Orden Ogan
Saloon Showdown im Fort Fun
Konzertbericht
ORDEN OGAN
Kurze Zeit später schlägt die Uhr schließlich zum finalen „Gunmen“-Showdown. Wobei die Show nur zu etwa ¼ aus Songs des letzten Albums besteht, wie sich in den nächsten gut zwei Stunden herausstellen soll. Die Gäste erwartet eine perfekte Melange aus „Ravenhead“, „To The End“ und weiteren Klassikern der ORDEN OGAN-Ära.
Wer noch nicht auf dem allerneusten Stand ist, wundert sich, auf der Bühne bis fünf zählen zu müssen. Da Seeb sich seinen Daumen ruiniert hat, steht dieser jetzt ausschließlich mit Mikrofon auf den Brettern. Niels hat indes vom Bass an die Gitarre gewechselt und Steven Wussow, seines Zeichens XANDRIA-Bassmeister, übernimmt den Tiefsaiter. Die Bühne wirkt ungewohnt gefüllt und ORDEN OGAN plötzlich irgendwie vollzählig. Besonders auf großen Stages (wie z.B. auf Wacken, wofür die Jungs für 2020 jüngst bestätigt wurden), wirkten die vier Köpfe, trotz agilem Lauf- und Interaktionsverhalten, doch immer etwas verloren.
Auch Seeb weist – wie auch schon Andy – nach dem Auftakt durch „F.E.V.E.R.“ darauf hin, dass das Publikum sich ins Zeug legen muss. Klar, wer das Video zu sehen bekommt, das diesen Abend festhalten wird, soll es nicht als Ersatz für eine Schlaftablette verwenden können.
Die Aufforderung war jedoch völlig umsonst. Spätestens mit der Ankündigung, dass gerade ein neues Album in der Mache ist, kocht der Menschenkessel zwischen den hölzernen Balkonen. Scheinbar so stark, dass das Publikum erneut „abstürzt“, so die Reaktion des Sangesmanns auf die Fan-Frau mit der schon bei BRAINSTORM ausdauernden Lunge eines Blauwals.
Diese Energie gehört definitiv genutzt, so der Plan der Band. Und zwar als Chor für das nächste Album. Und so singen 700 Kehlen die vorgegebenen Melodien nach, wobei sich die Zweite als ungleich komplexer entpuppt und auch der 4. und letzte Versuch noch nicht wirklich sitzt. Immerhin, Seeb gibt sich zuversichtlich: „Das wird ein geiles Album!“. Wenn die Entwicklung so weitergeht wie bisher, sind wir das auch.
Während der Instrumentalparts schafft es der Fronter mit wohlwollendem Blick hinter der Saitenfraktion zu stehen. Niels wirkt derweil so, als hätte er hier schon immer den Sechssaiter bedient. Die schnieke Steve Vai Signature mit Schlagring-Optik zeugt davon, dass Gitarrenklampfen im Hause Löffler selbstverständlich schon lange gepflegt und bedient werden und der Umstieg ein Kinderspiel war.
Allerdings wirkt Seeb zwischendurch nun leicht unterfordert und spielt zum Leidwesen Niels‘ mit schelmischem Gesichtsausdruck auf seiner Gitarre mit. Selbst Gehörlose können an Niels Miene körperlich erfahren, wie das klingt.
Und so möchte man beinahe rufen: „Man gebe diesem armen Mann doch sein Instrument zurück!“. Wer hätte gedacht, dass diese Bitte (fast) erhört wird:
Nach „We Are Pirates“ steht plötzlich Andy mit auf der Bühne. Seebs Worte „Wir machen jetzt was“, klingen gefährlich nach „Hold my beer“. Glücklicherweise ist das Resultat weder lebensmüde noch dämlich. Stattdessen übergibt Dirk per „Hold my Drumsticks“-Move die Schlagzepter an den Mikromann und dieser sein Mikro an Andy.
MANOWARs Stampfer „Warriors of the World United“ ist zuverlässiger Stimmungsgarant und einfach genug, dass selbst ein Sänger ohne allzu viel Übung am Schlagzeug bestehen kann.
Der Abend wendet sich zum Leidwesen aller Anwesenden dem Ende zu. Zugaben gehören heute zum guten Ton. Doch wie viele? Die Entscheidung überlässt die Band dem Publikum. Auf die Frage „Wer ist für einen Song?“ antwortet immerhin eine Person, wird jedoch mit Antwort auf die Frage „Wer ist für Zwei?“ Masse- und Pegeltechnisch überstimmt.
Eine Unterbrechung des furiosen Finales erlauben sich jedoch zwei Herren von AFM Records mit einem etwas größer geratenen Bilderrahmen. Diese gratulieren ORDEN OGAN zum Impala Award, einem europäischen Musikpreis, den sie mit dem Verkauf von 60.000 Alben („To the end“ (2012), „Ravenhead“ (2015) und „Gunmen“ (2017) abgeräumt haben.
Einer der glasklaren Gründe schallt zuletzt durch die Hütte: „The Things We Believe In“ wird mit einem Publikum, das mit „cold, dead and gone“-Rufen selbst die Band übertönt, zu Ende gebracht.
Der vorangegangene Befehl „Ihr dürft am Sonntag keine Stimme mehr haben. Diese Stimme wird hier, heute Abend, abzugeben sein!“, wurde also gewissenhaft von allen befolgt.
Glücklicherweise ist eine Stimme für die Fotos und Autogramme mit und von Tobi, Dirk, Niels, Seeb und Steven und den BRAINSTORM-Jungs nach dem Konzert nicht mehr vonnöten. Die familiäre Atmosphäre trägt durch den gesamten Abend. Idealer Sound, überall perfekte Sicht auf die Bühne, freundliche Menschen. Vielleicht lässt uns ein weiteres Western-Konzeptalbum von ORDEN OGAN ja irgendwann wieder hier zusammentreffen. Zu wünschen wäre es.
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