Porcupine Tree
Porcupine Tree

Konzertbericht

Billing: Porcupine Tree und Pure Reason Revolution
Konzert vom 2007-07-05 | Columbiaclub, Berlin

Schon “Deadwing“ sorgte bei einigen PORCUPINE-TREE-Anhängern für Stirnrunzeln. Tiefe Falten gar hinterließ das aktuelle Album “Fear Of A Blank Planet“. Beim Konzert versammelten sich dann aber wieder alle einträchtig – jedenfalls war es ausverkauft. Vor der Standortbestimmung betraten PURE REASON REVOLUTION die Bühne, deren “The Dark Third“ ein nettes Prog-Rock-Werk mit einer Prise Elektro ist. Live konnte dem nichts hinzugefügt werden, eher im Gegenteil: Sound und Darbietung waren verwaschener, in Sachen Ausstrahlung gab das Quartett nicht besonders viel her, gegen Ende wurde – etwas unpassend – ein Party-Stampfer eingestreut. Besucher, die die Band bereits im Vorprogramm von BLACKFIELD gesehen hatten, waren sich allerdings einig, dass PURE REASON REVOLUTION diesmal einen besseren Eindruck hinterließen. Man scheint sich also immerhin zu steigern.

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Zurück zu den beschriebenen Falten. Klar, wirklich schlecht ist die aktuelle PORCUPINE-TREE-Veröffentlichung nicht, aber nach dem überragenden “In Absentia“ zumindest bereits das zweite Album, das einige Fans eher enttäuscht. Nun ist es in Wirklichkeit nicht so, dass Mastermind Steven Wilson harte Riffs gerade erst für sich entdeckt hat und auch seine Stimmbänder sowie Songwriting-Fähigkeiten haben nicht auf einmal sämtliche Qualität eingebüßt. Trotzdem kann man Nörgler verstehen, zieht man ältere Stücke zum Vergleich heran. Die eine oder andere Übermelodie scheint inzwischen eher ins BLACKFIELD-Projekt gebuttert zu werden, die Produktion klang schon mal weniger dumpf, große Gänsehautmomente finden sich kaum noch und die warmen, psychedelischen Klangeffekte sind auch verschwunden. Unterm Strich offenbaren die neuen Stücke weniger Magie, weniger Dauerrotationspotenzial. Was das mit Konzert zu tun hat? Erst mal ein Blick auf die gespielten Songs…

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Liste gelesen? Die Reihenfolge wirkte recht willkürlich, eine Dramaturgie war nicht erkennbar, aber PORCUPINE-TREE-Hardcore-Fans, die prinzipiell alles lieben, was diese Band veröffentlicht, haben sich vielleicht zumindest über dieses etwas unkonventionelle Programm gefreut. ’Drown With Me’ gab es schließlich nur auf der Bonus-CD von “In Absentia“ und „to keep it interesting“ ist für Musiker wie Fans durchaus wichtig. Wenn man sich allerdings aus den Stücken, die nicht gespielt wurden, eine viel aufregendere Set-Liste basteln kann, dann ist da was nicht ganz richtig gelaufen. Für den Verfasser dieser Zeilen war diese Live-Darbietung eine Premiere und er hätte sich schon gefreut, von “In Absentia“ mehr als ein einziges reguläres Lied zu hören. Vermisst wurden außerdem: ’Arriving Somewhere But Not Here’, ’The Joke’s On You’, ’Hate Song’, ’Tinto Brass’, ’Stop Swimming’, ’Voyage 34’, ’Radioactive Toy’, ’Russia On Ice’ und viele mehr. Dafür wurde das neue Album komplett vorgetragen. ’Anesthetize’, das Überlängestück mit dem coolen Refrain („…only MTV and cod philosophy…“), war dabei erwartungsgemäß ein Highlight. Untermalt wurde es von Video-Schnipseln, die im Hintergrund liefen. Dass die Leinwand während des gesamten Konzertes nur ab und zu bestrahlt wurde (junge Frau auf Gleisen, alte Frau in der U-Bahn…), störte die Stimmung ein bisschen, schließlich wurde keine besonders große Licht-Show aufgefahren und Wilson (barfuß auf Teppich) ist auch kein geborener Entertainer. Sang er beispielsweise von „guns“, hielt er sich zwei Finger an den Kopf und rang sich ansonsten gelegentlich ein paar weitere mehr oder weniger erzwungen wirkende Posen ab. Und dann waren da noch die weiblichen Fans aus Italien, die während der ersten Songs ein Schild schwenkten. Wilson hatte irgendwann genug; sie könnten ihr Schild einpacken, PORCPUNINE TREE kämen im November nach Rom – Humor vermutlich, bedenkt man, dass er nicht mal wusste, ob er mit “Fear Of A Blank Planet“ schon mal in Berlin war.

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Technisch war auf diesem Konzert alles in bester Ordnung. Es war nicht zu laut, die Band spielte sehr routiniert. Womit wir beim nächsten Kritikpunkt wären, denn spontan wirkte so ziemlich nichts. Es gab zwar einige nette Einlagen mit den Effektgeräten, aber… Mh, es ist vielleicht die Summe vieler Kleinigkeiten, die im Endeffekt dafür sorgte, dass ich dieses Konzert unterm Strich als eher enttäuschend empfand, weil es mich emotional ziemlich kalt gelassen hat. Es machte keinen richtigen Spaß, in dieser Enge mehrere Stunden nahezu auf der Stelle zu stehen. Man könnte sich für PORCUPINE TREE schon auch eine angenehmere Location vorstellen. Das Fazit vom letzten Bericht auf Metal.de zum Thema trifft es ziemlich gut: „…und irgendwie wurde uns beim Aufleuchten des Saallichtes bewusst, dass uns die ganze Sache emotional etwas kalt gelassen hatte. Das kann an uns liegen, aber vielleicht auch ein wenig an der übermäßigen Abgeklärtheit von PORCUPINE TREE. Für den Großteil der Besucher schien es aber ein sehr befriedigendes Konzerterlebnis gewesen zu sein…“ Ja, auch diesmal klatschten viele Zuschauer begeistert, die ansonsten nahezu einheitlich eine ausdruckslos starrende Masse bildeten, wenn nicht gerade “Mitsingnummern“ (’Open Car’, ’Halo’) an der Reihe waren. Die Eintrittspreise waren übrigens für heutige Verhältnisse mit ca. 25 EUR normal, für Shirts wurden jedoch ebenfalls 25 EUR fällig. Die von PURE REASON REVOLUTION waren dann natürlich nicht wesentlich preiswerter (20 EUR). Bleibt noch zu schreiben, dass mir NEAL MORSE (emotionaler) und ISIS (noch kälter, perfekter, aber halt auch magischer) auf ihre Art jeweils besser gefallen haben. Wozu gehe ich denn zu PORCUPINE TREE, wenn ich am Ende nicht mal ansatzweise eine Gänsehaut davontrage?! Jetzt, vier Wochen später, sind schon wieder diverse Tonträger der Band rotiert. Ein Bedürfnis, die Herren noch mal live zu sehen, verspüre ich allerdings wahrscheinlich nicht mehr so bald.

Porcupine Tree

02.08.2007

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