Prophecy Fest
Prophecy Fest 2015
Konzertbericht
Im Hönnetal im Sauerland gibt es eine gewaltige Karsthöhle, welche bereits in der Altsteinzeit von Menschen genutzt wurde. Hier lernte zahlreichen germanischen Erzählungen zufolge einst der sagenhafte Schmied Wieland von den Zwergen sein Handwerk. Es gibt kaum einen besseren Ort, den sich Prophecy hätten aussuchen können, um ihrem „Prophecy Fest“ den richtigen Rahmen zu geben. Neun Jahre ist es her seit der letzten Prophecy Konzertnacht zum zehnjährigen Jubiläum des eigenwilligen Labels, aber nun scheint man Blut geleckt zu haben – im kommenden Jahr dürfen sich die Fans auf ein weiteres „Prophecy Fest“ freuen, am 30. Juli und wieder in der Balver Höhle.
Wer die deutsche Plattenschmiede kennt, der erwartet alles nur nichts Gewöhnliches von dieser Veranstaltung. Die Künstlerauswahl gehört zum Feinsten und Spannendsten, was das Label zu bieten hat. Die Zusammenstellung und Running Order spielt sich jenseits von Headliner/Support ab und dient laut Prophecy einzig dem Ziel, einen harmonischen Tag voller Höhepunkte zu ermöglichen. Jede Band erhält zudem genügend Zeit um sich zu entfalten. Aber damit nicht genug. In den beiden Nebengängen der Höhle kann man die Musiker bei Signing Sessions treffen oder die Werke von TENHIs Tyko Saarikko in einer kleinen Ausstellung bestaunen, der durchaus ein Händchen dafür zu haben scheint, schöne, düstere Stimmungen auf Leinwand zu bannen. Zudem ist Marcel Dreckmann anwesend, allerdings weder mit HELRUNAR noch mit seinem neuen Projekt WÖLJAGER, von dem er aber eine streng limitierte Preview MCD im Gepäck hat; er liest, und das sieht man auch nicht alle Tage, eine Einführung in die Münsteraner Sagenwelt.
Der Weg zur Balver Höhle ist lang, vor allem wenn man wie die Schreiberin aus der Stuttgarter Gegend kommt und zudem vorhat, mit dem Zug, oder sagen wir bei mindestens viermal Umsteigen besser mit Zügen, dorthin zu kommen. So ist man dann frühestens am Nachmittag dort und verpasst schweren Herzens die ersten drei Bands. Das sind CRONE, das neue Seitenprojekt des SECRETS OF THE MOON-Fronters, die nach ihrer Gründung 2012 hier in der Balver Höhle erstmals ein Konzert geben. Und LIFELOVER, die nach dem Tod von Jonas „B“ Berqvist vor beinahe vier Jahren ihr zehnjähriges Bandjubiläum mit einem Set quer durch die Diskographie der Formation begehen. Schließlich wären da noch AMBER ASYLUM, die auch nicht gerade häufig in Deutschland auftreten. Drei Gründe, um sich zu ärgern und sich für das nächste Jahr eine andere Art der Anreise vorzunehmen.
CAMERATA MEDIOLANENSE
Der Ärger weicht aber recht schnell einer Gänsehaut und großer Begeisterung. Das düstere Neoklassik-Ensemble CAMERATA MEDIOLANENSE aus dem italienischen Milano weiß seine Zuhörer geschickt in seinen Bann zu ziehen. Mittelpunkt ist auf der Bühne der Sänger und Percussionist Trevor mit seiner unverwechselbaren tiefen Stimme, aber was die Stücke angeht dreht sich alles um die ausgebildete Komponistin Elena Previdi, die hier meist hinter dem Keyboard in Erscheinung tritt und auch Gesang beisteuert. Daneben stehen Musiker aus der Post-Punk-Ecke wie Manuel Aroldi und klassisch ausgebildete Sängerinnen auf der Bühne, die man sich auch problemlos in einer Oper vorstellen kann. Einen stimmgewaltigen Rahmen gibt dem Auftritt ein Frauenchor, dessen Sängerinnen in mittleren Jahren sicher nicht alle Tage vor einem solchen Publikum wie hier stehen.
Mal leise und fast träumerisch, mal wuchtig und energiegeladen klingen die besonderen Kompositionen der Italiener bei hervorragendem Sound in der Balver Höhle. Dann wieder schrauben sich die Stimmen der Sängerinnen in schwindelnde Höhen und alle Instrumente auf der Bühne vereinigen sich zu einem wunderbaren Ganzen und erzeugen eben jene Gänsehaut, die weiter oben schon erwähnt wurde. Das Set besteht nahezu komplett aus ihrem aktuellen und inzwischen nicht mehr ganz so neuen Langspieler „Vertute, Honor, Bellezza“, 2013 über Prophecy neu erschienen, wie alle anderen Alben der Truppe auch. Nur sehr ungern lässt das mehr als begeisterte Publikum CAMERATA MEDIOLANENSE von der Bühne, und besonders der Chor wird frenetisch bejubelt. Die „Zugabe“-Rufe zeigen Wirkung, und nach einer reinen Percussion-Einlage kommt mit „L’Homme Armé“ dann doch noch ein älteres Stück zu Gehör. Grandios!
Galerie mit 25 Bildern: Camerata Mediolanese - Prophecy Fest 2015Setlist
Voi Ch’Ascoltate
Dolce Ire
Canzone All’Italia
99 Altri Perfecti
Solo Et Pensoso
Vago Augelletto
Vergine Bella
Oh Mia Stella
Canzone Alle Vergine
Quest‘ Anima Gentil
—–
L’Homme Armé
Embryo Ventosa
DARKHER
Lange muss man nicht nach dem Bühnenmittelpunkt der nächsten Formation suchen. Mit ihrem wallenden, roten Haar ist Jayn H. Wissenberg nicht nur Blickfang von DARKHER bereits während der Umbaupause, sondern auch Gesicht und Kopf der Band aus West Yorkshire. Der zweite Gitarrist, der sein Instrument auch gerne mal mit einem Bogen bearbeitet, und der Drummer wirken ein wenig wie Gehilfen und bekommen daher während der Show auch eher spärlich Licht ab. Die Scheinwerfer ruhen meist auf ihr, streifen sie, tauchen sie in düsteres Blau oder Violett. Mit der Musik von DARKHER ist es ähnlich, wie ein roter Faden durchzieht ihre Stimme die Stücke, mal flüsternd, mal schmerzvoll, mal glasklar. Auch hier wieder große Gänsehautgefahr.
Letztes Jahr veröffentlichten Prophecy mit „The Kingdom Field“ eine EP von DARKHER, von der an diesem Abend die drei Songs „Ghost Tears“, „Forgone“ und am Ende des Sets „Hung“ zu Gehör kommen. Man darf gespannt sein, wie das erste Album des Trios klingt, das noch in diesem Jahr erscheinen soll. An diesem Konzertabend, übrigens dem ersten von DARKHER in Deutschland, entführen die Briten ihre Zuhörer in der Balver Höhle in eine ruhige, verträumte Welt, man vergisst plötzlich alles um sich herum, wandert durch einsame, karge Hügel und sieht das Meer am Horizont – immer begleitet von Jayns Stimme.
Setlist
Spirit Waker
This Hollow Veil
Ghost Tears
Forgone
Lament
Warz
Moths
Hung
EMPYRIUM
Die nun folgende Formation bedarf eigentlich keiner näheren Vorstellung. Vor über zwanzig Jahren gegründet, vor dreizehn Jahren aufgelöst und zur großen Freude ihrer zahlreichen Anhänger vor fünf Jahren wieder ins musikalische Leben gerufen, sind EMPYRIUM wie keine andere Band mit dem Label Prophecy Productions verwoben. War doch „A Wintersunset…“ von 1996 nicht nur deren Debütalbum, sondern auch Prophecys erste Veröffentlichung überhaupt. Eigentlich unumgänglich, dass sie an diesem Abend in der Balver Höhle auch spielen. Dabei erhalten Schwadorf und Helm wieder einmal Unterstützung durch DORNENREICHs Eviga an der Gitarre und Allen B. Konstanz (THE VISION BLEAK) an den Drums. Bereits in der Umbaupause sind diverse Begeisterungsbekundungen anwesender Fans zu vernehmen, was sich zu einem frenetischen Jubel steigert, als die Band ihre Plätze auf der Bühne einnimmt.
„The Days Before The Fall“ von EMPYRIUMs aktuellem, 2014 erschienenen „The Turn Of The Tides“-Langspieler läutet ein wunderbares Set ein, das sich quer durch die Bandgeschichte schlängelt. Von jedem Album ist ein Stück dabei, vom neuesten ein paar mehr. Besonders das frühe „Franconian Woods…“ vermag einem wirklich Schauer über den Rücken zu jagen. Zwischen all den bestens bekannten Liedern kommt mit „The Mill“ etwas Brandneues zu Gehör und gibt einen spannenden Vorgeschmack auf das kommende Werk; dazu erscheint am Tag des Prophecy Fests auch eine limitierte EP.
Immer wieder wabert Nebel über die stimmungsvoll erleuchtete Bühne. Schwadorf übernimmt die Kommunikation mit dem Publikum, immer auf Englisch, was angesichts der teilweise sehr weit gereisten Anwesenden auch das einzig Richtige ist. Thomas Helm wechselt zwischen seinem Sitzplatz hinter den Keyboards und seiner Position hinter dem Mikro mitten auf der Bühne. Hie und da begeisterte Rufe aus dem Publikum, das die Stücke genauso intensiv lebt und erlebt wie die Band selbst. Dass „Der Weiher“ nicht das Ende des Sets sein könnte, deutet Schwadorf schon früh an, der an diesem Tag übrigens auch noch seinen Geburtstag feiern durfte. Und so gibt es mit „Many Moons Ago“ und „Das Blau-Kristallne Kämmerlein“ noch zwei wunderbare Stücke als Zugabe, bevor EMPYRIUM die Bühne endgültig räumen.
Ein guter Sound, die großartige Umgebung und die besondere Leidenschaft, mit der die Formation ihre Songs zelebriert, führt wieder einmal zu einem unvergesslichen Konzerterlebnis.
Setlist
The Days Before The Fall
Franconian Woods In Winter’s Silence
Heimwärts
Mourners
With The Current Into Grey
Lover’s Grief
The Mill
Dead Winter Ways
Der Weiher
—–
Many Moons Ago
Das Blau-Kristallne Kämmerlein
TENHI
Die Umbaupause bringt einige Veränderungen auf der Bühne in der Balver Höhle: Es findet nicht nur ein Flügel Platz auf dieser, sondern auch zahlreiche Stühle und noch mehr Instrumente – aber man hätte auch nichts anderes von einem anstehenden TENHI-Gig erwartet. Zudem werden erneut DORNENREICHs Eviga und nun auch Ínve gesichtet, was natürlich noch neugieriger macht auf die Dinge, die nun folgen mögen.
Schließlich sitzen alle sieben Musiker startbereit auf ihren Plätzen, aber die Soundanlage macht Probleme – besonders die Monitorboxen vorne wollen nicht so wie der Tontechniker es gerne hätte. Dreimal nehmen TENHI Anlauf und starten mit den ersten Klängen von „Seitsensarvi“, dreimal müssen sie abbrechen. Ein klein wenig Frust ist der Band deutlich anzusehen, aber schließlich beschließen sie, ohne einen Teil der schnöden Technik zu spielen, und es tut ihrem Gig in keinster Weise einen Abbruch. Die Finnen führen ihre begeisterten Zuhörer durch ein Set melancholischer, träumerischer, trauriger, euphorischer Stücke quer durch fast alle ihre Veröffentlichungen, und man ertappt sich dabei, dass man völlig versunken mit einem zufriedenen Grinsen im Gesicht zuhört.
Unnötig zu erwähnen, dass das Publikum nach dem letzten regulären Song „Kuolleesi Jokeen“ mehr will. Und TENHI lassen sich bitten und kommen für „Rannalte Haettu“ nochmal auf die Bühne. Und bringen DORNENREICHs Ínve mit. Dann passiert etwas Unvergessliches. Eines nach dem anderen verlassen die Mitglieder der Neofolk-Formation ihre Plätze, bis nur noch Eviga und Ínve da sind.
Völlig unverhofft spielen DORNENREICH ein zwar nur minimales, aber dennoch gewohnt großartiges Set aus zwei akustischen Stücken auf dem Prophecy Fest. „Erst Deine Träne Löscht Den Brand“ und das furiose „Jagd“ hauen alle Anwesenden vollends aus den Latschen. Und die Schreiberin muss zugeben, dass sie mit großer Freude noch viel mehr von DORNENREICH gehört hätte.
Galerie mit 25 Bildern: Tenhi - Prophecy Fest 2015Setlist
Seitsensarvi
Luopumisen Laulu
Pojan Kiiski
Kausienranta
Savoie
Etäisuuksien Taa
Kielo
Uuvu Oravan Luu
Tuulenkato
Jäljen
Kuolleesi Jokeen
—–
Rannalte Haettu
VEMOD
Draußen ist es inzwischen Nacht geworden und die Kälte kriecht langsam in die Balver Höhle. Die Reihen haben sich bereits etwas gelichtet, als die norwegischen VEMOD ihre Umbauten vornehmen. Die Bühne ist fast das ganze Set über in kaltes, blaues Licht getaucht und vor den drei Musikern glimmen schwer duftende Räucherstäbchen. Wer bis hierhin durchgehalten hat wird mit einer ganz besonderen Atmosphäre und düsteren, harschen, teils temporeichen Songs belohnt, die durchaus zu gefallen wissen. Abgerundet wird der Auftritt durch charismatische Musiker, besondere Instrumentierung und Videoprojektionen im Hintergrund – beispielsweise schwebt man zwischen Sternen und Galaxien im Dunkel umher. Die Formation spielt zum ersten Mal in Deutschland und außer ihrem Debüt „Venter På Stormene“ (2012) ist von ihnen leider noch kein neues Material zu haben. Bleibt also zu hoffen, VEMOD in Zukunft öfter zu sehen und zu hören.
Galerie mit 20 Bildern: Vemod - Prophecy Fest 2015Damit nimmt das Prophecy Fest 2015 sein Ende und es bleibt nur zu sagen, dass dem Label hier ein wirklich in jeder Hinsicht ganz außergewöhnlicher Tag mit lauter großartigen Bands und einer unvergleichlichen Atmosphäre gelungen ist. Die Schreiberin hat sich den Termin im nächsten Jahr natürlich schon ganz dick im Kalender angestrichen.
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