Nothing More -
Nackte Haut und Skorpionenschwänze
Konzertbericht
NOTHING MORE sind wieder da. Zumindest kurz. Nach mehreren, erfolgreichen Gigs innerhalb deutscher Veranstaltungssäle im vergangenen Jahr, lassen sich die US-Amerikaner erneut blicken. Anlässlich ihrer „The Truth Tour“, welche sich zuletzt auf Großbritannien konzentrierte, legen die Alternative Metaler einen Zwischenstopp in Köln und Hamburg ein. Als Support-Act mit an Bord: BLACK PEAKS aus Brighton. Geheimtipp oder Geheimwaffe? Wird sich heute definitiv zeigen. In Hamburg wurde die Show jedenfalls, aufgrund der Nachfrage, bereits nach kurzer Zeit vom Bahnhof, St. Pauli, in die Markthalle verlegt. Deshalb höhere Erwartungen? Eher nein, aber gespannt auf eine Vorband, die bisher eher nicht im Radar war und neugierig darauf wie lange NOTHING MORE Frontmann Jonny Hawkins heute Abend sein Shirt anlässt. Zumindest, den Gesprächsfetzen vor der Tür zur Folge.
BLACK PEAKS
Karohemd. Schnäuzer unter der Nase. Ein Hauch Grunge-Atttitüde. Frontmann Will Gardner erscheint am Mikro. Alles schreit nach außen hin nach Understatement. Die Briten spielen mit diesem Eindruck, dieser Einstellung, gekonnt und damit die ersten Töne in den Raum. Was unscheinbar wirkt und für einige vor der Bühne noch prüfend verfolgt wird, überzeugt über die Länge der Setliste Track by Track immer mehr. Auch die Band scheint sich erst nach einiger Spielzeit wohl auf der Bühne der Markthalle zu fühlen. Eingegroovt von beiden Seiten wird man langsam warm miteinander.
Der unscheinbare Typ vorne am Mikro beweist, was hinter seinem korrekt gestutzten Lippenbärtchen steckt. Gardner liefert eine stimmliche Bandbreite von hellen Screams über tiefe Growlingpassagen sowie sauberen Gesang. Haut dabei mit kreischenden oder auch tieferen, langezogenen Schreien mächtig auf den Putz. Szenenapplaus für die Momente, in denen der Fronter wie vollständig weggetreten und mit leeren Blick für Sekunden still ins Publikum starrt, kurz nachdem er vorher lupenrein in einer Tonlage verweilend, eine Gesangsarie vom Stapel gelassen hat. BLACK PEAKS, die erst kürzlich im viel kleineren Molotow aufgetreten sind, kämpfen zwar an diesem Abend gegen die Macht einer größeren Location, finden aber immer mehr zu sich und ziehen damit auch diejenigen auf ihre Seite, denen die Band bisher unbekannt war. Kein schlechter Eindruck, den die Briten hier hinterlassen.
NOTHING MORE
Ein Knall. Eine Art Gerüst auf der Bühne. Selbige noch komplett im dunklen Gehalten. Ein Sirene ertönt. Fronter Jonny Hawkins hängt wie King Kong am Gerüst. Der Sirenenton erzeugt von ihm, angetrieben durch eine Kurbel.
Zu den ersten Gitarrenklängen, die Kollege Mark Vollelunga anschlägt, klettert er wieder hinunter. „Let ‚Em Burn“ als Opener erweist sich beim Publikum definitiv als alles andere als ein Fehlzünder. NOTHING MORE sind da. Nicht zu überhören. Nicht zu übersehen. Angeknipst wie ein Kleinkind nach einer Überdosis Zuckerwatte sprintet Hawkins auf der Bühne auf und ab, vor und zurück. Greift sich an die Brust, verzieht mal das Gesicht oder verdreht die Augen, um jeder gesungenen Zeile mehr Ausdruck zu verleihen.
Um die Frage nach dem nackten Oberkörper im ersten Absatz dieses Artikels zu beantworten: es dauert gerade mal zwei Songlängen, bevor dem Frontmann sein Shirt am Körper zu warm wird.Die Markthalle, die bekannt für ihre muckelig, saunatischen Temperaturen ist, enttäuscht auch heute nicht in Sachen karibischer Klimatisierung. Da hilft auch nicht das, direkt auf Körperhöhe installierte, Windgebläse welches Hawkins immer wieder die Locken zerzaust. Diese Installation soll heute aber nicht die einzige bleiben. Dazu aber gleich mehr.
Vorerst wird sich bei „Do You Really Want It“ verausgabt. Mark Vollelunga, Daniel Oliver und Ben Anderson machen an Bass, Gitarre und Drums ordentlich Druck und auch wenn der Sound technisch nicht immer fehlerfrei transportiert wird, schreddert und klopft sich die Rhythmusfraktion mit guter Laune in die Herzen. Jonny Hawkins ist derweil beschäftigt, das Publikum, welches sowieso schon absolut textsicher am Mitsingen ist, zu lauteren Tönen zu animieren.
Die, mit dem Liedgut der letzten Veröffentlichungen („The Stories We Tell Ourselves“ und „Nothing More“) gebaute Setlist, ermöglicht dafür genug Momente. Spätestens mit „Jenny“, welches für diese Band quasi das Aushängeschild ist, kocht der Laden.
Fehlen darf bei dieser Tour natürlich nicht: The Scorpion Tail. Der Skorpionschwanz. Ein ca. 200kg schweres Konstrukt, welches vom Bassisten der Band, Daniel Oliver, konstruiert wurde. Das aus Metallresten, einschließlich Auto- und Motorradteilen, bestehende, mit Tuner-Software ausgestattete, Instrument ermöglicht es Hawkins in Echtzeit seine Vocals sowie die Gitarren- und Bass-Effekte seiner Bandkollegen zu manipulieren.
Zum Anfang des Sets eher unscheinbar und mit „eingezogenen“ Schwanz steht das Gerät auf der Bühne und fungiert als Drums, an denen sich der Fronter bei „Don’t Stop“ verausgabt und grinsend Blicke mit seinen Kollegen auf der Bühne austauscht. Richtig, in die Höhe, ausgefahren zum Einsatz kommt der Skorpion zum Ende der Show. Hawkins steht im oberen Bereich der Skulptur und eskaliert an den Tuning-Knöpfen. Mit den Coverversionen von“First Of The Year“ (SKRILLEZ) sowie „We Will Rock You“ (QUEEN) runden NOTHING MORE ihren Gig und den Abend ab.
Setlist:
- Christ Copyright
- Don’t Stop
- Funny Little Creature
- Go to War
- Do You Really Want It?
- The Great Divorce
- Mr. MTV
- Jenny
- Here’s to the Heartache
- Fadein/Fadeout
- Ocean Floor
- This Is the Time (Ballast)
- First of the Year (Equinox) (Skrillex Cover)
- We Will Rock You (Queen Cover)
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