Perturbator & Carpenter Brut
Leather Sacraments Tour 2023
Konzertbericht
Wiesbaden – Schlachthof – 02.11.2023
Recht pünktlich zum Einlass zu kommen war ein Fehler, der sich im Endeffekt gleich doppelt rächen sollte. Zum einen war es nötig, um den bereits ziemlich satt gefüllten Parkplatz des Wiesbadener Schlachthofs gleich einem Adler auf Beutesuche umherzukreisen und zu allem Überfluss sollte sich der undurchsichtig eingezeichnete Bereich im hinteren rechten Eck noch als folgenschwer erweisen. Man kann hier nur die Empfehlung geben frühzeitig da zu sein und penibel auf die wenig eindeutigen Hinweise auf Behindertenparkplätze zu achten. Ein Schelm…
Wer schon einmal etwas vom US-amerikanischen Duo aus New Jersey gehört hat, der wird wissen, dass es gleich zu Beginn „weird“ werden dürfte. Mit ein wenig Verspätung kommen die beiden Hauptprotagonisten theOGM und Eaddy auf die Bühne, einer am Keyboard, der andere nur mit Mikrophon. Unterstützt werden die Jungs von niemand geringerem als Billy Rymer an den Drums, der durch seine frühere Aktivität bei THE DILLINGER ESCAPE PLAN bekannt ist. Einen ähnlich verrückten Stilmix legen letztlich auch HO99O9 an den Tag, die zunächst klingen wie Speed-geschwängerter Rap mit durchschlagskräftiger Schlagzeuguntermalung.
Rap, Punk und Metal
Die Menge nimmt den gleichsam interessanten wie anstrengenden Mix überraschend positiv auf und erwärmt die Tanzmontur für die folgenden Stunden. Zwischendurch sorgen heftige Breaks für den kleinen Metalvibe und die beiden Rapper schaukeln sich als Hauptakteure immer weiter hoch. An diesem Abend sollen HO99O9 auch der einzige Act sein, der, wenngleich mit spärlichen, Ansagen aufwartet, doch tatsächlich funktioniert die wilde Mischung aus Punk, modernen Metaleinlagen und aggressivem Rap auch ohne verbales Zwischenspiel ziemlich gut. Kein Wunder, dass ein Raunen durch die Zuschauer geht, als die Amerikaner ihren letzten Song ankündigen.
Das Highlight des Abends liefert im Folgenden der französische Solokämpfer Franck Hueso, der laut eigener Aussage den Darksynth-Weg am Keyboard gewählt hat, weil er kein besonders guter Musiker sei. Unterstützt wird er wie gehabt von den beiden Instrumentalisten der Band HACRIDE, Adrien Grousset und Florent Marcadet, die den guten Mann an seinem mit Leuchtsymbol besetzten Tasteninstrument flankieren. In tief rotes Licht getaucht, fühlt man sich auch als Zuschauer mit den ersten Tönen in eine andere Welt versetzt, die mit synthetischen Tönen und Lichterglanz von den sorgenfreien 80ern erzählt.
F-Zero durch Wiesbaden
Dass CARPENTER BRUT ihre Einflüsse auch aus entsprechenden Horrorstreifen ziehen, kommt zwar rüber, doch gegenüber den folgenden PERTUBATOR findet hier eine atmosphärisch in jeder Hinsicht positive Party statt. Dass die Vocalparts von Stücken wie „Beware The Beast“ kommen zwar aus der Dose, doch die Arien aus dem Publikum sind ohnehin lauter, sodass dies kaum zu stören vermag. Bei „Disco Zombi Italia“ gilt es dann das eigene Getränk gut festzuhalten, denn der Raum vor der Bühne köchelt langsam zu einer ekstatischen Tanzfläche herauf. Unwillkürlich fühlt sitzt man direkt am Steuer eines Cabrio-Racers auf dem Super Nintendo. Diese Magie können CARPENTER BRUT über ihre komplette Performance aufrechterhalten und kitzeln die letzte Energie der Anwesenden noch durch das Cover von MICHAEL SEMBELLOs „Maniac“ heraus.
Setlist:
01. Straight Outta Hell
02. The Widow Maker
03. Roller Mobster
04. Beware The Beast
05. Day Stalker
06. Night Prowler
07. Disco Zombi Italia
08. Imaginary Fire
09. Color Me Blood
10. Monday Hunt
11. Hairspray Hurricane
12. Leather Terror
13. Turbo Killer
14. 5 118 574
15. Le Perv
16. Maniac
Frühzeitig hat sich eine erstaunte Meute vor der Bühne zusammengefunden, bereits kurz nachdem CARPENTER BRUT das eigene Set beendet hat. Das liegt offensichtlich daran, dass die Bühnenbauer hier alle Hände voll zu tun haben und eine überdimensionale Pentagram-Konstruktion an der vorderen Querstrebe befestigen. Noch bevor Schlagzeug und die Keyboard-Spielwiese von Projektchef James Kent davor platziert werden, warten die Zuschauer geduldig auf die ersten Effekte. Schon beim Intro wird die Gesamtkonstruktion extravagant illuminiert. Ein Albtraum für Epileptiker und Lichtscheue. Mit „Excess“ folgt der typische Opener, der sich melodisch in die Gehörgänge windet und zwischenzeitlich gar für gereckte Fäuste sorgt. Im weiteren Verlauf zeigen sich PERTURBATOR deutlich düsterer als ihr Vorgänger, sowohl was die musikalische Seite, als auch was die Lichtshow betrifft.
Der düstere Schlussakkord
Die Rhythmen, die zum großen Teil aus dem letzten Album „Lustful Sacraments“ stammen sind weitgehend tanzbar, doch auf einem anderen, tranceartigen Niveau. Kent bildet dazu den Gegenspieler und dreht die Windmühle dermaßen hochfrequent, als handele es sich hier um Black Metal aus der Nähmaschine.
Unterm Strich ist es tatsächlich keine einfache Entscheidung, ob es nun richtig ist, dass die atmosphärisch tiefen PERTUBATOR hier den Schlusspunkt setzen oder ob es besser die BRUT-Party hätte sein sollen. Letztere funktioniert an diesem Donnerstagabend wohl ein bisschen besser.
Setlist:
01. Excess
02. She Is Young, She Is Beautiful, She Is Next
03. Neo Tokyo
04. Future Club
05. Death Of The Soul
06. She Moves Like A Knife
07. Diabolus Ex Machin/ Weapons For Children
08. Humans Are Such Easy Prey
09. Messalina, Messalina
10. Venger
11. Tactical Precision Disarray
12. Tainted Empire
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