MTV Headbangers Ball 2017
Bericht aus Berlin
Konzertbericht
Der MTV Headbangers Ball, beziehungsweise dessen Neuauflage im Indoor-Festivaltour-Format, geht diese Tage in seine zweite Runde. Mit von der Partie sind diesmal DESERTED FEAR, INSOMNIUM, OVERKILL und das Brudergespann MAX & IGGOR CAVALERA mit ihrem „Return To Roots“-Set. Alle Bands erhalten auf dieser Tour eine ordentliche Spielzeit, was bedeutet, dass es entsprechend früh losgehen muss. Wie sich an diesem Abend im Berliner Huxleys neue Welt herausstellen wird, ist es vielleicht ein wenig zu früh, vor allem für einen Wochentag.
Wir kommen kurz nach 18:00 an und finden vor der Halle nicht wirklich eine Schlange vor, wie es hier sonst üblich ist. Naja, vielleicht ging der Einlass auch einfach nur sehr schnell. Angefangen hat der ja schließlich auch schon um 17:30. Auf dem Weg nach oben in den Konzertsaal herrscht dann eine merkwürdige Stille, nicht mal Musik dringt ins Treppenhaus. Oben angekommen wirkt die rund 1600 Besucher fassende Halle mit nur ca. 200-300 Anwesenden doch sehr verwaist.
Fotos von Andrea Friedrich
DESERTED FEAR beim MTV Headbangers Ball
So müssen DESERTED FEAR ihr Set vor einem wirklich sehr spärlichen Publikum beginnen. Bevor deren Intro aber einsetzt, wird erstmal „You Give Love A Bad Name“ von BON JOVI abgespielt, wohl um das Publikum nun zum Beginn hereinzurufen. Ob das von der Band, der Tour oder der Halle ausgeht, bleibt offen. Nach nur ca. einer Minute geht es dann aber mit dem tatsächlichen Intro von DESERTED FEAR weiter. Die Deather legen auch direkt mit einem druckvollen Brett los und haben kein Problem, die wenigen Anwesenden für sich zu gewinnen. Bereits während des ersten Songs fliegen die Haare und machen dem Namen MTV Headbangers Ball damit alle Ehre.
Dass es DESERTED FEAR im Huxleys wirklich gut gefällt, sagt Sänger Manuel explizit in einer Ansage in seinem Akzent aus dem tiefsten Thüringen. Ein Blick in die Runde fördert Einiges an Schmunzeln zutage. Wie außerdem später noch angekündigt wird, haben sie an diesem Abend einen Ersatzmann am Bass dabei. Aufgefallen wäre das allerdings sonst nicht, denn was das Zusammenspiel der Band und die handwerkliche Umsetzung angeht, haben DESERTED FEAR einwandfrei abgeliefert.
Galerie mit 18 Bildern: Deserted Fear - MTV Headbangers Ball 2017 in BerlinINSOMNIUM beim MTV Headbangers Ball
Mit melodischerem Death geht es dann wenig später bei INSOMNIUM weiter. Zuletzt waren die Finnen im Januar auf ihrer eigenen Tour in Berlin zu Gast. Da wurde es für einen weiteren Besuch natürlich mal wieder Zeit. Wirklich gefüllt hat sich der Laden zwar nicht, aber es sind doch noch einige Besucher eingetrudelt und haben den vorderen Bereich einigermaßen gefüllt. So spielen INSOMNIUM also vor einem nicht mehr ganz so vereinsamten Huxleys. Vor allem in der ersten Reihe hat sich zudem glücklicherweise eine Fraktion von Headbangern angesiedelt, die die Show über geschlossen und gerne auch mal synchron mit der Band das Haupthaar schüttelt. Als Ersatzmann an der zweiten Gitarre beziehungsweise für den Klargesang ist wie so oft Jani Liimatainen dabei. Auch wenn es an dem nichts auszusetzen gibt, fragt man sich doch, ob man Ville Friman je wiedersehen wird.
Mit einem Set von ca. 45 Minuten müssen INSOMNIUM einige Abstriche machen. Mit „While We Sleep“, „Down With The Sun“, „Ephemeral“ und „One For Sorrow“ wird zwar immernoch eine gute Portion von Publikumsfavoriten gespielt, es fällt aber auf, dass einige Stücke, die normalerweise ins Set gehören, fehlen. So wird vor allem „Only One Who Waits“ schmerzlich vermisst. Außerdem schafft es kein einziges Stück des aktuellen Albums „Winter’s Gate“ auf die Liste. Dass das in sieben Parts unterteilte 40-Minuten-Stück aber auch etwas sperrig für Live-Auftritte ist, hat man schon wiederholt feststellen können. So liefern INSOMNIUM aber ein wirklich tightes und in seiner Umsetzung wieder mal hervorragendes Set ab.
Galerie mit 24 Bildern: Insomnium - MTV Headbangers Ball 2017 in BerlinOVERKILL beim MTV Headbangers Ball
In die 80er zurückversetzt fühlt man sich, als OVERKILL dann als nächstes loslegen. Mittlerweile hat sich der Laden auch wieder ein bisschen mehr gefüllt, aber Platz haben alle immernoch reichlich. Es hat sich zudem ein Wechsel in der Klientel abgezeichnet. Nach INSOMNIUM haben sich einige Death Metal-Anhänger aus den vorderen Reihen verabschiedet und sind durch Thrasher ersetzt worden. Auch der Altersdurchschnitt hat sich aufgrund des nun lockenden Old School Thrashs deutlich erhöht. Vor dem aufwändigsten Bühnenaufbau des Abends (die CAVALERAS als Headliner inbegriffen) fegen OVERKILL über die Bühne und animieren das Publikum zum bisher ausgiebigsten Abgehen.
Genrefremde brauchen dagegen ein wenig länger, um bei OVERKILL so wirklich reinzukommen. Musikalisch ist das ja alles kein Problem, aber die Vocals von Bobby Ellsworth sind eben doch etwas gewöhnungsbedürftig. Ein wenig abgelenkt ist man außerdem, wenn man grob im Bereich vorne links vor der Bühne steht. Gitarrist Derek Tailer ruft und gestikuliert nämlich immer wieder in die Richtung einer bestimmten Dame im Publikum. Diese ist mit einer hautengen Leder-Leggings und schwarzen Lack-High Heels mit Pfennigabsätzen erschienen und erwidert seine Aufmerksamkeit. Die beiden scheinen sich schon zu kennen. Auf welche Art sei mal so dahingestellt. Ob das aber während der Show – der ganzen Show – unbedingt sein muss, ist eine andere Frage.
Galerie mit 20 Bildern: Overkill - MTV Headbangers Ball 2017 in BerlinMAX & IGGOR CAVALERA beim MTV Headbangers Ball
Bevor es mit dem Headliner losgeht, gibt es für alle erstmal einen Schreckmoment. Die Musik wird runtergedreht und jemand aus der Crew tritt mit einer Ankündigung vor die Menge. Sowas verheißt ja meist nichts Gutes. Tut es auch hier nicht. Allerdings kommt es nicht zum Supergau (Absage der Show). Ein Mitglied der Live-Band musste die Tour aufgrund eines familiären Notfalls verlassen; ansonsten wird aber alles nach Plan laufen. Also erstmal Erleichterung, auch wenn man natürlich hofft, dass es sich um keinen allzu schlimmen Vorfall handelt. Dann kann es mit der Show ja auch schon direkt losgehen.
Jetzt noch zu glauben, der Laden könne sich noch füllen, ist pures Wunschdenken. Es bleibt bei geschätzt 800 bis 1000 Besuchern. Das tut der Stimmung aber wirklich keinen Abbruch. Dieser Teil des Abends geht – wie könnte es anders sein – mit „Roots Bloody Roots“ los, und sobald die Gebrüder CAVALERA loslegen, bebt buchstäblich der Boden. Die Hütte wackelt auch nicht nur bei diesem ersten Song, sondern ab jetzt fast durchgehend für den Rest des Sets. Der Bühnenbereich verwandelt sich in eine Tanzfläche, denn gespielt wird natürlich das „Roots“-Album, dessen Groove zum ausgelassenen Abgehen einlädt. Bei „Attitude“ werden die Schlüsselzeilen „Can You Take It“ und „I Won’t Take It“ dann euphorisch mitgebrüllt.
So spielen sich die CAVALERAS durch das komplette Album. Wirklich vorhersehbar wird das Set dadurch aber nicht, denn stilistisch sorgen sie dabei für Abwechslung. Als Intermezzo gibt es ausgiebiges Ethno-Getrommel, für das ein Gast-Trommler auf die Bühne gebeten wird und das phasenweise fast an das Musical „Stomp“ erinnert. Mit „We’re done with the tribal shit“ kündigt Max Cavalera dann den nächsten Teil des Sets an, der aus „fast hard thrash speed fuck you metal“ bestehen soll. Und in der Tat, der Groove wird nun zurückgelassen und es geht mit auf-die-Fresse-Thrash weiter. Der Circle Pit nimmt dazu nochmal an Fahrt auf, es wird als kleiner Ausflug „The Ace Of Spades“ von MOTÖRHEAD gespielt, und zu guter Letzt gibt es nochmal „Roots Bloody Roots“, allerdings in einer Thrash- statt Groove-Version.
Kaum legen die Brüder die Instrumente nieder, fängt die Menge auch schon an, in Scharen Richtung Ausgang zu strömen. Eine Zugabe gibt es aber sowieso nicht mehr und der MTV Headbangers Ball hat damit sein Ende gefunden. Die, die nun noch ihr Bier austrinken möchten, können also meditativ beim sofort einsetzenden Abbau zuschauen.
Galerie mit 22 Bildern: Max & Iggor Cavalera Return To Roots - MTV Headbangers Ball 2017 in BerlinInteressante Alben finden
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