Paradise Lost
Faith Divides Us, Death Unites Us-Tour 2010

Konzertbericht

Billing: Paradise Lost und Samael
Konzert vom 2010-02-22 | Live Music Hall, Köln

PARADISE LOST

Als PARADISE LOST einige Zeit nach 21 Uhr die Bühne betreten, jubeln ihnen etwa 500 bis 600 Hundert Fans zu – das heißt, dass die Live Music Hall zwar halbwegs gefüllt, aber bei weitem nicht ausverkauft ist. Aber gut, es ist ein Montagabend und eine der ersten Taten von Frontmann Nick Holmes ist es dann auch, sich für eben diesen unglücklich gewählten Wochentag zu entschuldigen.
Das Publikum ist – wie bei einem PARADISE LOST-Konzert der Neuzeit üblich – sehr heterogen und vom beinharten Metaller mit Kutte bis zum Mainstream-Hörer ist alles dabei: Es gibt nach wie vor die Alt-Fans, die mit ihren (Death-)Metal-Shirts aus grauer Vorzeit bekunden, dass sie schon 1992 dabei waren und die Engländer auch gerne wieder wie damals hätten, dazu einige Gothic-Damen und -Herren, ein paar Metal-Kiddies, aber auch viele recht “unmetallisch“ gekleidete Menschen, die nicht selten schon im gesetzten Alter sind. Man erblickt sogar einige vornehmlich weibliche Wesen, die eher nach Disco-Besuch als Metal-Konzert aussehen. Doch trotz dieser fast schon skurrilen Zusammensetzung herrscht sowohl bei alten als auch neuen Stücken eine in Anbetracht der spärlich gefüllten Reihen durchweg eine erstaunlich gute Stimmung.

Der Sound bei PARADISE LOST ist wie schon bei SAMAEL direkt vor der Bühne klar und druckvoll, vielleicht sogar ein klein wenig zu basslastig. Die Engländer werden ihrem Ruf, eine oft launische Live-Band zu sein, nicht gerecht: Der in ein Shirt mit der Auschrift “Zero“ und eine Lederjacke gekleidete Nick Nolmes ist halbwegs agil, wippt hier und da mit seinem Kopf zum Takt der Musik – die enthusiastischen Headbanger-Tage sind lange vorbei – und hantiert wahlweise mit dem Mikroständer oder seiner geballten rechten Faust dazu in der Luft herum.

Obwohl oder gerade weil er eine seiner besten Live-Gesangsleistungen seit gefühlt 1997 abliefert, hat der Frontmann der Gothic Metaller auch einen kleinen Seitenhieb auf die ständige Kritik an seiner Performance der letzten Jahre dabei, leitet das schon früh im Set platzierte “As I die“ folgendermaßen ein: “Sing It With A Real Death-Metal-Voice, Because I Can’t Do It Anymore!“ Auch ansonsten gibt es wieder eine gute Portion englischen Humor – etwa bei der Ansage zum uralten, den Alt-Fans fast die Freudentränen in die Augen treibenden “Gothic“-Hit “Eternal“, die sinngemäß lautete: “A Track From Our Second Album Which Was Recorded…Sometime In The 17th Century“. Auch nicht schlecht: “A Track From The “One Second“-Album – genuisly titled “One Second“. Am besten klingt Holmes‘ Stimme bei den aggressiveren neuen Nummern wie “I Remain“ oder “Frailty“, die er heute tatsächlich fast so gut wie auf dem Album darbietet. Aber auch das schon erwähnte “Eternal“ oder die “Draconian Times“-Hyme “Enchantment“ kommen mit etwas besserem Gesang daher als oftmals in den vergangenen Jahren.

Aaron Aedy an der Rhythmusgitarre bangt sich wie immer mit einem Grinsen im Gesicht um Kopf und Kragen, der in der Vergangenheit das ein oder andere Mal schon fast lethargisch wirkende Steve Edmondson am Bass macht einen für seine Verhältnisse lebhaften Eindruck und auch der mittlerweile nicht mehr ganz so neue Drummer Adrian Erlandsson verrichtet gute Arbeit hinter seinem mit dem neuen PARADISE LOST-Logo verzierten Schlagzeug. Lead-Gitarrist Greg Macintosh ist nach seiner Live-Pause wieder voll und ganz dabei, schüttelt ausgiebig die langen, schwarzen Haare und lässt sich auch den Spaß am Saitenspiel anmerken – kurzum: Die fünf Herren auf der Bühne wirken als Gesamtpaket so energisch, wie man sie schon lange Zeit nicht mehr gesehen hat.

Obwohl das Set inklusive der Zugaben 16 Stücke umfasste, wäre sicherlich noch Platz und Luft für ein oder zwei weitere Lieder gewesen – wurde doch neben den beiden unmetallischsten Alben “Host“ und “Believe In Nothing“, dem 2005er “Paradise Lost“ und dem sowieso seit Ewigkeiten von der Band verschmähten Debüt “Lost Paradise“ insbesondere das großartige “Icon“-Album sträflich vernachlässigt. So aber war schon um kurz nach 22:30 Uhr Schluss und man hörte man beim Verlassen der Halle Stimmen, die sich fragten, wo denn bitte die Hits “True Belief“ oder “Embers Fire“ geblieben sind.
Abgesehen von diesem Makel war es aber ein durchaus zufriedenstellender Konzertabend, der zwei Bands zeigte, die nach etlichen von einer gewissen Orientierungs- und Lustlosigkeit gezeichneten Jahren nun wieder dabei sind, zumindest ein Stück weit an ihre alten Glanzzeiten anzuknüpfen. Wäre es ein Samstag mit erhöhtem Bierkonsum, einem besser gefüllten Saal, mindestens einer Nummer von “Icon“ und einem Nick Holmes, der (trotz dieses Mal ordentlicher Leistung) noch ein wenig mehr aus seinen Stimmbändern heraus geholt hätte, gewesen, dann wäre der Tenor dieses Fazits sicherlich noch etwas euphorischer ausgefallen.

Setlist PARADISE LOST:
The Rise Of Denial
Pity The Sadness
Erased
I Remain
As I Die
The Enemy
Eternal
First Light
Enchantment
Frailty
One Second
No Celebration
Requiem
——–
Faith Divides Us, Death Unites Us
The Last Time
Say Just Words

Paradise Lost

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25.02.2010

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