Negura Bunget
Av is og ild
Konzertbericht
ASMODI
Den undankbaren Platz des Openers am zweiten Tag nahmen ASMODI ein. Für gewöhnlich haben die Jungs des zweiten Tages es noch schwerer als ihre Kollegen vom Tag zuvor – die Festivalbesucher sind ausgelaugt, verkatert oder lustlos, da muss erst mal Schwung in die müden Knochen gebracht werden. Ich für meinen Part war zwar nicht unmotiviert, wurde von ASMODIs Auftritt dennoch kaum angesprochen. Ich weiß gar nicht, woran es liegt, doch viel blieb mir von ihrem Auftritt nicht im Gedächtnis hängen. Der Alkohol ist sicher nicht Schuld, dafür sind mir die darauf folgenden Knüller noch zu gut im Gedächtnis hängen geblieben, wahrscheinlich lag es vielmehr daran, dass der Auftritt einfach recht durchschnittlich war. Ziemlich gewöhnlicher Black Metal paganer Natur, mal rau, mal melodisch. Nur nicht sonderlich einprägsam.
Für mich persönlich brachte die Band nicht viel herüber und schien sehr austauschbar. Da war meine Vorfreude auf die nächste Kombo um Längen größer…
„Boah, hast Du in dem Shirt geschlafen? Du stinkst!“ Schön, wenn der Festivalveranstalter, in diesem Falle Stefan Drechsler, sich sehr locker und kumpelhaft gibt. Verpasst dem Ganzen eine sympathische Atmosphäre. Seit drei Jahren zeigt der Mann, dessen Nase ganz offensichtlich von zu viel Landluft geschädigt ist, sich für die Organisation des Festivals verantwortlich, dieses Mal stand zudem ein Auftritt von KERBENOK an. Mit neuem Basser, einer neuen CD und dementsprechend neuen Songs im Gepäck machten sie sich also auf, dem Publikum einzuheizen. Schon auf dem Doppelalbum konnte die Band mich unheimlich überzeugen, auch die neue, auf dem Festival just eingesteckte, MCD fand beim Anhören auf dem Campingplatz rasch Anklang. Nun also bot sich die Gelegenheit, sich von KERBENOKs Livequalitäten zu überzeugen.
Im Gegensatz zu früheren Zeiten zeigte die Band sich nun um einen Mann an der Flöte erweitert: Im Gegensatz zu etlichen Wald-und-Wiesen-Kombos war diese allerdings geschickt in die Songs eingewoben, sodass sie dort ihren berechtigen Platz fand. Nichtsdestotrotz wurde sie im Gesamtsound etwas verschluckt, was aber ok war. Die Band begeisterte Teils mit schönen Melodieläufen, primär auf der Gitarre, teils mit sehr harten, straighten und konsequent harschen Passagen. Stimmlich gab man sich die ganze Zeit über keifend- Beachtliches Stimmorgan. Was KERBENOK ausmacht, und für mich von etlichen Kombos abgrenzt, ist eine sehr hohe Eigenständigkeit, resultierend aus einem bunten Mischmasch etlicher Einflüsse. Primär bietet man paganorientierten Black Metal, doch immer wieder dringen teils deutliche Einflüsse des Todesmetalls an mein Ohr, stellenweise sind Passagen sogar rotzig thrashig. Sowohl aus der Dose wie auch live schaffen KERBENOK es, mich mit dieser Mischung anzusprechen. Eine ganz besondere Attraktion bot die Band mit ihrer überaus gelungenen Gestaltung; ein großer Beamer projezierte ansehnliche Filmaufnahmen der umliegenden Natur auf als Leinwände fungierende Tücher, die auf der ganzen Bühne sinnvoll angebracht waren. Ein wirklich ziemlich gelungener Auftritt mit netten Details.
Dass Hähnchenfleisch nicht blackmetal ist, das haben wir bereits erfahren. Auf der Suche nach der Antwort auf die Frage, was denn nun Black Metal (um mal vom Adjektiv blackmetal zum Genrebegriff zu kommen) ist, musste man auf dem Av Is Og Ild unweigerlich auf eine Band stoßen: FUNERAL PROCESSION. Diese sind nämlich zu 100% genau das, was zu sein sie selbst versprechen. Total Black Metal! Dass sie dabei zu einer der starken Kombos des deutschen Sektor gehören, zeigten sie letztes Jahr nach fast zehn Jahren Wartezeit mit ihrem selbstbetitelten Debüt.
Die Bühne füllt sich mit Nebel. Die eigens mitgebrachte Lichtbox strahlt in den Nebel hinein, verzerrt die Bandmitglieder ins Mythische. Weihrauch duftet in den stickigen Raum. Count Gothmog stürzt von der Bühne, hinab ins Publikum. Oh Gott, oh Gott – ob der FUNERAL-PROCESSION-Frontmann zu besoffen ist für den Auftritt, fragte ich mich da. Zum Glück war das nicht der Fall, wofür sowohl die gesangliche Leistung nach dem Aufrapppeln, als auch die spätere Aussage, dass der Mikrofonständer beim Aufstützen zusammengekracht sei, sprachen. Nachdem dieser Zwischenfall vorüber war, schaffte die Band es dann auch, ihr Intro wie geplant durchzuziehen. Zu elektronischem Gewaber – scheinbar „Heavenlie Aeons Grimlie Torne Apart“ ins unendlich Elektronische verzerrt – vollzog man dieselbe Prozedur wie zuvor, bloß ohne Bühnensturz. Nach dem Intro ging es dann gepfeffert los: Keifende, kraftvolle Vocals des wieder auferstandenen Sängers, simple, aber clever gestrickte Gitarrenläufe der Marke „Tiefschwarz“ und absolut treibendes Drumming. Dazu noch in die Menge gespucktes Kunstblut – das ist FUNERAL PROCESSION! So lange alles glatt lief, zeigte Die Band ganz gehörig, wo der Hammer hängt. Zwei mal, wenn ich mich richtig erinnere, ist die Truppe ein wenig raus gekommen, das aber wohl nur merklich, wenn man entweder die Songs gut kannte oder aber fein hinhörte. Dass der Sound wieder recht verbesserungswürdig war, war bei dem Auftritt nicht mal ein so großes Problem, zumindestens für mich, der ich eifrig meine – noch drei Tage danach schmerzende – Nackenmuskulatur arbeiten ließ. Auch schmerzhaft war ein ganz besonderes Phänomen: Man stelle sich einmal dieses abartige Geräusch vor, das eine kaputte Kassette in manchem Player verursacht. Die Lautstärke davon extrem vervielfachen und auf den Gesang der Band übertragen, schon kann man sich diesen technischen Aussetzer vorstellen. Ungefähr drei mal trat genau das für kurze Zeit auf. Das tut in den Ohren natürlich enorm weh und muss wirklich nicht sein, die Band selbst kann da aber auch kaum was für, denn SO krass kann Count Gothmog seine Stimme dann wohl doch nicht verstellen. Trotz einiger kleiner Makel war es für mich einer der besten Auftritte des Festivals, der das Highlight des Samstags darstellte.
Den Headliner des Samstags stellten die Schweden MANEGARM dar. Die Band ist bekannt für ihre sehr eigene Interpretation des Pagan Metal, den sie mit einer Menge Folk anreichern. Prägendes Element der Band ist wahrscheinlich die Violine, die ich in dieser Verwendung sonst von keiner Band kenne. Am Tag zuvor erschien „Vargstemen“, das neue Album der Band. In gewissem Maße ließ sich bei ihrem Auftritt also von einer Releaseparty sprechen, auch wenn ich keine wirkliche Releaseparty bemerken konnte.
Zu allererst zeichnete sich im Konzertsaal ein Publikumswechsel ab: Ein Teil der vorigen Zuschauer wandte sich anderen Beschäftigungen zu und verließ den Raum komplett, dieser füllte sich dafür mit etwas jüngerem Publikum und einem erheblich angewachsenen Anteil weiblicher Besucher. MANEGARM sind also eine Frauenschwarmband, soso. Ohne größere Umschweife legte die Band dann auch rasch los: Ein paar nette Ideen in der Melodieführung, abwechslungsreiche Songstrukturen und ein wirklich absolut abgedrehter Geiger animierten das Publikum zu Höchstleistung. Ich für meinen Part allerdings war nicht so angetan und könnte die Begeisterung des Publikums nicht nachvollziehen, auf mich wirkte die Geige zum Beispiel eher schief und an vielen Stellen störend. Der Violinist übrigens bot Anlass zur Sorge: Dermaßen entflammt wildes Rumgehüpfe und das Drehen von Pirouetten – das lässt sich alleine mit Freude an der Musik nicht mehr erklären. Ist ja aber auch nichts Neues, dass die Kreativität mit der Droge kommt, obwohl das durchaus auch „nur“ eine exzessive Haltung auf der Bühne gewesen sein kann, was ja im Grunde etwas lobenswertes wäre. So bleibt zum Abschluss zu MANEGARM also zu sagen, dass die Stelle des Headliners an eine Band ging, mit der ich persönlich zwar überhaupt nichts anzufangen vermag, die aus Sicht des Publikums allerdings goldrichtig war. Das nämlich war absolut begeistert.
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