen an mir vorbei in das Festzelt, wo die Ausdünstungen der Menge für ein feuchtwarmes Klima sorgen.
ENSIFERUM (21:55 – 22:50)
Passend zur Sauna-Atmosphäre stehen nun die finnischen Folk-Metaller ENSIFERUM auf dem Plan. Und konsequenterweise hat sich jeder der Jungs als einziges Kleidungsstück ein großes Handtuch um die Hüften geschlungen. Nur Keyboarderin Emmi Silvennoinen wird zusätzlich ein Shirt zugestanden. Mit treibenden Humppa-Rhythmen und folkiger Melodieführung heizt man der Menge ordentlich ein. Auf die Dauer ist mir das zwar eine Spur zu eintönig, bei knapp einer Stunde Spielzeit ist der Unterhaltungsfaktor aber extrem hoch. Und das sieht auch das übrige Publikum so. Da wird ausgelassen getanzt, gehüpft und gepogt. Da mir der Sinn nicht nach Moshpit steht, halte ich mich ein wenig am Rand auf und genieße die Show aus der Ferne.
HAMMERFALL (23:20 – 1:00)
Als Headliner hat man eine Band verpflichtet, an der sich schon immer die Geister scheiden. Und so ergreifen nun auch einige die Flucht, während die aus dem Freien nachströmenden Fans den Altersdurchschnitt prompt um einige Jährchen anheben. Im Vergleich zu ENSIFERUM sprechen HAMMERFALL mit ihrem traditionalistischen True Metal eben eine deutlich ältere Zielgruppe an. Und diese darf sich auf eine von großen Mitsing-Hymnen dominierte Setlist freuen.
Los geht es direkt mit „Blood Bound“, „Crimson Thunder“ und „Renegade“. Danach würdigt man die jüngste Veröffentlichung „No Sacrifice, No Victory“ mit dem starken „Hallowed Be My Name“. Die Besetzungswechsel der vergangenen Jahre haben HAMMERFALL mühelos weggesteckt und spielen so tight auf, als hätte es in ihrer sechzehnjährigen Geschichte nie eine andere Bandkonstellation gegeben. Ur-Bassist Fredrik Larsson lässt selbst das ausdrucksstarke Stageacting seines Vorgängers Magnus Rosén vergessen. Schwerer hat es da Pontus Norgren, der noch nicht ganz an den sympathischen Charakterkopf Stefan Elmgren heranreicht. Der hervorragenden Gesamtleistung tut dies jedoch keinen Abbruch.
Das Bühnensetting wirkt sehr schlicht und aufgeräumt und wird dominiert von einem großen Metalschild mit ausgeschnittenem Bandlogo, das als Backdrop dient. Dieses findet auch als Projektionsfläche für beeindruckende Licht- und Flammeneffekte Verwendung – was das optische Erscheinungsbild angeht, gehören HAMMERFALL zu den absoluten Vollprofis der Metal-Szene. So mag man schon seit Jahren von den im Albumtakt wechselnden Bühnenklamotten des Quintetts halten, was man will, es ergibt sich doch auch heute wieder ein stimmiges Gesamtbild, in das selbst die ungewohnt hell gefärbten Haare von Gitarrist Oscar Dronjak passen.
Ein Best-Of-Programm mit vielen alten Klassikern hat der gutgelaunte Sänger Joacim Cans angekündigt. Und tatsächlich finden sich mit „Glory To The Brave“, „At The End Of The Rainbow“ und „Templars Of Steel“, sowie dem jüngeren, aber nicht minder genialen „Last Man Standing“ meine absoluten HAMMERFALL-Lieblingstitel im Programm wieder. Die Publikumsreaktionen verraten indes, dass ich mit dieser Einschätzung nicht alleine dastehe, sind dies doch die Stücke, die am wildesten beklatscht und mitgegröhlt werden.
Die dem jüngsten Werk entnommenen Titel zeigen sich indes zwiespältig. „Any Means Necassary“ ist ein grandioser Mitbrüll-Stampfer, „Life Is Now“ geht immerhin noch ganz angenehm ins Ohr, bleibt aber live viel zu harm- und belanglos. Die Ballade „Between Two Worlds“ schließlich wirkt wie ein lauwarmer Aufguss älterer HAMMERFALL-Balladen von „I Believe“ bis „Always Will Be“. Dass die Akustik-Gitarren während Joacim Cans einleitenden Worten ganz unverhohlen die Melodie von „Remember Yesterday“ zupfen, ist bezeichnend. Leider handelt es sich hier jedoch nur um ein Ablenkungsmanöver, so dass wohlwollende Geister hier auch stimmungsmäßig den Ruhepunkt des Auftritts finden – ich würde eher von einem Tiefpunkt sprechen.
Überhaupt muss man den Einstieg in die einzelnen Songs durch die Bank als „unglücklich“ bezeichnen. Es ist verwunderlich, dass eine erfahrene Band wie HAMMERFALL noch immer solche Probleme damit hat, einen guten Übergang von einem Song zum nächsten zu finden. Etwa jedes zweite Stück wird von einem längeren Intro eingeleitet, das vom Band kommt. Und konsequenterweise verlassen die arbeitslosen Musiker dabei immer kurz die Bühne, um kurz etwas zu trinken und sich frisch zu machen. Diese Auszeiten wären den Herrschaften in jedem Fall zu gönnen, würde dabei nicht stets der mühsam aufgebaute Spannungsbogen in sich zusammenbrechen und die Stimmung bei dieser fröhlichen Echtmetall-Feier am Überkochen hindern.
Unter dem Strich ist es aber ein starker Auftritt, den man heute von HAMMERFALL sehen darf. Im Zugabenblock wird Joacim Cans obligatorisches „Let The Hammer…“ wieder mit einem gewohnt lautstarken „Fall!“ quittiert und das selige Grinsen der Fans hält auch über den Rausschmeißer „Hearts On Fire“ – den ich persönlich mittlerweile einfach zu oft gehört habe – hinaus an und begleitet die Fanscharen auf dem Weg nach Hause beziehungsweise in die vielen Zelte, die den direkt neben dem Gelände gelegenen Campingplatz bevölkern.
Setlist HAMMERFALL:
– Blood Bound
– Crimson Thunder
– Renegade
– Hallowed Be My Name
– The Abyss
– Last Man Standing
– Heeding The Call
– Glory To The Brave
– Life Is Now
– At The End Of The Rainbow
– Any Means Necessary
– Threshold
– Between Two Worlds
– Riders Of The Storm
– Templars Of Steel
– Let The Hammer Fall
– Hearts On Fire
FEUERSCHWANZ (1:30 – 2:30)
Bevor die Party aber endgültig auf den Campingplatz verlegt wird, bleibt der harte Kern der betrunkenen und partywütigen Horde noch etwas länger im großen Zelt, um die traditionelle Late-Night-Show zu genießen. Wie üblich hat man dafür wieder Künstler verpflichtet, bei denen der Comedy-Faktor einen mindestens genauso hohen Stellenwert genießt wie das musikalische Talent. Die Mittelalter-Komödianten FEUERSCHWANZ stammen aus dem Raum Erlangen und dürften ein heißer Tipp für all diejenigen sein, denen Bands wie SCHANDMAUL oder SALTATIO MORTIS zu ernsthaft zu Werke gehen und denen der Humor der Erlanger Lokalmatadoren J.B.O. zu intellektuell ist.
Mit dem auch als Titel des Openers verwendeten Schlachtruf „Met & Miezen“ und den beiden zugehörigen, mit Pelzohren, Schwanz und Schnurrhaaren bestückten Animierdamen könnte ich mich an sich gut anfreunden. Um über einen flugs aus der Hose gezauberten Dildo mit eingebautem Flaschenöffner oder pseudo-witzige Pseudo-Mittelalter-Namen wie „Johanna von der Vögelweide“ oder „Prinz R. Hodenherz III.“ lachen zu können, bin ich offensichtlich nicht betrunken genug.
Der musikalische Anspruch bei dieser Mittelalter-Posse ist deutlich gering, während die Nerven von einem schlechten Witz nach dem anderen strapaziert werden. So ergreife ich nach einer Handvoll Stücke resignierend die Flucht und mache mich auf den Heimweg, vorbei an den unermüdlich in einer Polonaise durchs Festzelt ziehenden Fans, die offensichtlich sogar großen Spaß mit FEUERSCHWANZ haben. Insofern muss man die Band zwar nicht mögen, die ihnen zugedachte Aufgabe erfüllen sie aber tadellos.
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