Neurosis
live in Stuttgart
Konzertbericht
NEUROSIS
Mit manchen Bands, die man schon eine gehörige Weile mit sich herumträgt und die einem aus den verschiedensten Gründen einiges bedeuten, ist es immer so eine Sache. Es ist schwer, bei meterhohen Erwartungen nicht enttäuscht zu werden. Und so ergeht es mir denn auch mit NEUROSIS an diesem Abend. Sie können zumindest nicht auf ganzer Linie überzeugen. Seit 1985 bereits treiben Scott Kelly und seine fünf Bandkollegen, ursprünglich im Hardcore Punk beheimatet, ihr Unwesen immer mehr in Richtung Sludge/Doom – gerne auch Post-Metal genannt – und erfreuen ihre Fans mit immer neuen Machwerken, auf denen sie weder vor Ausflügen in andere Genres noch vor Sperrigkeit und Experimenten aller Art zurückschrecken. Die letzte Scheibe ist, wie oben schon erwähnt, aber nun auch schon vier Jahre alt, im Jahre 2007 erschien mit „Given To The Rising“ ihr bis heute letztes Lebenszeichen in Langspielerform. Völlig untätig war man allerdings auch nicht, denn erst letztes Jahr gab es ein Live-Album.
Nun aber zurück ins Stuttgarter LKA. Ich bin bei weitem nicht der einzige Fan vor der Bühne, der mit leuchtenden Augen auf die Band wartet. Entsprechend stürmisch werden NEUROSIS dann auch empfangen. Die Truppe indes macht nicht viele Worte, im Gegenteil, Kelly und Von Till sehen so angepisst aus, dass man sich fragt, ob das zur Show gehört oder ob sie gleich etwas zerlegen werden. „Locust Star“ aus dem Jahre ’96 läutet zunächst fast zögerlich, dann als heftiger Gefühlsausbruch ein Set ein, dass sich einmal quer durch die Bandhistorie schlängelt. Sie wirken manchmal wütend, manchmal völlig versunken, etwas distanziert. Aber stets scheint jeder einzelne Musiker auf der Bühne fast in den Songs aufzugehen. Auch hier unterstützen Videoprojektionen im Hintergrund des Konzertgesamterlebnis, wenn mir auch das Zusammenspiel von Beleuchtung und Projektionen bei UFOMAMMUT stimmiger vorkam.
Liegt es an den unzugänglichen Stücken der Formation, oder einfach mal wieder am lahmen Stuttgarter Publikum? Es ist schwer zu sagen, warum, aber so richtig abgehende Fans sehen irgendwie anders aus. Zudem hat die Band gegen Ende der ersten Stunde Spielzeit einen ziemlichen Hänger, sodass einem das Wort „anstrengend“ im Kopf herumzuspuken beginnt. Einmal ein deutliches „Shut the fuck up!“ aus dem Publikum. Von Till sieht aus, als würde er überlegen, sich den Schreihals mal gehörig zur Brust zu nehmen, singt dann aber ruhig und mit unvermindert grimmiger Miene weiter. Glücklicherweise klettern NEUROSIS wieder aus dem Stimmungstief. Bei etwa zwei Stunden Spielzeit sei dieses ihnen aber auch verziehen. In Sachen Setlist gibt es vom letzten Album den Titeltrack, der gleich unter den ersten Stücken ist, sowie „At The End Of The Road“. Überraschend und Hoffnung auf ein neues Scheibchen schürend, dann auch mindestens ein neues Stück, „At The Well“. Als Schlusspunkt geht es wieder ins Jahr 1996, „Through Silver In Blood“. Kein perfekter Gig, muss man aber erlebt haben – beeindruckend, aufwühlend, verstörend. NEUROSIS eben.
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