Roadburn Festival
Einmal Tilburg und zurück – Roadburn Festival 2016
Konzertbericht
Freitag, 15. April 2016
NEUROSIS. Dieser Name sollte auch vielen Nicht-Roadburnern ein Begriff sein. Warum? Weil: Ist so. Wie auch immer. Ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde kommen die Kollegen Klug und Kostudis am frühen Freitagmorgen (11 Uhr – das ist definitiv noch Morgen) nach einer – wer hätte das gedacht? – sehr angenehmen Nachtruhe im heimischen Zelt in einen ganz besonderen Genuss: Pre-Listening. Und zwar des neuen Silberlings einer ziemlich prägenden Band, die erst wenige Zeilen weiter oben erwähnt wurde. Kelly Family zum Frühstück, quasi. Nur wesentlich lauter und dreckiger. Ohne Scheiß: Es gibt tatsächliche schlechtere Starts in den Tag, als in einem abgedunkelten Raum herumzulümmeln, während in amtlicher Lautstärke aus einer sehr, sehr teuren Anlage eine sehr, sehr gute Platte dröhnt. Mehr wollen die Kollegen hier erst mal nicht verraten, nur so viel: Als das Licht wieder angeht, finden das beide schon ziemlich schade.
Nach Bewältigung ihrer mehrminütigen Aufwachphase torkeln die Kollegen zum Zeltplatz zurück. Nach einem dekadenten Camping-Frühstück (Salat, Brötchen, Fried Chicken, Vinyl-Beschallung + nettes Lächeln, zusammen 4,50€) geht’s dann erst einmal ins Patronaat. Nun ja, nicht direkt. Vor den heiligen Hallen haben sich bereits zur frühnachmittäglicher Stunde Schlangen gebildet, die gerne einmal die halbe Straße einnehmen.
Haben HEXVESSEL gestern noch die ausgebaute Hauptvenue gefüllt, werden sie am zweiten Tag ins kleinere Nebengebäude abgeschoben. Dabei ist der heutige Auftritt womöglich der größere Hingucker, wie auch der massive Andrang beweist. Gemeinsam mit ihren finnischen Ambient-Kollegen ARKTAU EOS inszenieren Kvohst & Co. ein Psychedelic-Set, das bestens Gewissens als erstes richtiges Ritual des Festivals bezeichnet werden kann. Die acht Musiker hüllen sich ausnahmslos in lange Gewänder und tiefe Kapuzen und lenken den Fokus eher auf das Gesamtbild. Weihrauch ist bei derlei Veranstaltungen natürlich längst obligatorisch – welche finnischen Kräuter der von einem Kartoffelsack verhüllte ARKTAU EOS-Fronter hier aus seiner Pfeife strömen lässt, ist allerdings nicht überliefert. Neben allerhand akustischem Geschwurbel zwischen Klangschalen und jazzigen Versatzstücken finden auch vermehrt ältere HEXVESSEL-Stücke ihren Weg ins Set. Das abschließende „The Tunnel At The End Of Light“ zeigt, dass eigenwilligen Finnen schon immer eine Klasse für sich waren – in welchem Gewand auch immer.
Damit das Roadburn nicht zum reinen Psych- und Sludge-Exzess verkommt, beweist das Festival wieder einmal interkulturellen Mut. Zwar mag DIAMANDA GALÁS aufgrund einiger Features ROTTING CHRIST-Fans ein Begriff sein, und auch auf der Inspirationsliste eines Kristoffer Ryggs (ULVER) auftauchen, doch ihre quäkige Vier-Oktaven-Avantgardeshow dürfte auch die Open-Mindedness aufgeschlossener Metalheads in Frage stellen. So weit lassen Kollege Kostudis und der fernöstliche Anhang es aber gar nicht erst kommen – ein halber Song reicht den Freigeistern, um Galás‘ unkonventionelle Klavier- und Stimmkünste als „not our cup of tea“ abzustempeln. Doch was ist das? Die Türen sind zu – und bleiben es auch bis zur letzten Note eines jeden Songs. Während einige Anwesende mental schon ihre Klage wegen Freiheitsentzugs vorformulieren, kann Kollege Klug die künstlerische Absicht hier zumindest in Teilen nachvollziehen. Ohne vorherige Ankündigung handelt es sich dabei im Rahmen eines Festivals dennoch um eine etwas zweifelhafte Taktik – die zumindest auf in den oberen Rängen mit Massenflucht nach dem ersten Stück quittiert wird. „Lächerlich, absolut lächerlich“, murmelt auch Kollege Kostudis und sieht zu, dass er Land gewinnt.
Sein Ziel ist das Extase, oder besser: Der Schlauch. In ebenjenem drängen sich derzeit aber glücklicherweise nicht ganz so viele Besoff…äh…Festivalbesucher, folglich rückt die Reisegruppe schnell nach vorn, wo sie durchaus Brauchbares entdeckt: die Italiener NIBIRU nämlich. Und die ziehen gerade eine recht schräge Nummer ab. Psychedelic Rock der roheren Sorte, samt Tierschädel und Pelzbehang. Kollege Kostudis hofft, das zweiterer unecht ist, traut den Herrschaften auf der Bühne aber auch zu, dass sie im Garten ihre Karnickel selber fangen – mit dem Mund. Der Gitarrenmann zur linken Seite jedenfalls starrt durchaus grenzdebil durch sein Glasauge (oder ein ähnliches Utensil) in die Menge. Irgendwann fängt er auch an zu bluten, warum auch immer. Kollege Kostudis nimmt sich vor, Unternehmungen zu zweit mit diesem Mann zu meiden. Ansonsten ist das schon ziemlich cool, was der Vierer da macht: wuchtiges Riffing, prägnanter Old-School-Vibe, das geht schon. Kollege Kostudis ist zufrieden und schlendert in Richtung Patronaat.
Dort kommt die NEUROSIS-Invasion gerade so richtig ins Rollen. Um zu STEVE VON TILL zu gelangen, muss Kollege Klug mittlerweile doppelt so lange anstehen wie für eine Bratwurst im RheinEnergieStadion. Langsam wird klar: Die Veranstalter haben sich in diesem Jahr ein wenig verkalkuliert. Der Ausbau der Hauptvenue ermöglichte ein größeres Ticketkontingent – dessen Abnehmer sich nun aber auch zunehmend auf die kleineren Locations verteilen. Nach weit über 30 Minuten Beine-in-den-Bauch-stehen (Pressebonus ist nicht), wird schließlich auch dem Herrn mit der wachsenden Ungeduld Einlass gewährt.
Doch das Warten hat sich trotz Motzerei gelohnt: Denn der gut gelaunte Langbart beschert seinen Zuhörern zwischen all dem Krach ein wenig Balsam für die Ohren. Ausgestattet mit Akustikgitarre und überraschend geschmeidiger Brummbär-Stimme sorgt STEVE VON TILL für wahre NICK CAVE-Momente. Dank schwer aufgeheizter Luft und sparsam rationierten (weil fünf Euro teurem) Bieres kommt laue Spätsommer-Stimmung auf – eine andächtige Verschnaufpause für die Anwesenden und den Musiker, der in den kommenden beiden Tagen noch oft auf die Bühne klettern wird.
Kollege Kostudis hingegen pfeift auf Steve und dessen Lagerfeuer-Nummer, da er keinen Bock aufs Anstehen hat. Ohnehin treiben den Kollegen andere Pläne voran. Pläne, welche durch flüchtiges Hören eines Songs vor einigen Wochen im Internet reiften. Er kämpft sich vor in den Green Room, der bis zum Rand gefüllt ist. Scheint, als hätten auch andere Leute vom Geheimtipp Wind bekommen: SINISTRO.
Eine Band, die Kollege Kostudis später als „Entdeckung des Wochenendes“ preisen wird – exzessiver Merchhaul inklusive, versteht sich. Denn die Portugiesen verzaubern den Kollegen von der ersten Minute an mit ihren schweren, nachdenklichen Post-Metal-Epen, mit ihrer Wucht, mit ihren Melodien, mit diesem wunderbaren, teils ein wenig verrückt anmutenden Singsang. Wahnsinn, was die Band um Frontfrau Patricia Andrade hier auf die Bretter zaubern. Kollege Kostudis drängt sich verzückt auf der Empore, lässt sich von den getragenen Klangmassen der Iberer hinwegtragen, ist vollständig ergriffen, gedankenversunken und gelähmt – und schmunzelt nur dann, wenn die Portugiesen beim letzten Song einen BONGRIPPER-Gedächtnispart auspacken. Ganz, ganz stark.
Später am Tag entdeckt Kollege Klug beim Inspizieren der Einkäufe des noch in der Vinyl-Testphase befindlichen Kollegen Kostudis wenig überraschend auch eine SINISTRO-Platte. Positiv verzückt ist er jedoch nicht nur vom plötzliche Wechsel des favorisierten Audiowiedergabemediums, sondern insbesondere von der aufgedruckten Empfehlung des Labels.
„Recommended if you like: Swans, Lana Del Rey, London Grammar.“
Und Lana + schleppender Doom ist gleich Eternal Love für den Kollegen.
Wer lieber schnell statt schleppend spielt, der kann ja auch früher Bier trinken gehen. Zu vermuten ist ernsthaft, dass dies die Gründungsdevise des Grindcore gewesen sein muss. Und zumindest in dieser Hinsicht passen REPULSION perfekt in den von Ex-NAPALM DEATH-Sänger Lee Dorian kurierten Abend. Wurden jene bei ihrem Auftritt 2014 an gleicher Stelle noch überzeugt, ein „doomiges“ und etwas gedrosseltes Set zu spielen, so gilt diese Maßgabe für REPULSION am heutigen Tage kein bisschen. Es wird gegrindet und geholzt, als gäbe es kein Morgen. Da fliegen dem Kollegen Lattemann verbal Körperteile entgegen, es wird geschlachtet und gehackt. Das ist natürlich höchst unterhaltsam und spart keinen Klassiker des einzigen und wahren Werks der Band, „Horrified“, aus. „Repulsion“, „Eaten Alive“, „Decomposed“ – eine Setlist wie ein blutiger Horrorfilm. Zum mächtigen „Bodily Dismemberment“ gibt es dann von Bassist und Sänger Scott Carlson noch eine nette Anekdote: Diesen Song habe man im Schlafzimmer von Chuck Schuldiner (DEATH) geschrieben, als jener unterwegs zur Arbeit war. Auch nicht schlecht. So kommt es dann auch zu einem Phänomen, dass man beim Roadburn nicht allzu häufig sieht: Ein richtiger Mosh-Pit. Jaja. Nicht dieses intellektuelle Rumgestehe, um ja den Vinyl-Jutebeutel nicht zu beschmutzen. Neeeein. Richtiges Metal-Gehabe. Schön, findet der Lattemann.
Erinnerte schon der Auftritt STEVE VON TILLs stark an NEIL YOUNG, so legt sein Bandkollege gleich noch einmal kräftig einen drauf. Mit „Cortez The Killer“zollt SCOTT KELLY dem Großmeister, der massiv Pate seines eigenen Schaffens zu stehen schien, Tribut. Gegen den stimmlichen Tiefgang seines NEUROSIS-Mitstreiters kommt Kelly aber nur bedingt an, weshalb das abschließende TOWNES VAN ZANDT-Cover „Tecumseh Valley“ inklusive Gastauftritt von AMENRA-Fronter Colin H van Eeckhout das einzige wirkliche Highlight darstellt.
Gegenüber steigen derweil die Erwartungen: Lee Dorrian ist am Start! Nach zwei ausgewählten UK-Terminen geben WITH THE DEAD hier und heute ihren weltweiten Festival-Einstand. Und den meistert die heimliche Supergroup mit einer selten gesehenen Mischung aus Spielfreude und Routine. Wer denkt, Traditional Doom entspräche nicht der Roadburn’schen Brachialitätskurve, wird schnell eines Besseren belehrt. Dass das Material des gleichnamigen Debütalbums auch live einiges an Druck aufbaut, sollte angesichts der Beteiligung Tim Bagshaws aber auch nicht weiter verwundern. Als alleiniger Gitarrist der Truppe liefert der ehemalige ELECTRIC WIZARD-Basser zwar klassische Hausmannskost ab, die durch Dorrians – Gott sein Dank – nicht gerade engelsgleiche Stimme aber tatsächlich auf eigenen Beinen stehen kann.
Im Tilburger Extase-Club ist und bleibt das Stehen (auf wessen Beinen auch immer) nach wie vor ein Kunststück. Das müssen wenig später auch Kollege Kostudis und Anhang feststellen. Eigentlich wollten die Kollegen bei den Black-Doom-Eigenbrötlern TERZIJ DE HORDE vorbeischauen, das Unterfangen scheitert dann allerdings an einer mittlerweile heillos überfüllten Location, zu der sich unter legalen Umständen schlichtweg kein Zutritt verschafft werden kann. Klar – die Veranstalter können auch nur mit dem arbeiten, was sie haben. Ob es allerdings Sinn und Zweck eines Festivals ist, dass sich Gäste bereits eine Stunde im Voraus für eine Band durch einen überfüllten Club kämpfen müssen, ist mehr als diskussionswürdig. Schade, wurden die Niederländer doch im Vorfeld als einer der Geheimtipps des Wochenendes gehandelt. Den Vorschusslorbeeren wurden sie vermutlich auch gerecht – nur haben Kostudis & Co. davon halt nichts mitbekommen.
Die Kollegen tragen es mit Fassung – und statten dem koreanischen Schnellrestaurant um die Ecke einen weiteren Besuch ab. Dessen „Yaki Udon“ samt saftiger Shrimps entschädigen dann tatsächlich für den verpassten Gig. Zumal sich Preis und ausgegebene Ration im Vergleich zum Festivalangebot tatsächlich in einem angemessenen Rahmen bewegen.
Derweil positioniert sich Kollege Klug im Patronaat und stellt fest: Während die Antifa hiesige Auftritte von :OF THE WAND AND THE MOON: zu radikalen Nationalentreffen hochstilisiert, zeigen sich Band wie Zuschauer beim Roadburn mehr als handzahm. Warum auch nicht, hat sich Kim Larsen in der Vergangenheit doch deutlich von nachgesagten rechtsradikalen Tendenzen distanziert. Ein Segen also, dass heute einzig und allein die betörenden Klänge des dänischen Rotbarts im Mittelpunkt stehen. Auf die Eigenbegleitung mit Akustikgitarre muss sich Larsen angesichts der vollen Bandbesetzung aber nur in seltenen Fällen verlassen. Ruhigere Songs des „Lucifer“-Albums werden zugunsten ausarrangierter Stücke zurückgestellt, wohingegen weibliche Background-Vocals, Keyboards und E-Gitarre zu einer ätherischen Einheit verschmelzen, die kein Studioalbum der Band je reproduzieren könnte. :OF THE WAND AND THE MOON: – die vielleicht überraschendste Live-Macht des Tages.
Apropos „Live-Macht“: Mit wenig Erwartungen, aber guter Stimmung entern Kollege Kostudis und seine fernöstliche Begleitung das Extase. Jenes ist am fortgeschrittenen Abend überraschenderweise spärlich besucht. Dabei geht auf der Bühne gerade die Post ab. Die Belgier BLIKSEM beten zum Tanz – und etwa 60 Menschen folgen dem Aufruf. Serviert wird eine kernige Mixtur aus Thrash und Psychedelic mit ausgeprägter Old-School-Schlagseite, die ausgesprochen gut nach vorn geht. Das nötigt dann sogar den Kollegen Kostudis dazu, das Bier einmal zur Seite zu stellen und emsig das kaum vorhandene Haupthaar zu schütteln.
Fronterin Peggy Meeussen rüpelt aufgekratzt über die überschaubare große Bühne, ihre Kollegen zeigen ebenfalls vollen Einsatz und haben sichtlich Spaß am Gastspiel in Tilburg. Alles in allem herrscht eine Atmosphäre wie bei einem größeren Familienfest – und zwar genau dann, wenn all die unliebsame Verwandtschaft schon gegangen ist und man endlich mit den sympathischen Cousinen die Schnapsflasche köpfen kann. BLIKSEM jedenfalls sind rotzig, ehrlich und verdammt gut – wie Herr Kostudis findet. Nach dem Gig eilen die Kollegen dann allerdings mit schnellen Schritten zum Cul de Sac. Auch dort soll es nämlich auf die Mütze geben.
Heiß, schwitzig und ziemlich voll – das trifft nicht nur auf die kleineren Roadburn-Locations per se, sondern zugleich auf die niederländische Doom/Sludge-Combo HERDER zu. Klug und Kostudis – der es rechtzeitig geschafft hat – können das aufgrund miserabler Sichtverhältnisse im überfüllten Cul De Sac allerdings nicht verifizieren. Sänger Ché scheint jedoch klare Erwartungen an sein Publikum zu haben: „Did you put on your dancing shoes?“ Und dann wird getanzt. HERDER machen Krach, allerdings derartig groovigen Krach, dass große Teile der Kompositionen sogar bis in die hintere Hälfte des engen, langgezogenen Clubs dringen – was angesichts der beachtlichen Wand aus Menschen an diesem Wochenende nicht jeder Band gelingt. Aggrogrimassen stehen auf der Tagesordnung und im vorderen Viertel werden die Fäuste nicht nur in die Luft gehämmert. Kurz und knapp: HERDER nehmen die Bude auseinander – und selbst die Thekencrew feiert mit.
Brachial, aber durchaus weniger stumpf geht es dann auch im Green Room weiter. Die Musik LYCHGATEs ist nämlich so vielschichtig, dass die Darbietung auf der Bühne eine veritable Herausforderung darstellt, entsprechend selten sind die Auftritte der Band. Vor der Bühne drängen sich dann auch erwartungsgemäß die Massen, als die Band um ESOTERIC-Frontmann Greg Chandler ihren Auftritt beginnt. Nicht zuletzt, weil die Truppe angekündigt hat, eine echte Orgel zum Einsatz zu bringen. Dargeboten wird an diesem Abend das aktuelle Album „An Antidote For The Glass Pill“ am Stück. Das größte Problem des Auftritts kündigt sich jedoch schon im Vorfeld an: Die hektische Betriebsamkeit auf der Bühne deutet auf technische Probleme beim Anschluss der Orgel hin – zwar bekommt man diese anscheinend noch gelöst, allerdings nicht vollumfänglich: Das Tasteninstrument kommt leider kaum zur Geltung, was dem Sound von LYCHGATE deutlich die Wirkung nimmt. Was bleibt, ist technisch anspruchsvoller Progressive Black Metal, dem jedoch der letzte Kick fehlt – höchst bedauerlich…
…also weiter zu den schönen Dingen des Lebens: traditionellem Doom Metal, zum Beispiel. Und wo gibt es den? Ganz sicher bei PENTAGRAM. Die Vorfreude bei Kollege Lattemann ist groß, die Bierlaune auch – die Party kann steigen! Von diesem Auftritt erwartet er freilich Großes, doch PENTAGRAM toppen jede noch so galaktische Erwartungshaltung noch um Längen. Frontmann und Rampensau Bobby Liebling scheint sich vor dem Auftritt allerdings betrunken in einen Second-Hand-Laden verlaufen zu haben. Mit schwarzen Plateau-Schuhen, buntem Hemd und einer lachsfarbenen(!!) Skinny-Jeans bieten PENTAGRAM den bunten, modischen Gegenpol zu den auf dem Festival allgegenwärtigen griesgrämigen Schwarzheimern. Auch die Performance des Sängers steht dessen Outfit in puncto Exzentrik in nichts nach: Es wird gehüpft, gekniet, gepost. Man kann kaum glauben, dass dieses Duracell-Häschen auf der Bühne über 60 Lebensjahre auf dem Buckel hat. Gitarrist Victor Griffin hingegen stellt eher den Ruhepol der Veranstaltung dar und zeigt des Öfteren ein „Bobby lass mich hier meine Arbeit machen“-Gesicht – bevorzugt immer dann, wenn dieser gerade mal wieder seinen Kopf auf die Schultern des Gitarristen legt. So arbeitet man sich von „Death Row“ bis „20 Buck Spin“ durch die über 40-jährige Bandgeschichte dieser legendären Formation.
Krönender Abschluss des knapp einstündigen Sets: Bobby fällt einfach wie vom Blitz getroffen um und wird anschließend von den restlichen Musikern im Stile eines Wischlappens quer über den Bühnenboden gezogen. Und auch das Schlagzeug und die Saiteninstrumente werden zum Abschluss noch amtlich demoliert: Mehr Rock’n’Roll geht einfach nicht.
Aber vielleicht ja noch mehr Kvltigkeit? Für diese sorgen MISÞYRMING, die als Artists in Residence ohnehin die persönlichen Veranstalter-Lieblinge darstellen. Im Gegenzug haben die neuen Polarsterne am isländischen Musikhimmel nicht nur ihre Landsleute von NAÐRA, NYIÞ und GRAFIR eingeladen, sondern präsentieren mit diesen auch noch ein spezielles Ritual-Black-Metal-Kooperationsset. Die Úlfsmessa gab es bisher lediglich ein einziges Mal in der Heimat zu bestaunen – nun wird das Roadburn wieder einmal Schauplatz eines exklusiven Ereignisses. Im Patronaat lassen insgesamt zehn Musiker unfassbares Black/Doom/Drone-Material vom Stapel, das zu später Stunde teils nur noch bedingt verdaut werden kann. Als Teil des Sets wird aus kleinen schwarzen Büchlein zitiert, die nach Einschätzung der Kollegen Klug und Kostudis nicht gerade das Neue Testament enthalten dürften – und tatsächlich wird auch der eine oder andere Weinkelch großzügig durchs Publikum gereicht. Ein intensiver Tagesabschluss mit dem Besten aus Melodie, Progressivität und Surrealismus.
Fotos: Anton Kostudis (AKOS Livemomente) und Alex Klug (2 Rights Make 1 Wrong).
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