Rock am Härtsfeldsee
Bericht vom 21. Rock-Wochenende am Härtsfeldsee
Konzertbericht
Samstag, 24. Juni 2017
Bei bestem Wetter ist das Gelände heute schon bei Konzertbeginn richtig schön voll. Die meisten hängen erst ein bisschen draußen ab und stärken sich für die Dinge, die da kommen werden. An den Bierständen ist ordentlich was los, bei der Hitze muss man sich ja auch gut bewässern. Außerdem gibt es wieder eine kleine Einkaufsmeile mit metallischem Kram und das mobile Piercing-Studio ist auch wieder da für die ganz Mutigen.
WITCHBOUND
Galerie mit 18 Bildern: Witchbound - Rock am Härtsfeldsee 2017Für die erste Band an diesem Abend – WITCHBOUND – füllt sich das noch sehr leere Zelt mit Besuchern, um deren Debüt-Album „Tarot’s Legacy“ mit ihnen zu feiern. WITCHBOUND sind kein unbeschriebenes Blatt, drei ihrer Mitglieder waren früher bei der Heidenheimer Kult-Band STORMWITCH. Kult bedeutet: wenig Kohle, viel Beachtung. Sogar Bands wie Hammerfall bezeichnen die Sturmhexen als wichtigen Einfluss. Man nannte sie „Masters Of Dark Romantic“ und das Publikum scheint anfangs etwas irritiert, dass da eine Sängerin am Mikro steht. Auf „Tarot’s Legacy“ singt nämlich ein Mann (und das nicht im Falsett). Natalie Pereira Dos Santos hat eine dunkle Rockstimme, singt meist im Alt und man hätte eher die Gothic-Sopran-Frau an den Backing Vocals als Hauptsängerin erwartet. Sie übrigens erscheint auch auf dem Albumcover. Heute muss man sich erst mal von dem STORMWITCH-Gedanken lösen und erkennen, dass WITCHBOUND eben eine eigene Band ist (das mit dem Besetzungswechsel haben sie womöglich doch von den Sturmhexen geerbt. Die leben übrigens mit Andy Mück am Mikro weiter, hohe Stimme inklusive). Erst beim vorletzten Song platzt dann bei WITCHBOUND und den Zuhörern der Knoten, vielleicht weil „Foreign Shores“ ganz neu ist und nochmal anders daherkommt. Das ist ein moderner Song, der sehr nach vorne geht und nicht in alten Zeiten verharrt. Die Zuhörer gehen sozusagen mit nach vorne (viele kommen ans Gitter vor) und dann spielen WITCHBOUND noch den alten STORMWITCH-Hit „Dance With The Witches“ in einem neuen, modernen Gewand. Da passt dann auch plötzlich die Alt-Stimme von Natalie Pereira Dos Santos – eine eigene, neue Magie stellt sich ein, die das Publikum tatsächlich zu Zugabe-Rufen bringt. Sehr beachtlich für die erste Band des Tages.
UNLEASH THE SKY
Galerie mit 24 Bildern: Unleash The Sky - Rock am HärtsfeldseeUNLEASH THE SKY sind der Tribut der Macher des RaH an die heutige Jugend. Modern Metal lockt eben auch die Jungen hierher und die Rechnung geht auf: Am Härtsfeldsee sind einfach alle Altersklassen vertreten, Metal-Integration sozusagen. UNLEASH THE SKY sind dann auch nicht ZU modern für die älteren Anwesenden, eher ein bisschen poppig. Sie haben sich einen neuen Sänger für die Clean-Vocals ins Boot geholt und der singt manchmal eher wie ein Power Metaller als wie ein Coreler. Langsamere Songs wie „Faithkeeper“ gewinnen dadurch an Intensität, das Publikum darf mitsingen und Frontmann Patrick Demuth macht einen Ausflug über die Köpfe des Publikums, das ruhig ein bisschen zahlreicher hätte sein können. Auf der anderen Seite haben die Jungs im Pit viel Spaß und vor allem Platz beim Hüpfen und Rempeln.
TANKARD
Galerie mit 19 Bildern: Tankard - Rock am Härtsfeldsee 2017TANKARD sind dann wieder eine Wir-erziehen-mit-Thrash-zum-Bier-Band und wir machen brav unsere Bilder und gehen dann endlich in die ersehnte Bier-Pause. Also nicht die zur Bier-Erziehung von der Band, sondern die zum Bierholen / Biertrinken. Von ONKEL TOM haben wir gestern mehr über das Thema gelernt, als wir wissen wollten, heute ist Praxis angesagt und zum Bier passt der „Scharfe Zigeuner“, ein extrem scharfer Fladen aus dem Holzbackofen, der uns schon gestern einen tollen Chili-Schluckauf beschert hat. Die Schärfe muss dann wieder gelöscht werden, ihr erratet es schon, mit Bier und TANKARD, die von hinten dann doch noch Spaß machen. Und wie man sieht und hört, nicht nur uns: Das Zelt ist fast voll.
LORDI
Galerie mit 19 Bildern: Lordi - Rock am Härtsfeldsee 2017Richtig voll ist das Zelt dann für LORDI, die Monster-Finnen. Von klein bis groß, von jung bis alt, von Metaller bis Rocker, jetzt drängen sich alle vor der Bühne und im Zelt ist kein Durchkommen mehr. In den ersten Reihen sind jede Menge Kinder mit ihren Eltern, als ein Monster auf der Bühne einen Ziegen-Totenkopf spazierenträgt. Sensenmann ist nämlich out, Ziegen und Gehörnte sind heute angesagt. Die Monstermänner (eine Monsterfrau ist am Keyboard dabei) gehen gleich in die Vollen und beglücken das bunt gemischte Publikum mit hardrockigen Hymnen und Sprüchen. Dem Obermonster ist jedenfalls heiß in seinem Kostüm und es behauptet, dass ihm gewisse Teile geschmolzen sind und nun aus den Hosenbeinen auf die Bühne fließen. Ja, die Hitze ist extrem drückend und feucht im Zelt, die Luft kann man trinken und trotzdem singen alle mit bei Songs wie „Hug You Hardcore“ und natürlich „Hardrock Halleluja“, dem Sieges-Song vom Eurovision-Contest 2006. Den Abschluss bildet „Would You Love A Monsterman?“. Was für eine Frage! Natürlich lieben wir alle unsere LORDI-Monster. Und wie!
SALTATIO MORTIS
Galerie mit 22 Bildern: Saltatio Mortis - Rock am Härtsfeldsee 2017Wer jetzt denkt, dass das Publikum eine Pause zum Trocknen braucht, der liegt falsch. Die meisten wollen sich einen guten Platz sichern für SALTATIO MORTIS. Und „voll“ muss neu definiert werden, jetzt passt genau noch ein Stück Papier zwischen die Leutchen in den ersten Reihen – und da sind jetzt ganz viele Mädels. Wenn man eine Band „authentisch“ nennen kann, dann sind es auf jeden Fall SALTATIO MORTIS. Die gehen auch hier wieder mit unglaublicher Spielfreude zu Werke und reißen ihre Fans mit guter Laune, aber auch mit kritischen Texten mit. „Rattenfänger“ oder „Wo sind die Clowns“ gehen durch die Decke, die Band schafft es, dass das komplette Zelt „Na na nana na!“ grölt und Sänger Alea der Bescheidene lässt sich auf dem Publikum bäuchlings durch das ganze Zelt tragen – und singt dabei. Beim „Koma“-Refrain „Halt mich fest, halt mich fest“ ist Rudelhüpfen mit Anfassen angesagt und überhaupt gibt es viel Feuerwerk, virtuell, aber auch in Form von Pyros – und davon jede Menge. SALTATIO MORTIS sind wieder mal der Hammer.
J.B.O.
Galerie mit 19 Bildern: J.B.O. - Rock am Härtsfeldsee 2017Damit ist der Abend schon fast zu Ende, Headliner J.B.O. bezeichnen das RaH als eines ihrer liebsten Festivals und behaupten, dass sie sich immer selbst einladen und dass ihnen „Rock am Härstfeldsee“ zu lang ist und sie es lieber „Herzilein“ nennen. So ganz ernst nehmen darf man J.B.O. natürlich nicht, sie erzählen gerne Stories wie die vom „verbotenen Song“, den sie nur spielen, wenn niemand das verrät. Wir tun’s auch nicht, streng geheim! Mit J.B.O. ist es wie immer: die Fans sind eher gechillt, aber bis ins letzte Eck wird fleißig mitgesungen, jeder kennt das „Gänseblümchen“, „Vier Finger für ein Halleluja“ oder „Geh mer halt zu Slayer“ und an der größten Bierzapfstelle des Zeltes steht der Ausschank zeitweise fast still, weil die Ausschenker eine Polonaise bilden, sehr zur Freude der Gäste.
J.B.O. sind der ideale Rausschmeißer: laut und lustig, aber manchmal auch ein bisschen traurig machend, wenn man genau hinhört. Manches sagen sie ja nur durch die Blume, durch das Gänseblümchen sozusagen. Und so fahren wir dann auch heim: Es war superschön, alles hat gepasst, aber jetzt ist das schöne Rock am Härtsfeldsee schon wieder vorbei und wir müssen ein Jahr warten, bis wir wiederkommen dürfen. After-Festival-Blues, du hast uns wieder erwischt!
Dagmar Geiger und Stephanie Lauber
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Sieht aus wie Kaffee und Kuchen bei Oma.
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