Paganfest
Paganfest 2010: Arkona, Dornenreich, Eluveitie, Finntroll live in Stuttgart
Konzertbericht
Es gibt Tage, da läuft eine Sache nach der anderen schief. Da bin ich schon zu spät dran dank Schneechaos Anfang März, und dann weiß das Mädel am Einlaß des LKA Longhorn nichts von meiner Akkreditierung. Nach einer kleinen Ewigkeit darf ich dann doch noch, und muss nach einigem Drängeln durch die enormen Zuschauermassen vor Ort enttäuscht feststellen, dass ich definitiv ARKONA verpasst habe, und dass DORNENREICH mit ihrem Set so gut wie durch sind. Als ich dann kurz darauf erfahre, dass EQUILIBRIUM wegen bandinterner Differenzen nicht auftreten werden, ist der Abend so ziemlich gelaufen für mich, und ich hoffe auf etwas, das ihn retten könnte.
Was ich noch von DORNENREICH mitbekomme, ist gewohnt großartig und läßt mich umso schmerzlicher den Rest des Auftritts vermissen. Die drei österreichischen Ausnahmemusiker scheinen bestens gelaunt, und unter den zahlreichen Anwesenden sind auch sehr viele Fans des Trios, denn an Begeisterungsstürmen aus dem Publikum mangelt es nicht. Als ich in den ersten Reihen vor der Bühne ankomme sind wir mitten in „Trauerbrandung“, welches, leidenschaftlich dargeboten, wohl kaum jemanden kalt läßt. Der Sound ist akzeptabel, Evigas Gesang und auch Inves Geige sind gut zu hören – das hat man leider auch schon ganz anders gehabt. Zum Abschluss gibt es noch „Wer hat Angst vor Einsamkeit?“, und dann verabschieden sich die sympathischen Musiker von einer begeisterten Fanschar, die wie ich gerne noch mehr von ihnen gehört und gesehen hätte.
Krasser könnte das Kontrastprogramm an diesem Abend kaum sein, nach den düster-gefühlvollen, fast schwarzmetallischen Klängen von DORNENREICH entern ALESTORM aus Perth in Schottland die Bühne. Das Quartett, das gerne exzessiv das Keyboard einsetzt und sehr zum Mitgrölen einladende Songs über Piraten und deren favorisierte Beschäftigungen – richtig, saufen und andere Schiffe überfallen – schreibt, gibt zu einem kleinen Wechsel des Publikums vor der Bühne Anlass. Kaum läßt sich Sänger/Keyboarder und Chefstimmungskanone Christopher Bowes blicken, brechen allerorten „Alestorm“-Chöre aus. Schon bevor die ersten Töne der Schotten das Longhorn in eine einzige große bierselige Party verwandeln ist die Stimmung ausgesprochen gut, es werden sogar schon Songteile zum besten gegeben und das Gedränge vor der Bühne wird langsam unangenehm, so dass erste schon rausgetragen werden müssen. Ich glaube, ALESTORM mag man, oder eben auch gar nicht. Bei mir ist zugegebenermassen eher Letzteres der Fall, aber man kann dem Quartett sicher nicht absprechen, dass sie das, was sie auf der Bühne bringen, mit Herz und Seele und in bester Spiellaune tun, und hervorragende Unterhaltung bieten.
Unermüdlich wird allerseits über die Bühne getobt, zwischen den Songs plaudert Bowes immer wieder mit dem Publikum; so verkündet er nach gespieltem erstem Stück „We’re ALESTORM from Scotland and we’re here to drink your beer and fuck your mothers.“ In diesem Sinne sind auch die Songtexte der Truppe zu verstehen, die sich selbst nicht allzu ernst nimmt, Hauptsache alle haben ihren Spaß. Dem geneigten und begeistert mitsingenden Publikum werden wohlbekannte neue Stücke wie „Black Sails At Midnight“, „That Famous Ol‘ Spiced“ und natürlich „Keelhauled“ um die Ohren gehauen, das Keyboard quietscht munter und mitunter etwas penetrant aus den Boxen, und bei gutem Sound gibt es auch ältere Titel wie „Weiber und Wein“. 45 Minuten „True Scottish Pirate Metal“ und etliche Crowdsurfer später verabschieden sich die Schotten ohne die geforderte Zugabe und lassen ein völlig verschwitztes und ausgepowertes Longhorn zurück.
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