Napalm Death
Napalm Death
Konzertbericht
Dem Publikum, seiner Optik und seinem Alter nach zu urteilen, könnte man auf einem ZZ-TOP-Konzert sein. Das soll weder ZZ-TOP noch NAPALM DEATH noch das Publikum in irgendeiner Weise diskreditieren. Im Gegenteil. Es ist angenehm, heute fernab jeglicher Hipness und Trendbewegung zu sein. Denn der Grindcore dieser Briten ist nicht hip, eher zeitlos. NAPALM DEATH. Überall. Auf ausgewaschenen Shirts, auf verdreckten Kutten, auf Haut. Sie wuchsen mit der Band auf, begleiteten sie über lange Strecken auf ihrem 27-jährigen Werdegang, gehen immer noch zu „Scum“ steil. Ganz klar stehen sie heute Abend, auch trotz hochkarätigem Support, im Mittelpunkt.
Unter „Weltschmerz“ schlurfen sie mit Gemach auf die Bühne. Ob sie wohl etwas erschöpft sind? Die Tour geht in die letzte Runde und man hat das Gefühl, als trotteten sie ein wenig mehr als sonst. Musikalisch ist davon nichts zu spüren, ihre Bühnenpräsenz unbändig. Hier spielt eine knackig-frische Band nach ausgiebigem Tauchgang im Jungbrunnen auf. Sie starten mit der Wall of Sound „Sink Fast, Let Go“ von der aktuellen „Smear Campaign“; und nicht nur die Aufspielenden, sondern auch das Publikum ist hellwach. Den Enthusiasmus vor und auf der Bühne und die spornende Bewegungsfreude von Fronter Barney Greenway zu beobachten, ist immer wieder ein ganz besonderer Genuss. Sie klingen bei aller Zutraulichkeit wie besessen, so als wüssten sie selbst nicht so recht, welche Macht sich ihrer da bemächtigt hat. Wenn die Songs mit ihnen loslegen, werden die sympathischen Musiker zu bloßen Gefäßen und das Publikum zu Zeugen. Dazu braucht niemand Drogen oder Achterbahnen, für einen Moment die Augen schließen, um dann in die tobende Presche zu springen, reicht. NAPALM DEATH rollen über einen hinweg wie die schwarze Brandung nach der Götterdämmerung.
Die Setlist ist ausgewogen, ein repräsentativer Grundriss ihres bisherigen Schaffens; das noch nie zuvor gespielte „Extremity Retained“ wird genauso frenetisch abgefeiert wie „Suffer The Children“. „When All Is Said And Done“ erweist sich live einmal mehr als neue und verdammt starke Facette der vier Urgesteine aus England, und überhaupt beweisen sich sämtliche neuen Songs als echte Livegranaten. Zu „The Code Is Red…“ kehrt noch einmal Frank Mullen auf die Bühne zurück, ein bizarres Duett zweier einzigartiger wie prägender Sänger. Obligatorisch schon die Hitparade der Erstwerke, der Länge nach geordnet: Vom knapp zweiminütigen „From Enslavement To Obliteration“ über „Scum“ und „Life“ bis zum Sekundenbruchteil „You Suffer“. Kein Song lässt jedoch die Menge so mitgehen wie „Siege Of Power“ vom jetzt schon über 20 Jahre alten Debüt. Dann ist Schluss. Auf immer und ewig NAPALM DEATH. (Conni)
Fotos: Andreas (Stuttgart)
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