Reload Festival
Bericht vom Reload Festival 2011 in Sulingen
Konzertbericht
Festival feiert gelungene Premiere am neuen Standort – Line-Up lässt über organisatorische Kinderkrankheiten hinwegsehen
Sturmfest und erdverwachsen sollen sie sein… die Niedersachsen! Attribute, welche sie nicht müde werden, in ihrer Hymne zu besingen und Attribute, deren Beweis sie kürzlich im beschaulichen Sulingen nicht schuldig blieben. Auf dem Reload-Festival stürmte es gleich in zweierlei Hinsicht.
Zunächst war da der Wettergott, der bis dato in diesem Jahr fast allen Festival-Veranstaltern nicht wohl gesonnen ist – da sollte auch die niedersächsische Provinz keine Ausnahme bilden. Für den zweiten Sturm sorgte derweil das Line-Up, welches im Vergleich zu den Vorjahren doch ganz klar wieder aus einer bestimmten Richtung den Besuchern bisweilen ohne Erbarmen direkt in die Visage blies. Wurde in der Vergangenheit immer wieder versucht, ein möglichst breites Spektrum an Stilen einer möglichst nicht minder breiten Zuschauergruppe zu kredenzen, servierte man nun eher ausschließlich musikalisch harte Kost, welche allerdings eine recht treue wie reisefreudige Zielgruppe ihr Eigen nennen kann. Anstatt alter Woodstockbarden wie TEN YEARS AFTER oder „echter“ Country-Rocker aus Berlin wie THE BOSS HOSS, ließ man es bei der nunmehr sechsten Reload-Auflage lieber rustikal krachen, was vor allem die Freunde gepflegtem Hardcores Purzelbaum schlagen lassen sollte… aber dazu später mehr.
Nicht unerwähnt bleiben muss ein ganz anderer Wechsel im Festival-Programm – der geographische! So hatten die Veranstalter die Idylle der Twistringer Ziegelei verlassen und am Rande des Sulinger Gewerbegebietes Neuland betreten, was sich auf ganzer Linie auszahlte. Die neue Location bot wesentlich bessere Anfahrtswege und ausreichend Platz. Dennoch ist es ein Festival der kurzen Wege – selbst vom entferntesten Zeltplatz dauert es per pedes – abzüglich gelegentlicher Pitstops zwecks Gerstensaft-Aufnahme – nicht länger als maximal 15 Minuten, um vor die Bühne zu gelangen. Zudem sind Sanitäranlagen ausreichend vorhanden und auch die weitere Infrastruktur vor Ort durchaus zufrieden stellend. Gut, einige Kinderkrankheiten wie die unzureichende Ausschilderung zum Festivalgelände gibt es – aber diese sind für eine Premiere sicherlich zu entschuldigen und bei der nächsten Ausgabe sicher auskuriert. Addiert man schlussendlich noch die moderaten Getränkepreise hinzu, sollte von den Grundvoraussetzungen hier einem gelungenen Festival mit lauter zufriedenen Besuchern also nichts mehr im Wege stehen…
Tag Eins beginnt musikalisch mit einer kleinen Überraschung, als PAY NO RESPECT das Festival unplanmäßig bereits eine Stunde früher eröffnen. Die britische Hardcore-Formation ist einfach im Schlepptau von BLOOD FOR BLOOD und TERROR, mit denen sie derzeit auf Tour ist, nach Sulingen gekommen, in der Hoffnung, dort noch kurzfristig ins Line-Up zu rutschen… mit Erfolg! Das kommt sowohl der bis dato einer Hand voll musikhungrigen Besuchern, die sich bereits auf das Gelände verirrt haben, sowohl den Lokalmatadoren von R.Y.O.T. entgegen, da sich letztere vor heimischer Kulisse einem schon mehr oder minder aufgewärmten Publikum präsentieren kann. Es folgen die Münchner Alternative-Metaller EMIL BULLS und die Folkrocker von FIDDLERS GREEN, die zwar genretechnisch für einen ziemlichen Bruch sorgen, vom Publikum aber größtenteils wohlwollend aufgenommen werden.
Das Reload 2011 ist noch keine fünf Stunden alt, da erwartet die holde Besucherschaft, die sich mittlerweile auch schon recht zahlreich vor der Bühne versammelt hat, der erste Höhepunkt des dreitägigen Spektakels: SKINDRED! Ordentlich Reggae geschwängert bieten die britischen Metal-Hip-Hop-Punk-Hybriden das perfekte – fast schon karibisch angehauchte – musikalische Gegengewicht zum typisch norddeutschen Wetterschmuddel. Allein Frontmann Benji Webbe vermag es, 45 kurze, aber intensive Minuten lang, die Sonne über Sulingen aufgehen zu lassen und auch sonst lässt die Set vom Opener „Stand For Something“ über „Trouble“ und „Pressure“ bis hin zum finalen „Warning“ vom neusten Longplayer „Union Black“ nicht im Geringsten etwas zu wünschen übrig. Auch nicht vom Sound, der an allen drei Tagen mehr als solide zu bewerten ist. Nach SKINDRED ist es jedoch vorbei mit musikgewordener Lebensbejahung und Schönwetterfront… dunkle Wolken des Zorns ziehen auf.
Mit TERROR, BLOOD FOR BLOOD und dem Headliner des Abends, HATEBREED, ist endgültig Schluss mit lustig, fortan geht es auf der Bühne eher garstig zu Werke. Die kalifornischen Jungs von TERROR zeigen, dass sie in der „Neuen Schule“ des Hardcores sehr wohl aufgepasst haben und ihre Landsmänner BLOOD FOR BLOOD stehen ihnen im Anschluss mit ihrem „White-Trash-Hardcore-Rock’n’Roll“ in nichts nach – erste Mosh- und Violentpits bilden sich, hier und da die eine oder andere blutige Nase… das Publikum rezipiert sich schon einmal sehr aktiv schön mürbe für HATEBREED.
Als hätten sie es vorausgesehen, lassen Jamey Jasta und seine Mannen mit „Everyone Bleeds Now“ bereits ab dem ersten Ton den Knüppel gewaltig aus dem Sack, als würde man meinen, der Titelname sei Programm. Irgendwie ist er das aber auch – selbst im Fotograben werden schwergewichtige Fausthiebe in Form stampfender Doublebass-Parts verteilt. Dem Metalcore aufgeschlossenen Menschen weiß dies durchaus zu gefallen, einige Fotografen der hiesigen Lokaljournaille jenseits der 50 können einem mit ihrem gleichermaßen verängstigen wie verständnislosen Blick jedoch schon fast leid tun. Pünktlich mit Ende der Geisterstunde ist der „Spuk“ dann auch vorbei – HATEBREED legen ihre rostigen Rasselketten zurück in den Rostige-Rasselketten-Koffer und ziehen von dannen in Richtung Roitzschjora, wo es am nächsten Tag das With-Full-Force zu bespielen gilt. So auch das Publikum, welches sich brav in die Zelte oder einige Nimmersatte zur Aftershow-Party zurückzieht.
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