Rammstein
Rammstein

Konzertbericht

Billing: Rammstein
Konzert vom 2001-05-29 | Festhalle, Frankfurt am Main

Ein Intro erklang, der Vorhang fiel, und die Massen starrten mit offenem Mund regungslos auf die Bühne. Ein überdimensional großer Uterus schwebte langsam aber zielsicher von der Decke Richtung Bühne und spuckte, während Flake bereits seinen Synthesizer bearbeitete, einen Musiker nach dem anderen aus. Derart neugeboren wurden sie dann von ihren persönlichen Nervenärzten zur ihren Instrumenten begleitet, bis schließlich Till mit brennendem Herz zu -surprise surprise- „Mein Herz brennt“ die Bühne betrat. Nachdem ein jeder die gigantische Bühnendeko gemustert hatte, nahm das Unheil dann auch schon seinen Lauf: Überall hüpfende Menschen, die mir für einen kurzen Moment den Glauben gaben, mich auf einem HipHop-Konzert zu befinden, doch viele dieser Träume, im Stile der Yogischen Flieger an die Hallendecke oder gar auf die Bühne zu springen, zerschellten jäh an meinen Stahlkappen – Sorry dafür! Weiter ging es im Takt mit „Links 2 3 4“, der aktuellen Singleauskopplung aus MUTTER, sowie „Feuer Frei!“, bei dem Pyromane Till das erste Mal Gebrauch von seinem Flammenwerfer machen durfte. Als schließlich „Rein Raus“, „Adios“, „Mutter“, „Spieluhr“ und „Zwitter“ durch die Lautsprecher dröhnten, machte ich mir ernsthafte Sorgen, ob das Berliner 6-Pack vielleicht die alten Stücke verlernt hatte – 9 Songs vom neuen Album in Folge waren doch etwas zu happig. Mit „Sehnsucht“, „Asche zu Asche“, bei dem es tatsächlich welche regnete, „Du hast“ und „Engel“ zeigte man dann aber schließlich doch ein Herz für die alten Fans und geizte nicht mit Pyroeffekten, einem Wasserwerfer, zig weiteren Special FX und einer wirklich beeindruckenden Bühnen- und Lichtshow. Der Depeche Mode Klassiker „Stripped“ bereitete dann den Fans erstmals größere Schwierigkeiten, hatten sie in Till doch kein guten Mentor, was die Aussprache der Zeilen „Let me hear you make decisions without your televisions“ anging, aber auch diese kleine Unsicherheit meisterte die Masse bravourös. Als die Protagonisten dann unter tosendem Applaus die Bühne verließen, blickte ich zugleich aber auch in einige traurige Gesichter. „Mensch, die kommen doch noch mal wieder!“ hätte ich diesen kleinen Kulleraugen gerne zugerufen, entschied mich dann aber doch zu einem weiteren Tankstop an der Theke. Von dort aus zählte ich innerlich bis zehn mit, als die zurückgekehrten Mannen um Till mit uns ihr Wissen über die „Sonne“ teilen wollten. Gleißende Scheinwerfer schufen eine angemessene Stimmung. „Ich will“ und „Nebel“ komplettierten schließlich die MUTTER-Tracklist, bevor Flake erneut die soeben hinter sich gelassene Bühne betrat und große Ratlosigkeit unter der Menge auslöste. „Was singt der denn da?“, „Kennst du das?“, „Ist das ein neuer Song?“. Kinder, Kinder, hat denn keiner von euch jemals den „Friedhof der Kuscheltiere“ gesehen oder sich mit dem Soundtrack zum Film berieseln lassen? „Pet Cemetary“ von den Ramones schallte uns da entgegen! Wenn das mal kein Wink mit dem Zaunpfahl war; ich sage nur, immer schön die political correctness wahren und wie ginge das besser als mit einem Cover der Ramones? Allerdings verpuffte nicht nur die Message, die dahinter steckte, auch die Qualität des Songs kam bei weitem nicht an das Original heran. Nach gut 90 Minuten war dann endgültig Schluss, wobei es einige Kritikpunkte gibt: 1. eine Songauswahl, die Fan-unfreundlicher kaum hätte gewählt sein können, 2. ein Sound, der zwar druckvoll bis in alle Gliedmaßen vordrang, aber dadurch die elektronischen Elemente, welche Rammstein eigentlich seit je her auszeichneten, zu sehr in den Hintergrund zwang und 3. der Eintrittspreis von DM 60,- aufwärts. Sicher, solche eine Show bekommt man nur selten geboten, aber solch ein Publikum habe ich bislang auch noch nicht erlebt…

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09.06.2001

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