Nightwish
live in Luxemburg
Konzertbericht
NIGHTWISH
In der Umbaupause verschwindet die Bühne hinter einem riesigen Vorhang, aber vereinzelt rieselt Flitter von der Hallendecke und schon jetzt ist zu erahnen: Wer für Kitsch gekommen ist, der wird ihn kriegen! NIGHTWISH eröffnen ihren Auftritt mit der Stimme von Richards Dawkins und „Shudder Before The Beautiful“, dem ersten Track des aktuellen Albums „Endless Forms Most Beautiful“. Auf der Bühne zu sehen sind, passend zur visuellen Präsentation des Albums, Felsimitationen und allerlei „planetarisch“ Angehauchtes – und Floor Jansen, die auch zwei Köpfe kleiner sein könnte und trotzdem mit ihrer Bühnenpräsenz die übrigen Bandmitglieder überstrahlen würde. Das Publikum macht von der ersten Sekunde an deutlich, für wen es gekommen ist – auch wenn sich die überwiegend frankophone Menge wenig textsicher zeigt, als Floor z.B. zu „Ever Dream“ das Mikro nach vorne reckt. Dies ist auch der einzige Song des Abends bei dem die Stimme der Niederländerin in den oberen Etagen gelegentlich etwas schwächelt. Ansonsten erfreuen NIGHTWISH die Fans mit „Stargazers“, das anlässlich der Auftritte zum neuen Album endlich mal wieder aus der „Unsere-aktuelle-Sängerin-kann-das-nicht“-Kiste geholt werden durfte, sowie dem perfekt vorgetragenen „Ghost Love Score“. Als Publikumslieblinge erweisen sich zudem die folkbetonten Titel „My Walden“, „Alpenglow“ und „I Want My Tears Back“, die ohne Troy Donockley natürlich nur halb so schön wären. Der Brite darf aber nicht nur zu den Songs, die ursprünglich mit ihm eingespielt wurden auf die Bühne, sondern zeigt zum Beispiel bei „7 Days To The Wolves“, dass er sich den Status als festes Bandmitglied redlich verdient hat. Ein bisschen jenseits der üblichen Songauswahl spielen NIGHTWISH „While Your Lips Are Still Red“, bei dem Marco Hietala abweichend von der Originalversion am Mikro von Floor Jansen unterstützt wird – da schmachten auch die ganz harten Typen, die offiziell nur ihre Freundin begleiten. Denn auch wenn den Finnen in der deutschen Metalszene das Geschmäckle der „Mädchenband“ anhaftet und mancher Penisinhaber seine „Oceanborn“ lieber versteckt, bevor Besuch kommt, ist es schwer, dem Charme und der Livequalität der Truppe nicht zu erliegen. Visuell fahren NIGHTWISH ebenfalls groß auf: Neben der Pyroshow, die bekanntlich zum Standard der Finnen gehört, wandelt sich die Bühne ab „Storytime“ durch eine aufwendige Videopräsenation im Hintergrund immer wieder neu. Ob Sternenhimmel, schwingende Pendel oder Gebirgslandschaft – das Auge wird fast genauso gut bedient, wie das Ohr. Einen fulminanten Abschluss findet der Abend mit „The Greatest Show On Earth“ und – na klar – Flitter vom Hallenhimmel. Wer also auch nur einigermaßen zu seiner Kitschader stehen kann, wird die Wartezeit in der schier endlosen Einlasschlange heute nicht bereut haben – Star Wars kann man schließlich auch morgen noch anschauen.
Text: Saskia Becker
Fotos: Alexander Becker
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