Progression Tour 2012
Live in Köln
Konzertbericht
NEAERA
Galerie mit 32 Bildern: Neaera - Progression Tour 2012 - KölnWer sich bei SUFFOKATE nicht warm gemacht hat, hat jegliche Chance vertan. Bei NEAERA gibt es nämlich weder Zeit zum warm werden, noch Zeit zum nachdenken und erst recht gibt es keine Gnade. NEAERA preschen im Schweinsgalopp auf die Bühne, Benny Hilleke greift zum Mikro und begrüßt die Live Music Hall mit einer Wall Of Death. Da hat niemand auch nur die Chance, darüber nachzudenken, ob er daran teilhaben will, die Halle in Schutt und Asche zu legen, oder nicht. Ebenso wird die Bühne scheinbar unverzüglich in seine Einzelteile zerlegt.
NEAERA sind wie auf Knopfdruck in die Luft gegangen, bangen, rasen von einer Seite zur anderen, brüllen die Texte mit und schonen sich keine Sekunde. Allen voran Benny. Er geht gleich mehrmals Stagediven und scheint das Bad in der Menge regelrecht zu genießen. Er brüllt sich förmlich um Kopf und Kragen, wobei er seine markante und unverkennbare Stimme bestens präsentiert. Sei es bei den hellen, markerschütternden Vocals, oder bei den dunklen Growls, die besonders gut gefallen.
Wenn man die Gelegenheit hat und nicht irgendwo im Mosh Pit zu Hack verarbeitet wird, kommt man aus dem Staunen wahrlich nicht mehr heraus. NEAERA sind eine derartige Live-Macht, dass einem hören und sehen vergeht. Die anderen Bands werden es nicht sehr leicht haben, die übrig gebliebene Energie der Fans zu mobilisieren und ein ähnliches Bild zu erzeugen. „Ich möchte den größten Circle Pit, den es für eine Vorband geben kann!“ fordert Benny bei „I Loathe“, um gleich darauf anzumerken, dass die Securitys viel zu wenig zu tun haben. Mit einer gewissen Vorahnung entledigen sich die Jungs ihrer Jacken, als bei „Walls Instead Of Bridges“ zum Crowdsurfen aufgerufen wird. Was dann folgt ist eine regelrechte Flut, die im Graben aufgefangen wird. Innerhalb eines Songs finden Horden von Fans den Weg in den Graben.
Gelegenheit zum Verschnaufen gibt es nicht. Sobald sich das Publikum auch nur ein klein wenig zurücknimmt, harkt Benny nach: „Was ist los? Seit ihr schon müde?!?“ Ganz nebenbei wird noch erwähnt, dass NEAERA zum einen Aushilfsgitarrist Tristan auf der Progression Tour an Bord ist und quasi als i-Tüpfelchen lassen die fünf Münsteraner verlauten, dass sie sich bald wieder auf dem Weg ins Studio begeben. Was will ein NEAERA Fan mehr?!? Unschlagbare Show und ein neues Album in Sicht. Wenn es UNEARTH da mal nicht schwer haben werden.
UNEARTH
Galerie mit 34 Bildern: Unearth - Progression Tour 2012 - KölnMit „Watch It Burn“ schlagen UNEARTH auf der Bühne ein. Sie versuchen mit voller Energie den Anschluss an NEAERA zu bekommen, was allerdings nicht sonderlich leicht ist. Zwar ist der Jubel in keiner Weise zu verachten, aber die körperliche Dynamik wurde zunächst ein ganzes Stück heruntergeschraubt. Die Ansagen und die Gestik von Fronter Trevor Phipps sind eindeutig. Geduldet wird auch hier keine Auszeit.
Die Kapelle aus Massachusetts kommt doch um einiges melodiöser daher als NEAERA. Auf abwechslungsreiche Gitarrenriffs wird viel Wert gelegt, auch wenn der Sound nicht zu hundert Prozent hinter der Truppe steht. Allerdings fehlt, trotz der ganzen Energie auf der Bühne, irgendetwas. Der Funke springt zwar über, schafft es aber nicht, den gewünschten Flächenbrand zu erzeugen. Dabei sind UNEARTH durchaus für ihre enormen Live-Qualitäten und ihrer Brachialität bekannt. Vielleicht liegt es insgesamt auch einfach daran, dass NEAERA einfach alles weggefetzt haben, den Maßstab unfassbar hoch gesetzt und die Fans vollkommen fertig gemacht haben. Diese wollen schließlich für den Headliner HEAVEN SHALL BURN noch etwas Energie aufwenden können.
Der Mosh Pit ist wesentlich kleiner geworden, die Crowdsurfer sind äußerst stark zurück gegangen, Licht und Sound sind mies. Also insgesamt leider keine sonderlich guten Aussichten für einen wirklich gelungenen Gig. Gegen Ende lockert sich die Atmosphäre doch noch etwas mehr. „My Will Be Done“ landet einen ziemlich guten Treffer und es gibt nochmal eine ordentliche Wall Of Death. Deren Ausläufer im Mosh Pit halten sich ziemlich hartnäckig aufrecht.
Insgesamt ist man UNEARTH Konzerten sonst meist mehr mitgerissen und begeistert. Vielleicht hätte das Ganze etwas besser funktioniert, wenn NEAERA und UNEARTH ihre Positionen in der Running Order getauscht hätten.
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