Nightwish
"Decades: Europe 2018"-Tour live in Nürnberg
Konzertbericht
NIGHTWISH
Über das Für und Wider der Smartphone-Nutzung bei Live-Veranstaltungen lässt sich nach- wie vortrefflich streiten. NIGHTWISHs Beitrag zur Debatte besteht aus dem als Intro über die Leinwand flimmernden kauzig-sympathischen Steampunk-Video, das wie bereits in Berlin von einem erschreckend großen Teil des Publikums komplett ignoriert wird. Aber gut, ist ja glücklicherweise ein freies Land, darf also jeder selbst entscheiden, ob er lieber den eigenen Augen oder seinem von der Werbung als superduper-retinascharf-megaverpixelt-hochauflösend präsentierten Mini-Display trauen möchte. Unter Berufung auf den guten Herrn Kant könnte man freilich zur Rücksichtnahme auf die Hintermänner und -frauen aufrufen, deren gleichrangige Entscheidungsfreiheit durch ein aggressiv in ihr Blickfeld gerecktes Flimmerding maßgeblich eingeschränkt wird. Bei genauerer Betrachtung interessiert sich für den guten Immanuel aber im aktuellen gesamtgesellschaftlichen Klima ohnehin keine Sau mehr, so dass ich es an dieser Stelle gerne beim obligatorischen Monty-Python-Zitat belassen möchte: „Immanuel Kant was a real piss-ant who was very rarely stable“.
Freilich schweife ich gerade gewaltig ab. Dass ich dafür aber überhaupt die Zeit finde, ist dem um ein Vielfaches zu lang geratenen Intro geschuldet, das dem NIGHTWISH-Auftritt vorgelagert ist. Schließlich ist es Troy Donockley, der mit dem auf der Flöte angestimmten „Swanheart“ den Startschuss zu einer „holprigen Fahrt auf der Straße der Erinnerungen“ gibt. Vom „Imaginaerum“-Stück „Last Ride Of The Day“ abgesehen, das den einzigen „Dark Passion Play“-Song „Amaranth“ verdrängt, ist die Setlist identisch mit jener der Berlin-Show. Die Fans erwartet also erneut eine perfekt durchchoreographierte Bühnenperformance mit opulenten Video-Einspielern, die konstant für eine stimmige Bühnenatmosphäre sorgen. Geschickt werden dabei ein ums andere Mal Gestaltungselemente der jeweiligen Albencover aufgegriffen und dem aufmerksamen Beobachter als kleine Easter-Eggs präsentiert.
Galerie mit 1 Bildern:Front-Amazone Floor Jansen, die aktuell etwa genau so lange Mitglied von NIGHTWISH ist wie es ihre Vorgängerin Anette Olzon insgesamt war, genießt als Sängerin längst das uneingeschränkte Vertrauen von Fans und Mitmusikern. Kein Wunder, schließlich schafft sie es doch scheinbar mühelos, neben den maßgeschneiderten Liedern des jüngsten Studiowerks „Endless Forms Most Beautiful“ sowohl den ursprünglich von Anette Olzon eingesungenen „Imaginaerum“-Stücke wie auch den mit weitem Abstand die Setlist dominierenden Songs der Tarja-Turunen-Ära gerecht zu werden. Insbesondere „Come Cover Me“ und „Ghost Love Score“ hat sie dabei so sehr für sich vereinnahmt, dass sie diese mit einigem Recht als „Signature Songs“ im eigenen Repertoire führen darf. Als absolutes Highlight des heutigen Abends entpuppt sich jedoch mit „Dead Boy’s Poem“ ein ganz anderes Stück, dass trotz seiner melancholischen Grundstimmung von der gesamten Halle geradezu frenetisch abgefeiert wird – wer hier keine Gänsehaut bekommt, muss ein gefühlskalter Eisklotz sein!
Für meinen Geschmack liegt der Fokus heute dennoch etwas zu sehr auf der absoluten Ursuppe der Band. Denn wo „Gethsemane“ und „The Carpenter“ noch eine gleichermaßen überraschende wie ansprechende Frischzellenkur zuteil wird und „Sacrament Of Wilderness“ sowieso ein zeitloser Hit bleibt, wirken „Elvenpath“, „10th Man Down“ und „The Kinslayer“ eher blaß. Mit „Devil & The Deep Dark Ocean“ hat sich sogar ein ziemlicher Stinker eingeschlichen – der Kontrast zum unmittelbar folgenden „Nemo“ könnte nicht größer sein! Das alles ist aber wieder einmal Jammern auf hohem Niveau, denn die routiniert aufspielenden NIGHTWISH leisten sich keinerlei Schwächen und vermitteln trotz der unübersehbaren Statik, die einer so perfekt durchchoreographierten Show – exzessive Flammen- und Pyro-Effekte selbstverständlich inklusive – unvermeidbar innewohnt, echte Spielfreude.
Bei der epischen Evolutions-Hymne „The Greatest Show On Earth“ und dem als nicht minder epische Quasi-Zugabe eingestreuten „Ghost Love Score“ ziehen NIGHTWISH noch einmal alle Register und werfen die Frage auf, was Bandchef Tuomas Holopainen auf dem nächsten Studioalbum für die Fans bereit halten mag. Wird er versuchen, diesen kompositorischen Gipfel des gesamten Symphonic-Metal-Genres erneut zu toppen? Oder deutet die offensichtliche Begeisterung für die Ursprünge des eigenen Schaffens eine Rückbesinnung auf die etwas geradlinigere Vorgehensweise früherer Tage an? Man darf in jedem Fall gespannt sein, was die kommenden Dekaden für NIGHTWISH und ihre Fans bereit halten werden!
Setlist:
- Intro (Swanheart)
- Dark Chest Of Wonders
- Wish I Had An Angel
- 10th Man Down
- Come Cover Me
- Gethsemane
- Élan
- Sacrament Of Wilderness
- Dead Boy’s Poem
- Elvenjig / Elvenpath
- I Want My Tears Back
- Last Ride Of The Day
- The Carpenter
- The Kinslayer
- Devil & The Deep Dark Ocean
- Nemo
- Slaying The Dreamer
- The Greatest Show On Earth, Part 1-3
- Ghost Love Score
- Outro (The Greatest Show On Earth, Part 4-5)
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