Nightwish
An Evening With Nightwish In A Virtual World

Konzertbericht

Billing: Nightwish
Konzert vom 28.05.2021 & 29.05.2021 | The Islander's Arms, online

Eine ganze Weile war es um den finnischen Exportschlager NIGHTWISH ruhig geworden, was natürlich auch mit der Zwangsabsage ihrer Tour zu „Human. :||: Nature.“ zusammenhing. Lange hatten sie sich auch gegen ein Streaming-Konzert gewehrt, wie uns Bandkopf Tuomas Holopainen bereits vor ein paar Wochen im Interview erzählt hat. Mit ihrem zwei Abende umfassenden Streaming-Event „An Evening With Nightwish In A Virtual World“ haben sie sich nun aber ebenfalls in die Riege der Bands eingereiht, die für ihre Fans zumindest im Onlineformat spielen. Am 28.05. und 29.05.2021 war es dann schließlich soweit. 150.000 Zuschauer aus 108 Ländern schalteten sich dazu und genossen die ersten NIGHTWISH-Auftritte seit Jahren.

Dass das Ganze etwas anders ablaufen würde als ein 08/15-Konzertstream, hatte Tuomas bereits angekündigt, und wer mit NIGHTWISH einigermaßen vertraut ist, hätte sich auch denken können, dass sie sich nicht einfach vor eine Handvoll Kameras stellen würden. Stattdessen wurde das Event etwas größer aufgezogen, und statt dem normalen Bühnenfeeling gab es eine mit reichlich Bandsymbolik geschwängerte CGI-Umgebung. Die Band selbst spielte im Studio in einer Green-Box, die wohl auch der ein oder anderen Filmproduktion ausgereicht hätte. Zudem wurde die Vorfreude zusätzlich dadurch geschürt, dass in einem vor der Show stattfindenden VIP-Event der neue Session-Bassist enthüllt werden würde, der die Band auf der tatsächlichen Tour, die noch dieses Jahr folgen soll, begleiten und damit – zumindest vorübergehend – den Platz des ausgestiegenen Bassers Marko Hietala einnehmen wird.

Bild Nightwish - Behind the Scenes

Nightwish – Hinter den Kulissen. Foto von: Rudi Rok

NIGHTWISH in der Steampunk-Taverne „Islander’s Arms“

Das VIP-Event startet mit einer kleinen Verzögerung, die im Event-Chat für Verwirrung sorgt, denn viele sind sich nicht sicher, ob die Technik bei ihnen mitspielt. Als dann aber ein Timecode eingeblendet wird, ist klar: Ein Supergau wie beispielsweise ein Technik-Crash bleibt vorerst aus. Das Event in Form eines Interviews geführt von der finnischen „Radio Rock“-Moderatorin Laura Vähähyyppä enthüllt dann ohne weitere Umschweife die Identität des neuen Session-Bassisten. Wie schon NIGHTWISH-Drummer Kai Hahto wurde dieser von WINTERSUN rekrutiert, denn es handelt sich um deren aktuellen Bassisten Jukka Koskinen. Rund eine halbe Stunde steht er Rede und Antwort und beschreibt unter anderem die Zusammenarbeit mit NIGHTWISH. Vor allem der große Katalog der Band sei für ihn eine Herausforderung gewesen, er habe jedoch bei allen Stücken Spaß beim Spielen. Da WINTERSUN sich gerade in einer Schreib-Pause befänden, könne er sich zudem vollkommen auf NIGHTWISH konzentrieren.

Bild Nightwish Virtual Concert 2021

The Islander’s Arms. Foto von: Rudi Rok

Die eigentliche Show folgt nach einem erneuten Timer-Countdown und beginnt passend zur Thematik der Steampunk-Taverne „Islander’s Arms“ mit einer kleinen Luftschifffahrt, die einen direkt vor die Tür des Gasthauses bringt. Die Türen öffnen sich und nach einem kleinen Kameraschwenk durch die virtuelle Welt pendelt sich der Fokus auf NIGHTWISH ein. Hier ist der Ablauf an beiden Abenden identisch, doch die Setlist wird sich – wenn auch nicht maßgeblich – unterscheiden, sodass sich auch das Kombiticket für die Fans lohnt.

Setlists voll Epik und Nostalgie

Los geht es mit „Noise“, der Single von „Human. :||: Nature.“ mit dem wohl bisher gewöhnungsbedürftigsten Musikvideo in der Bandgeschichte von NIGHTWISH. Als neuer Track eignet es sich aber natürlich hervorragend als Opener, und es ist immerhin das erste Mal, dass die Fans das aktuelle Album live zu hören bekommen. Zumindest zu Beginn der Show ist man als Zuschauerin aber noch etwas abgelenkt von der virtuellen Umgebung, in der die Band da steht. Statt an eine Taverne fühlt man sich mehr an ein viktorianisches Glashaus erinnert, in dem in allen Ecken Kram rumliegt, der eigentlich gar nicht wirklich da ist. Wenn eines feststeht, dann, dass sich NIGHTWISH und ihr Team wirklich viel Mühe beim Design gegeben haben und mit viel Liebe zum Detail eine Welt erschaffen haben, die perfekt auf die Band zugeschnitten ist.

Bild Nightwish Virtual Concert 2021

Detailreich: Die Taverne von innen. Foto von: Rudi Rok

Spätestens wenn mit „Planet Hell“ der erste ältere Track auf dem Programm steht, ist die doch etwas überwältigende Optik aber vergessen und man geht voll in der Musik auf. Wie so oft, sind es vor allem die älteren Stücke, die begeistern und Erinnerungen an die NIGHTWISH-Konzerte längst vergangener Touren wecken. „She Is My Sin“ und „Bless The Child“ am ersten Abend sowie „Ever Dream“ und „Sleeping Sun“ am zweiten Abend machen wahrhaftig nostalgisch. Doch auch aus der mittleren Schaffensphase der Band wird einiges geboten. Die Stimmung mäandert – wenig überraschend –zwischen episch-heavy und balladesk-dudelig, doch zum Ende hin bauen die letzten drei Stücke ein wirklich fulminantes Finale auf, bei dem man vor einer realen Bühne wahrscheinlich in die Knie gegangen wäre. „Last Ride Of The Day“, „Ghost Love Score“ und schließlich „The Greatest Show On Earth“ lassen in Sachen Rausschmeißer keine Wünsche offen.

Ist live wirklich live?

Was leider auf der Strecke bleibt, sind die Ansagen. Floor Jansen klopft ab und an mal einen kurzen Spruch, der zum darauffolgenden Track passt, und nimmt einmal die Bestellung der restlichen Bandmitglieder auf, weil sie „an die Bar geht“, doch diese kleinen Interaktionen wirken etwas steif und sind zudem immer nur zu hören und nicht zu sehen, da zwischen den Stücken auf virtuelle Kamerafahrten durch die sich verändernde Landschaft geschaltet wird. Das Publikum zuhause wird erst gar nicht angesprochen. So fühlt man sich vor dem Fernseher doch mehr berieselt als abgeholt. Die schnelle Taktung der Songs sowie des Rahmenprogramms lassen nicht wirklich Zeit für Spontaneität, und man stellt sich nach einer Weile durchaus die Frage, ob die Shows nicht vielleicht doch aufgezeichnet statt live waren. Schlimm wäre das nicht, doch ein paar mehr Ecken und Kanten, die ein echtes Liveerlebnis ausmachen, hätte man sich an beiden Abenden gewünscht.

06.06.2021

headbanging herbivore with a camera

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