Party.San Open Air
Der große Festivalbericht 2010
Konzertbericht
Samstag, 14.08.2010
UNDER THAT SPELL (13:00-13:45)
Auf UNDER THAT SPELL, die den letzten Festival-Tag eröffnen, bin ich besonders gespannt, da sie mich mit ihrem Anfang diesen Jahres erschienenen Debüt “Apotheosis” absolut überzeugen konnten. Und eben von dieser Scheibe stammen auch die Songs, die UNDER THAT SPELL in den folgenden 45 Minuten vor leider recht wenig Publikum präsentieren dürfen. Die wenigen Anwesenden können die Niedersachsen mit ihrem atmosphärischen, abwechslungsreichen Black Metal aber sofort von sich überzeugen und in ihren Bann ziehen. Einzig in Sachen Stageacting und Kontakt zum Publikum müssen UNDER THAT SPELL noch ein wenig üben, denn mehr als ein wenig passende Mimik bei Fronter Abyss ist auf der Bühne wirklich nicht los, sodass man sich zwar voll und ganz auf die Musik konzentrieren kann, es rein optisch aber doch relativ schnell langweilig wird. Insgesamt konnten UNDER THAT SPELL mich trotz dieser Schwäche überzeugen, auch wenn ich hoffe, die Band bei nächster Gelegenheit in einem kleinen Club sehen zu können, denn bei Tageslicht kann heute einfach keine richtige Stimmung aufkommen. (Katharina.Beck)
TRIBULATION (14:00-14:45)
Einerseits schade, dass die schwedischen Horror-Metaller TRIBULATION bereits als zweites an diesem Tag die Bühne zu entern hatten. Immerhin hätte ihr düsterer, hyperschneller Death/Thrash sicher im Dunkeln besser gewirkt und auch den einen oder anderen Besucher mehr in seinen Bann gezogen. Allerdings wäre dann wahrscheinlich das unheimlich skurrile Aussehen der vier Musiker kaum aufgefallen – und das wäre ein ziemlicher Verlust.
Zwei mal untoter Keith Richards (oder eher „noch untoter“) an den Gitarren, ein ziemlich unfreundlich dreinschauender Dreadlock-Träger und ein Schlagzeuger, den man hinter seinen siebenundzwanzig Armen gar nicht erkennen kann sägen, kreischen, ballern und posen sich durch die „Altars Of Madness“-Riffschule und belohnen die Frühaufsteher des Festivals mittendrin auch noch mit einer Coverversion von „Unholy Blasphemies“, die zwischen dem Material ihres Debüts „The Horror“ gar nicht weiter auffällt. Widerstandslos beugt sich die Szenerie den skurrilen Figuren und lässt sie, trotz etwas matschigem Sound, als Sieger über die Umstände des Festivals dastehen. (Timm)
GHOST BRIGADE (15:00-15:45)
Eine angenehme Abwechslung zum übrigen, deftigeren Billing des diesjährigen PartySan Festivals bieten die Finnen von GHOST BRIGADE, deren Markenzeichen düstere, ruhige, progressive Klänge im Wechselspiel mit groovigen, mitreißenden Passagen, gepaart mit viel cleanem, aber auch mal aggressiverem Gesang sind. Ihr aktuelles Album “Isolation Songs”, auf dem auch der Schwerpunkt des heutigen Sets liegt, schlug ein wie eine Bombe, so ist es auch wenig wunderlich, dass sich zahlreiche Zuschauer vor der Bühne eingefunden haben, obwohl ich die Geister-Brigade dem Geschmack des durchschnittlichen PartySan-Besuchers wohl nicht zugeordnet hätte. Umso erstaunlicher, dass viele der Anwesenden sogar so einige Kompositionen der Finnen mitsingen können und deren Show so richtig genießen, sich von den atmosphärischen Stücken umfangen und in ihren Bann ziehen lassen. Die Band selbst wirkt auf der Bühne sehr introvertiert, geht wenig auf die Zuschauer ein, sondern zieht sich beim Spielen eher in ihre eigene Welt zurück, was man bei den meisten Bands wohl kritisieren würde, in diesem Fall allerdings verleiht es der Show nur weiteren Charme. In der Tat hätte es nicht einmal wirklich gepasst, wäre die Band auf der Bühne zu sehr aus sich heraus gegangen. Schade zwar, dass GHOST BRIGADE schon so früh auf die Bretter mussten, eine solche Band passt einfach besser in die Dämmerung oder gar Dunkelheit, doch die Finnen haben es trotzdem geschafft, die richtige Atmosphäre für ihre Stücke zu kreieren und auch spieltechnisch gibt es nichts auszusetzen, insgesamt also ein sehr gelungener Auftritt. (Katharina.Beck)
DESASTER (16:00-16:45)
Nicht ganz so sehr begeistert haben mich im Anschluss die deutschen Thrasher von DESASTER. Zwar liefern sie wie eh und je eine routinierte und solide Show ab, die von einer großen Zahl Zuschauern auch ganz gut abgefeiert wird, und sie sorgen sogar für ein gutes Maß an Unterhaltung, indem sie das Publikum dazu bringen, gemeinsam mit der Band Drummer Stefan „Tormentor“ Hüskens zwischendurch ein Geburtstagsständchen mitsamt Wunderkerze und Geburtstags-Muffin zu bringen, doch ich persönlich habe DESASTER live-technisch einfach schon in wesentlich besserer Form gesehen. Spieltechnisch gibt es zwar wenig auszusetzen und zumindest Gitarrist Markus „Infernal“ Kuschke geht auch ordentlich auf der Bühne ab, insgesamt fehlt bei dieser Show aber einfach der Druck und die Energie, die DESASTER sonst geradezu versprühen. Zudem ist die Songauswahl der Koblenzer etwas unglücklich, denn Stücke wie “Porter Of Hellgate” oder “A Touch Of Medieval Darkness” sind zwar keineswegs schlecht, aber einfach wesentlich unbekannter als Klassiker der Marke “Metalized Blood” und reißen demnach immer wieder kleine Löcher in die sonst ganz gute Stimmung. Schade, aber auch Bands wie DESASTER haben wohl ab und an einfach einen schlechten Tag. (Katharina.Beck)
MANEGARM (18:00-18:45)
Als nächstes sind die schwedischen Viking Metaller von MANEGARM am Zuge und das Wetter könnte nicht besser sein, die Sonne geht langsam unter, es ist noch angenehm warm und der Schlamm ist inzwischen zumindest angetrocknet, was der Gesamtstimmung ungemein zuträglich ist. Vor der Bühne ist es ziemlich gut gefüllt, die Zuschauer haben spürbar Bock auf die Band und lassen sich sofort von den Schweden mitreißen, als die ihr erstes Stück “Mina Fäders Hall” anstimmen. Unzählige Köpfe kreisen, Fäuste und Pommesgabeln werden in großer Zahl gen Bühne gereckt, die Band genießt diese Aufmerksamkeit sichtlich und hat ebenso viel Spaß an diesem Auftritt wie das Publikum, das jede einzelne der eingängigen Viking-Hymnen nach allen Regeln der Kunst abgefeiert. Routiniert und professionell zocken sich MANEGARM durch die folgenden 45 Minuten, präsentieren Songs aus allen Phasen ihrer Diskografie, animieren das bereits feierwütige und gut gelaunte Publikum immer weiter, bis die Stimmung regelrecht kocht und als die Band das Ende ihres Auftrittes ankündigt, mag man gar nicht recht glauben, dass die Spielzeit schon vorüber sein soll. Wie immer eine unterhaltsame und einfach richtig gute Show der Schweden. (Katharina.Beck)
NECROPHAGIST (19:00-19:45)
NECROPHAGIST….mmh, sind schon nett, aber da kann man auch die CD hören. Bei aller technischen Finesse, man merkt schnell, wie dankbar viele Leute für die wenigen eingängigen Parts waren, sofort wippte der Kopf der Masse, leider dauert das Ganze meist nur wenige Takte, ehe es sich wieder im Wirrwarr der Stücke verliert. Technisch ist das brillant, guter Sound, zudem größtenteils auch wirklich coole Songs, aber halt auch wahnsinnig statisch und unpersönlich. Klar, die Songs sind sehr komplex – geschenkt, aber all das darf nicht zulasten der Show gehen. Ein Schritt vor, einer zurück, bisschen Glatzenbanging, ansonsten viel Instrumentengewichse, kaum Ansagen, darüber hinaus eine sehr kurze Spielzeit. „Stabwound“ sticht heraus – cooler Song. Nach einer knappen halben Stunde dann: „Tschüss Party.San, bis zum nächsten Mal!“ und fünf Sekunden später ist die Bühne leer – so nicht! (Haslauer)
AURA NOIR (20:00-20:45)
AURA NOIR zählen auf jeden Fall zu meinen persönlichen Highlights des Festivals und sind einer der Gründe, die mich überhaupt auf das diesjährige PartySan Festival locken konnten. Damit scheine ich nicht allein zu stehen, denn es ist ziemlich voll vor der Bühne, als die norwegischen Black Thrasher ihren ersten Song anstimmen. Und AURA NOIR legen heute eine wirklich fantastische Show hin, die allen Ansprüchen gerecht wird, die man an eine Band dieses Genres auch nur haben kann: Schnell, brutal und präzise schallen die Riffs der Norweger aus den Boxen, dynamisch, charismatisch und strotzend vor Spielfreude zeigen sich die Musiker auf der Bühne, die nicht nur ihre brachialen Kompositionen, bei deren Auswahl sind fast alle bisherigen Alben AURA NOIRs vertreten, auf den Punkt exakt runter zocken, sondern das Publikum durch ihre authentische und zugleich sympathische und fast unterhaltsame Bühnenshow, das Posieren und die lockeren Ansagen zwischen den Songs in keinem Moment vom Haken lassen. Die Zuschauer geben richtig Gas, honorieren die Leistung der Musiker nach allen Regeln der Kunst und feiern die Band ab, dass es eine wahre Freude ist. Sogar Aggressor gibt sich die Ehre, bei diesem Auftritt mit von der Partie zu sein und übernimmt für einen Song die Position am Mikro. Einfach genialer Auftritt, der keine Wünsche offen gelassen hat. (Katharina.Beck)
NAPALM DEATH (21:00-21:45)
Habe zugegebenermaßen keine besonderen Erwarten an die Jungs aus UK, habe sie seit Ewigkeiten nicht mehr live gesehen, aber hey: Was für ein Set! Beste Show des Festivals für mich! „The Kill“, „Mass Appeal Madness“ (Aaaargh!!), „Deceiver“, „You Suffer“, „Siege Of Power“, „Suffer The Children“, „Life and Limb“, „Scum“, „Nazi Punks Fuck Off“ (bis zur Unkenntlichkeit zerballert, trotzdem gut irgendwie) und und und… Die Band hebt sich angenehm wohltuend von fast allen anderen Bands des Festivals ab, kein Metal-Macho-Myth-Kram, kein „next song is called: grrrööömfhfefgöd“, kein Schweineblut, keine Mönchskutten mit Pseudookkultkram, stattdessen eine stark charismatische, sympathische Band, endlich mal richtige Kommunikation mit dem Publikum, kurze, prägnante Ansagen zu Themen wie Folter, Religion, Nazis, etc. Eine Band, die mit sich im Reinen ist und keinem mehr was beweisen will/muss, angereichert mit einem Arsch voll Hammersongs. Ganz groß! (Haslauer)
SUFFOCATION (22:00-22:45)
Auf SUFFOCATION habe ich mich besonders gefreut, habe die Amis leider noch nie live sehen können und Platten wie das „Human Waste“-Debut sind schließlich Klassiker vorm Herrn. Also, ab geht es. Frank Mullen, einer der coolsten, derbsten und stilprägendsten Death Metal-Sänger überhaupt, ist in Bestform, die Band steht ihm in nichts nach und Kracher wie „Infecting The Crypts“ (diese Stimme!!) und „Jesus Wept“ lassen keine Fragen offen. Guter Sound und 45 Minuten extremes Geballer – was will man mehr!? Spitzenset! (Haslauer)
LOCK UP (23:00-23:35)
Dann Shane Embury die Zweite. LOCK UP entern die Bühne und blasen relativ flott jeden Zweifel beiseite, warum ausgerechnet sie bei diesem Billing als Co-Headliner fungierten. Für mich eine der Überraschungsbands des Festivals: satter, differenzierter Sound (unglaubliche Blastbeats), amtliche Songauswahl („Submission“, „After Life In Purgatory“ – sehr gut!) und mit Tompa Lindberg ein extrem sympathischer, charismatischer Frontmann, der permanent die Bühne beackert, souverän die Show schmeißt („Thank you, Ladies and Gentleman“) und nebenbei halt auch immer noch eine der besten Stimmen im Extremmusiksektor besitzt. FETT!
CANNIBAL CORPSE (00:00-01:00)
CANNIBAL CORPSE beschließen dann die ganze Angelegenheit. Etliche Leute verließen bereits das Gelände, doch der harte Kern der 6500 will sich den Top-Headliner nicht entgehen lassen, auch wenn es für die meisten Anwesenden sicherlich die x-te CANNIBAL CORPSE-Show ihrer Metal-Laufbahn ist. Mmmmmh, und so war es dann auch ein gewohnt perfektes CC-Konzert. Bombensound und musikalisch perfektes Geballer an Best of-Setlist: „The Wretched Spawn“, „I Cum Blood“ („I wanna see all of you banging your fucking head, try to keep up with me, you will fail, but you can still try!“ – fantastisch!), „Evisceratin Plague“, „I Will Kill You“, „Staring Through The Eyes Of The Dead“ (Yeah!), „Hammer Smashed Face“ (niiiicccceeeee!!!), etc. Die Hits geben sich die Klinke in die Hand, Herr Corpsegrinder schwingt in der Tat unentwegt die Matte und im Pit gehts ab! Routiniert, aber edel! Eine absolut würdige Headliner-Show! (Haslauer)
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