Nocturnal Culture Night
Der Festivalbericht - Nocturnal Culture Night 2012
Konzertbericht
Samstag, 08.09.2012
Der Samstag begann mit OPUSCULUM. Die Elektroband veröffentlichte im letzten Jahr ihr Debütalbum „Abschied und Wiedergeburt“ und hatte somit noch nicht viel Livematerial zur Verfügung. Die 30 Minuten Spielzeit ab 12 Uhr füllten sie trotzdem. Wirklich innovativ war die Musik nicht, OPUSCULUM verarbeiteten einfache EBM-Musik mit weiblichen Vocals und deutschen Lyrics. Auch war der Sound live nicht besonders hochwertig und der Gesang nicht sonderlich ansprechend, wenngleich Sängerin Clio und ihre Tanzpartnerin hübsch anzusehen waren.
Weiter ging es mit VERSUS aus der Nähe von Dresden. Hier bekam man eine doch recht anhörliche Mischung aus Rock und Elektro, die Lust auf mehr machte und die Experimentierfreude der Sachsen zum Ausdruck brachte. VERSUS hatten eine unglaubliche Energie auf der Bühne und rockten in der prallen Mittagssonne, auch wenn sich noch vergleichsweise wenige Leute auf dem Platz vor der Hauptbühne tummelten. Die Band war sehr dankbar für jeden Zuhörer und verließ freudestrahlend ihren Spielplatz.
Weniger gut lief dagegen der nachfolgende Auftritt von FERNTHAL. Das Elektroduo hatte stark mit dem Sound und technischen Ausfällen am laufenden Band zu kämpfen. Auch wenn die tolle Bühnendekoration die Zuschauer eine Weile vor der Bühne hielt, übten sich viele nicht lange in Geduld und verschwanden schnell. Durch die Soundprobleme ließ sich die Musik von FERNTHAL schlecht beurteilen. Fakt ist jedoch, dass dem Duo Respekt dafür gebührt, dass sie den Auftritt durch Improvisation versucht haben, professionell zu Ende zu bringen, und sich nicht nervös machen ließen.
Bei THE WARS fanden sich – auch durch den schlechten Auftritt der Vorband bedingt – deutlich mehr Leute vor der Hauptbühne ein. Der Sound des Trios war sehr alternativ, aber gleichzeitig auch stimmungsvoll und passend. Hier traf Emotion auf Freude an der Musik, dazu eine tiefe, einhüllende Stimme und tolle Basslines. Leider versteckte sich Sänger Chris Kowski weitestgehend hinter Hut und Haaren und spielte so wenig mit dem Publikum, dennoch war die sphärische Musik anspruchsvoll und hinterließ ein wohliges Gefühl beim Hörer. Die Berliner hatten für ihre vier Jahre des Bestehens eine gute Livebilanz und reichlich Erfahrung vorzuweisen, was man auch spürte.
Musikalisch nahtlos anschließend waren PRINCIPE VALIENTE auf der kleinen Bühne. Das dieses Jahr sehr schwedenlastige Line-Up fand hier eine weitere Band, die es wusste, psychedelisch den Tag zu untermalen und dadurch große Stimmungen zu erzeugen. Leider gab es auch hier kleinere Pannen, so verabschiedete sich beispielsweise der Keyboardständer im ersten Song eine Etage nach unten und ließ sich auch zunächst nicht wieder hochschrauben. Die Jungs lösten den Fauxpas jedoch mit Professionalität und zogen ihren Auftritt durch, was sicher auch durch ihre Coolness hinter den Sonnenbrillen möglich war.
Die Schwermut zog sich auch bei der nächsten Band durch den heißen Spätsommertag. Jedoch gab es hier ein besonderes Schmankerl zu sehen und zu hören, denn AGE OF HEAVEN aus Leipzig waren bereits beim ersten WGT 1992 zu Gast, wo sie auch zum 20. Jubiläum wieder spielten. Mittlerweile hatte sich die Besetzung der Band bis auf ein Mitglied komplett geändert, jedoch waren sie sich musikalisch nach wie vor treu geblieben, auch wenn hier nicht verschwiegen werden soll, dass die „jüngsten“ gespielten Werke allesamt aus dem Jahre 1996 stammten… hier wäre dringend neues Material gefragt, denn bei so wenigen Alben in 21 Jahren, die allesamt schon zum alten Eisen zählen, wirkt ein Festivalauftritt nicht mehr sonderlich gelungen.
Nun wurde die erste richtig elektronische Band des Tages auf die Bühne geholt, und hier ging es auch gleich richtig zur Sache. Ganz ernst nehmen konnte man EISENFUNK wohl auch durch die Holztische als Equipment nicht, doch wussten die Jungs, den Besuchern mehr als einzuheizen. Man merkte, die drei Jungs hatten Spaß on Stage und genossen die Anwesenheit jedes einzelnen Gastes, der sich zur Musik bewegte. Witzige Texte und lustige Arrangements taten ihr übriges. Hier wurde es das erste Mal am Tag vor der Bühne so eng, dass ein Wegkommen unmöglich war. Ein weiterer Beweis, dass Freunde der elektronischen Musik bei EISENFUNK lustig unterhalten und sehr glücklich gemacht werden.
Pünktlich zum neuen Albumrelease traten NOVA SPES auf die Hauptbühne. „Leben ist Krieg“ war das Motto des Tages, doch kam die doch recht platte Aussage außer bei den Hardcorefans nicht richtig an. Hatte man alles schon gehört, klang wie jede andere EBM-Band, hier hätte man auch anderen Bands mehr Platz und eine längere Zeit stattdessen einräumen können. Desweiteren war nicht viel Show zu sehen, daher konnte das Trio zumindest auf der NCN nicht wirklich überzeugen.
Regelrecht punkig wurde es dann bei FLIEHENDE STÜRME, die ab etwa 17 Uhr von der kleinen Bühne aus rockten. Wenige Akkorde, drei Leute, gesellschaftskritische Texte – ließ alles auf szenetypische Inhalte und Aussagen schließen. Auch dieses Trio war bereits auf dem WGT vertreten, man merkte also, das NCN holte seine Spielleute beinahe aus dem Nachbarort. Promomäßig war der Auftritt von FLIEHENDE STÜRME sicherlich sinnvoll, denn schließlich wurde auch hier vor kurzem erst ein neues Album – betitelt mit „Warten auf Raketen“ – veröffentlicht. Der Sound war jedoch nicht weiter innovativ und auch hier nutzten die Besucher die Zeit eher, um über den Mittelaltermarkt zu schlendern und die hübschen Models bei der Modenschau auf der Kulturbühne zu betrachten.
Im völligen Kontrast dazu standen die sympathischen Schweizer von THE BEAUTY OF GEMINA. Hier spielten wieder Emotionen, individuelle Erfahrungen und Tanzfreude die Hauptrolle. Das Trio um Hauptmann Michael Sele bestach durch einzigartige Texte, teilweise über die Schweiz selbst, und Melodien, die den Hörer direkt in ihre besungenen Welten entführten. Den Schweizern wurde auf der NCN für ihren Auftritt eine fantastische Kulisse geboten, die die Schweizer dankend annahmen und während ihrer knappen Stunde mit einer für Tageslicht beachtlichen Lichtshow füllten. THE BEAUTY OF GEMINA hatten eine tolle Setlist aus dem Material ihrer vier Studioalben zusammengestellt, auch wenn die Titel vielleicht noch einen Tacken elektronischer und schneller hätten sein dürfen.
Der Samstag war insgesamt ein wenig vom Pech verfolgt, denn der nun geplante Auftritt von CONJURE ONE fiel aus, da die Band nicht aus den USA wegkam, da streikbedingt der Flug gecancelt wurde. Äußerst kurzfristig gelang es jedoch, Ersatz in Form der Band SONO zu finden. Das Hamburger Duo bestach erstens durch seine Spontanität und Elektrizität. Das Publikum freute sich, dass hier keine Überbrückungszeit entstand und würdigte SONO dementsprechend dankbar.
Nun kamen wir schon zu SUICIDE COMMANDO. Viele gehenkte und neonleuchtende Puppen auf der Bühne machten dem Bandnamen alle Ehre. Seit 1986 machten die Belgier die Elektroszene bereits unsicher und hatten ihre Anhänger mittlerweile über die ganze Welt verteilt. Ein anfangs schlechtes Licht passte später super zur Show und Sänger Johan Van Roy wusste ganz genau, wie er die Massen vor der Bühne in Bewegung brachte. Auch hier spielte eine Band, der man später mehr Zeit einräumen hätte können, stattdessen kam der nächste Wechsel.
DIVE, Landsmänner von SUICIDE COMMANDO, bestachen weder durch ihre Musik, noch durch ihre Show. Einzig und allein Stroboskoplicht diente als Beleuchtung, was äußerst schnell ein Unwohlsein in der Magengegend verursachte und das Publikum nach wenigen Liedern verscheuchte – blöd für die Band, hätte man jedoch wissen können.
So kamen wir schon zur letzten Band und dem wohl größten Künstler des Festivals. PETER HOOK kam mit einer äußerst energiegeladenen Show auf die Hauptbühne und rockte im Gegensatz zu vielen jüngeren Kollegen ordentlich das Haus. Kein bisschen steif, kein bisschen starr wurde hier beinahe klassischer Gitarrenrock geliefert. Bei PETER HOOK war besonders deutlich spürbar, dass die Besucher der NCN eher zur ersten Gothicgeneration gehören, der Altersunterschied zwischen Publikum und Künstler war nicht sonderlich groß und man hatte selten so viele JOY DIVISION- und NEW ORDER-Shirts auf der NCN gesehen. Bestand der größte Erfolg von PETER HOOK auch weiterhin in den Hits aus der Zeit von JOY DIVISION, so verzichtete er live jedoch auf den wohl schönsten Song, „Love Will Tear Us Apart“.
Abschließend wurde es folkig und elektronisch zugleich mit HEKATE. Die Koblenzer feierten in diesem Jahr ebenfalls ihr 20. Jubiläum. Passend zur kleinen Waldbühne wurden hier mystische Stimmungen erzeugt. Insgesamt gaben Hekate einen ruhigen Tagesausklang zum Besten, allerdings war ein Großteil der Besucher bereits nach PETER HOOK gegangen, weswegen der Platz vor der Bühne viel Raum zum Mitschunkeln ließ.
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