Neal Morse
Konzertbericht
Progressive Rock gehört sicher zu den anspruchsvolleren Spielarten. Die eigens für diese Tour zusammengestellte Band zeigte sich den Anforderungen jedoch gewachsen. Respekt dafür. Respekt auch für einen Neal Morse, dessen Kompositionen teilweise auf Refrains zulaufen mögen, denen ein gewisser Gospel-Touch anhängt, der mit Hobby-Priester-Gestik Gott beschwört (man stelle sich Quentin Tarantino in zehn Jahren als wiedergeborenen Christen vor) und gerne mal von Zwiegesprächen mit diesem berichtet („Last night when I was praying…“), der aber in dieser Form auch immer noch fraglos zu den Highlights des Genres zu zählen ist. Eine Stunde lang wurde das komplette „?“-Album gespielt. 15 Minuten Pause. Danach wurde sich eine weitere Stunde um die vorherigen Alben gekümmert. Neal Morse rockte auch auf der Akustik- und der E-Gitarre (’King Jesus’ war alles andere als eine Ballade) und sang ’Cradle To The Grave’ (das war eine) im Duett mit seinem Sohn. Auch das Töchterchen bekam später noch ihren Einsatz. „Wir spielen jetzt aber nicht das ganze „One“-Album.“ „Oooch.“ „Das ist die richtige Reaktion. Manchmal reagieren die Leute auch mit „Yeah“.“
Es folgte ein halbstündiger Zugabenblock mit Transatlantic- und Spock’s-Beard-Liedern. Okay, bei der Auswahl wurde sich auf kurze respektive ruhige Stücke, deren Botschaften zum aktuellen Werk passen, konzentriert. Aber das machte sie ja nicht schlechter. ’Bridge Across Forever’ war der Anheizer, bevor zu ’We All Need Some Light’ die zweite große Mitsing-Aktion des Abends startete. Allesamt von „Snow“, der letzten Bärte-Platte unter Einwirkung von Neal Morse, stammten die letzten Songs. Gespielt wurden unter anderem ’Open Wide The Flood Gates’, ’Solitary Soul’ sowie ’Wind At My Back’. Volles Programm für 20 EUR Eintritt. Und die bereits erwähnte positive Energie. Selbst zu einem kurzen Tänzchen mit dem Gitarristen ließ sich der Hauptakteur hinreißen.
Es war schon bemerkenswert, wenn Neal während seines Spiels erzählte, wie er betrunken und krank in einem billigen Hamburger Motel saß, Gott um Hilfe anflehend, wenn es ihn denn gäbe. So was wirkt entwaffnend offen, denn spätestens in diesem Moment wurde auch an diesem Abend klar, dass der Glaube für ihn mehr als eine seltsame Laune ist. Ob das allerdings alle Jahre wieder hörenswert sein wird, wenn man sich eigentlich deutlich mehr für die pure Musik des Prog-Königs auf Abwegen interessiert, bleibt natürlich abzuwarten. Kann man sein Sendungsbewusstsein tolerieren, wird man jedenfalls durch das Erfahren eines bewegenden Künstlers belohnt. Die Anwesenden reagierten dementsprechend euphorisch und beim Jubelpegel wurden teilweise doch noch ohrenbetäubende Dezibel-Zahlen erreicht. Respekt. Oder wie’s Neal am Ende der Vorstellung so passend sprach: Halleluja!
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