Rock am Härtsfeldsee
Der große Bericht - Rock am Härtsfeldsee 2009
Konzertbericht
Freitag, 19.06.2009
Der ein oder andere mag sich am großen Festzelt stören, in dem „Rock am Härtsfeldsee“ traditionsgemäß stattfindet. Doch auch wenn darunter das Open-Air-Feeling ein wenig leidet, ist man hier immerhin vor den Unbillen schlechten Wetters und lärmempfindlicher Anwohner geschützt. Frische Luft kann man dann beim Erkunden des überschaubaren Außengeländes tanken. Die Auswahl an CDs und Merchandise-Artikeln ist zwar sehr überschaubar, dafür trumpfen die örtlichen Gastronomen bei der Verpflegung wieder ganz groß auf. Von Pommes, Döner und frischer Holzofen-Pizza bis hin zu Crêpes kann man sich hier genüsslich den Wanst vollschlagen, zumal die Preise für Festival-Verhältnisse wie immer extrem günstig sind. Dies gilt auch für die Getränke, so zahlt man beispielsweise für 0,4 Liter Wasser nur 1,50 Euro und auch die gleiche Menge Bier kostet nur einen Euro mehr.
STRINGFACE (18:00 – 18:25)
Leider komme ich erst reichlich spät auf dem Festivalgelände an. So bekomme ich von STRINGFACE nur noch das MOTÖRHEAD-Cover „Iron Fist“ zu sehen, das als Schlusssong Verwendung findet. Die Thrash-Combo stammt aus der näheren Umgebung, könnte aber bald auch schon im Rest der Nation von sich reden machen. Angenehm dreckig und abgeklärt feuern sie ihre Riffsalven in das zwar überschaubare, dafür aber umso begeisterungsfähigere Publikum, das dem Vernehmen nach über die komplette Spielzeit hinweg bestens unterhalten wurde.
SILVERLANE (18:40 – 19:10)
Wirklich voll wird das Festzelt auch bei SILVERLANE nicht. Als Nebenspielwiese von SUBWAY TO SALLY-Drummer Simon Michael konnte man sich des medialen Echos auf das Debütalbum „My Inner Demon“ sicher sein. Doch sind die Power-Metaller mehr als nur ein durch erfolgreiches Namedropping gehyptes Nebenprojekt. Man merkt Simon Michael und seinen Kollegen an, mit wieviel Spaß und ehrlicher Überzeugung sie hier zu Werke gehen. Lediglich die Funktion der Keyboarderin erschließt sich mir nicht so ganz. Optisch ist sie zwar eine ganz nette Ergänzung des Männerhaufens, ihr Instrument wird aber so weit in den Hintergrund gemischt, dass man musikalisch auch auf ihre Anwesenheit verzichten hätte können. Und auch ohne atmosphärischen Tasten-Kleister finden sich im Sound von SILVERLANE so wenige Sound-Löcher, dass die Stücke stets an der Grenze zum Kitsch balancierend für die Zielgruppe hervorragend funktionieren. Wer das erste MASTERPLAN-Album mochte, sollte auch hier auf seine Kosten kommen.
Neben dem Drummer ist Sänger Ecki Singer wichtigster Aktivposten der Band. Bei dem erst 23-jährigen Muskelpaket ist offensichtlich nicht nur die Stimme enorm kraftvoll und durchtrainiert. Man fragt sich allerdings, ob eine der garantiert zahlreichen Trainingsstunden in der Muckibude mit einem Friseurbesuch nicht besser investiert gewesen wären. Sei’s drum, eine geniale Mitsinghymne wie „Flight Of Icarus“ verzeiht auch die übelste Wischmop-Frisur. Nicht nur der Titel stellt eine Hommage an IRON MAIDEN dar, auch musikalisch sind die Parallelen unüberhörbar. Kein Wunder, dass die Menge es SILVERLANE dankt und sich der Song als absoluter Höhepunkt einer guten Power-Metal-Show entpuppt.
CALLEJON (19:30 – 20:15)
Wer erinnert sich noch an den kleinen Gallier Asterix und seinen Ausflug nach Großbritannien? Zitat: „Ist es hier immer so neblig?“ – „Wenn es regnet, dann nicht.“ Da man vor dem Regen im Festzelt geschützt ist, füllt man die Bühne nun also mit dichtem Kunstnebel. Anfangs muss man von einem Glücksfall sprechen, wenn einer der Gitarristen lange genug in den Scheinwerferkegel am Bühnenrand tritt, dass man ein Foto von ihm erhaschen kann. Den visuellen Beweis dafür, dass der Drummer hingegen auch an seinem Arbeitsplatz und nicht per Telefonkonferenz zugeschaltet ist, bekommt man erst nach der Hälfte des Sets geliefert, als sich die Nebelschwaden einmal für kurze Zeit verziehen.
Über den Grund für diese Verdunkelungsstrategie kann man nur spekulieren. Offensichtlich muss die Gruppe jedoch noch lernen, dass weniger manchmal wesentlich mehr sein kann. So geht man auch musikalisch anfangs vollkommen überambitioniert zu Werke, weswegen die Gesamtperformance stark gekünstelt wirkt und sich die zweifellos vorhandene Energie nicht so recht aufs Publikum übertragen will. Die Performance von Sänger „Bastibasti“ ist symptomatisch: Mit spastisch anmutenden Zuckungen windet er sich auf der Bühne und bedient sich dabei eines gewöhnungsbedürftig akzentuierten Gesangsstils, der spätestens dadurch nervig bis albern wirkt, dass er ihn auch bei den nichtssagenden Ansagen konsequent durchhält, bei denen er auch mit seinem inflationären Gebrauch der Anrede „meine lieben Freunde“ für wenig mehr als ein müdes Lächeln sorgt.
Dass man mit der Band dennoch in Zukunft zu rechnen hat, zeigt sich darin, dass der Gesamteindruck nicht so negativ ausfällt, wie der bisherige Text vielleicht vermuten lassen könnte. Sicherlich ist hier noch vieles ausbaufähig, aber das Fundament steht und ist absolut solide. Das Metalcore-Grundgerüst peppt man mit seinem ganz eigenen Zombie-Image auf, das auch Parallelen in die Horrorpunk-Ecke aufweist. Je länger der Auftritt währt, desto besser werden CALLEJON. Fast scheint es, als ob die Musiker von der extrem energiegeladene Performance langsam müde werden. Und mit der Müdigkeit bleibt als erstes das Überambitionierte auf der Strecke, wodurch die Show sich in der zweiten Hälfte zu einer richtig geilen Metalcore-Party entwickelt.
END OF GREEN (20:35 – 21:30)
Nun wird es sowohl ruhiger als auch düsterer. END OF GREEN geben sich mal wieder beim „Rock am Härtsfeldsee“ die Ehre und schlagen als waschechte Doomster die düstersten und langsamsten Töne des gesamten Festivals an. Wer die TYPE O NEGATIVE-Soundalikes kennt – und das sind hier nicht gerade wenige – der weiß bereits, was ihn erwartet. Das Stageacting ist eher statisch und wenig effekthaschend. Die Band lebt von ihrer düsteren Aura und dem Charisma von Frontmann „Michelle Darkness“ (formerly known as „Michael Hu-Burn“), dessen Stimme sich hinter dem großen Vorbild Peter Steele nicht zu verstecken braucht. Musikalisch beschränkt man sich glücklicherweise nicht darauf, TYPE O NEGATIVE zu kopieren, sondern veredelt deren klangliches Grundgerüst mit hinreichend eigenen Elementen, um sich die Existenzberechtigung zu erhalten. So bieten END OF GREEN wieder einmal eine musikalisch gelungene Show, die für Kenner der Band keinerlei Überraschungen birgt.
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