Oceansize
Oceansize
Konzertbericht
Wenn sich TOOL auf einem anderen Planeten heimisch eingerichtet haben und ISIS durch unser Sonnensystem reisen, dann gehören OCEANSIZE zu den Interkontinentalfliegern unter den Neo-Prog-Alternative-Rock-Post-XYZ-Bands. Wer OCEANSIZE also abfeiert und zudem überwiegend instrumental dargebotenen Songs nicht abgeneigt ist, sollte zum Beispiel LONG DISTANCE CALLING, die unlängst ihr Debüt veröffentlichten, auf dem Schirm haben, anstatt Flugzeuge mit Raumschiffen gleichzustellen. Soviel zu Relationen, die im Rahmen schreiberischen Hypegetrampels gerne mal plattgelatscht werden. Bestätigt wurden die Verhältnisse dagegen Mittwochabend im Konzertraum des Magnet Clubs. Dort musste man sich erst mal an der Warteschlange vor der Garderobe vorbeiquetschen, kam dann allerdings nicht viel weiter, da die schmale, maximal 300 Besucher fassende Location um 21:20 Uhr – angekündigter Beginn: 21 Uhr – bereits äußerst voll war. Zu diesem Zeitpunkt erklangen auch schon die letzten Takte von SION, die kurzfristig HOPESFALL auf der gesamten Tour ersetzten. Letztere haben scheinbar trotz jüngster Veröffentlichung alle Hoffnung fallen gelassen. Auf ihrer Myspace-Seite gibt es zwar kein offizielles Statement zur Absage, aber die Tatsache, dass es momentan lediglich „(1998-2007)“ heißt, führte bereits zu ersten Abschiedsgrüßen.
Während der Umbaupause konnte man sich nach vorne drängeln. Nur wenige Meter von der Bühne entfernt, sah man dort so immerhin Köpfe und gelegentlich auch einen Oberkörper auftauchen. Das Publikum bestand überwiegend aus studentischem Indie-Rock-Volk – in der näheren Umgebung ließen sich mehr als fünf Träger von typischen, dicken Brillengestellen ausmachen. Überpünktlich verlief dieser Berliner Konzertabend ausnahmsweise, so legten OCEANSIZE bereits 21:45 Uhr mit dem Eröffnungsstück von “Frames“ los. Schnell stellte sich das Lost-In-Translation-Gefühl ein; erhabenes Schweben über den Wolken versus einsamer Jetlag, unterstrichen durch eine zurückhaltende, ernsthafte Performance, arm an direkter Kommunikation. „Wo waren wir gestern? Ah, Kopenhagen… Eigentlich habe ich von Kopenhagen mehr gesehen als von Berlin.“ „Wir haben ein neues Album draußen seit zwei Wochen oder… Ich habe das Zeitgefühl verloren. Wir haben neulich ein Album veröffentlicht.“ Auch wenn die Band vielleicht müde war, spielte sie 90 Minuten und konnte das Publikum begeistern. Der Sound war ordentlich, jedoch nicht besonders feinfühlig ausgesteuert. So brummte beispielsweise einmal während einer ruhigen Passage der Bass unnötig laut auf. Zwischendurch schlichen sich hier und da kleinere Hänger in die Klangreisen ein, denn manche Kompositionen plätscherten auch live zu unauffällig, um die Spannung konstant hoch zu halten. Dabei boten die Briten einen Querschnitt durch ihr gesamtes Schaffen, spielten neben drei Stücken von “Everyone Into Position“ (‘A Homage To A Shame’, ’Music For A Nurse’, ‘Ornament/The Last Wrongs’) auch ältere Songs wie ’Catalyst’. Insbesondere den aktuellsten Erzeugnissen fehlten allerdings etwas die Hooks, um vollständig mitzureißen. OCEANSIZE dürften die perfekte PORCUPINE-TREE-Vorgruppe gewesen sein und sind wohl eine von diesen Bands, denen man sich am besten in Ruhe im Sessel hingibt. Protestiert hätte an dieser Stelle sicher der Lufttrommeln spielende Schunkelspezialist vor mir, der übrigens seine Nachbarin befummelte, wenn einer dieser Hänger kam. Das wäre bei ISIS nicht passiert.
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37295 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kommentare
Sag Deine Meinung!