Metallica
M72 World Tour
Konzertbericht
METALLICA kommen 2023 nach Deutschland für genau zwei Stadionshows der M72 World Tour, welche mit unterschiedlichen Sets und Vorband angekündigt wurden. Am Freitag waren MAMMOTH WHV und ARCHITECTS auf der Bühne zu sehen, bevor METALLICA 16 Songs in circa zwei Stunden präsentierte.
Am heutigen Sonntag sind EPICA und ICE NINE KILLS die Supportbands. Hamburg ist am Pfingstwochenende eine überbuchte Stadt. Seit Donnerstag sind bereits viele METALLICA-Fans im Stadtbild auszumachen. Ein temporärer Fanshop unweit der Markthalle ist ein Anlaufpunkt für die Fans. Dazu gesellen sich diverse weitere Konzerte, zum Beispiel im Stadtpark, und die beiden lokalen Fußballvereine sind ebenfalls aktiv.
Die M72 World Tour sorgt für eine überfüllte Stadt
Bereits am frühen Nachmittag pilgern viele Fans in Richtung Stadtteil Stellingen zum Stadion. Dort sind diverse Buden außerhalb des Geländes aufgebaut, inklusive Merch-Stand, wo diverse nützliche oder weniger nützliche Dinge erworben werden können. 35 € werden für ein T-Shirt aufgerufen, was preislich für eine Band der Größe von METALLICA fast noch im Rahmen ist.
Eine besondere Konstellation bietet sich für die Anhängerschaft des Hamburger SV. Ihr Verein spielt auswärts, kann aber eventuell den Aufstieg schaffen. Einer möglichen Feier im oder am Stadion steht METALLICA im Weg, welche das Stadion heute nutzen. Das Gerücht, dass Hetfield und Co. bei erfolgreichem Verlauf „Hamburg Meine Perle“ zelebrieren, zerstreut sich spätestens nach den Endergebnissen. So können sich alle Menschen auf die musikalische Darbietung der ICE NINE KILLS konzentrieren, welche pünktlich um 18 Uhr auf der Bühne stehen.
Wie passen ICE NINE KILLS zu METALLICA?
Galerie mit 20 Bildern: Ice Nine Kills - M72 World Tour 2023 in HamburgDie Frage dürften sich viele Fans gestellt haben, als das Billing für die M72 World Tour bekanntgegeben wurde. Es scheint, als wolle das Management von METALLICA sich keine Konkurrenz schaffen. ICE NINE KILLS stehen für Modern und Alternative Metal und dürften mit einer Band, wie zum Beispiel PARKWAY DRIVE, besser harmonieren.
Die Bühne im Stadion ist eine Rundbühne, welche acht Masten mit überdimensionierten Leinwänden bietet. Zwei Drums stehen auf der Bühne, als die Musiker von ICE NINE KILLS die Rundbühne betreten. Circa 30 Minuten hat die Band für ihren Auftritt und liefert sieben Songs, ausschließlich mit Material von den Werken „Welcome To Horrorwood: The Silver Scream 2“ und „The Silver Scream“. Der Grund dürfte in der Neuausrichtung der Band liegen. Nur noch Sänger Spencer Charnas hat die frühe Zeit von ICE NINE KILLS erlebt. Es gibt Metalcore mit diversen Gimmicks wie das Köpfen einer Trump-Imitation. Mit einem Hackebeil oder einer speziellen Greifhand läuft Sänger Charnas ständig über die Bühne. Eine als Horror-Hexe verkleidete Dame springt ebenfalls umher und die Musiker bewegen sich auf dem Rundlauf, sodass jede Seite im Stadion die Möglichkeit bekommt, die Band genauer in Augenschein zu nehmen.
Das Metalcore die gesetzte Generation METALLICA-Fans nicht abholt, war vor dem Gig bereits klar. Showtechnisch haben die im Anzug auflaufenden Musiker einiges zu bieten und dürften für die junge Generation ein mehr als ansprechender Act sein.
Symphonischer Stahl und METALLICA – geht das besser?
Galerie mit 32 Bildern: Epica - M72 World Tour 2023 in HamburgEPICA sind für FIVE FINGER DEATH PUNCH kurzfristig ins Billing gerutscht. Nach dem Auftritt in Paris steht heute Hamburg auf dem Zettel. Das ICE NINE KILLS-Drumset ist verschwunden, dafür gibt es ein Keyboard. Gegen 18.50 Uhr geht es bereits weiter und Simone Simons und ihre Mitstreiter entern die Bühne. Es scheint, als wenn EPICA auf der riesigen Bühne versinken. Keyboarder Coen Janssen hat genauso wie Drummer Ariën van Weesenbeek und Mark Jansen, der den gutturalen Gesang und Saitenarbeit zum Gig beiträgt, eine feste Position. Simons dreht munter ihre Runden und animiert das Publikum. Der Sound ist für symphonische Töne okay, dann und wann aber breiig bezüglich der Instrumente und Orchestrierung. Der Gesang passt besser und kommt gut rüber. In der knappen Stunde Spielzeit liefern EPICA mehr oder weniger ein Best-Of-Set, wobei das 2021er Werk „Omega“ drei Nummern beiträgt. Die Hits wie „Beyond The Matrix“ und „Consign To Oblivion“ werden ans Ende des Sets gelegt und Simons animiert das Publikum zum Springen und Mitmachen. Keyboarder Janssen nutzt ab und wann ein mobiles Keyboard und turnt gemeinsam mit Simons über den Rundlauf. Nebenbei zeigt Simons ihre hervorragenden deutschen Sprachkenntnisse, was beim eher internationalen Publikum für Verwirrung sorgt.
Musikalisch sind EPICA vielschichtig und für eine Symphonic-Metal-Band mit den verschiedenen Gesangsparts anspruchsvoll. Was im Gegensatz zu ICE NINE KILLS fehlt, das sind Showelemente und Gimmicks. Die gesetzte Generation kommt mit EPICA besser zurecht als mit Metalcore, aber eine Konkurrenz für den Headliner sind EPICA ebenfalls nicht.
“It’s A Long Way To The Top” – METALLICA starten auf den Spuren von AC/DC
Galerie mit 32 Bildern: Metallica - M72 World Tour 2023 in HamburgWer sich im Vorfeld mit den Sets der bisherigen M72 World Tour beschäftigt hat, der weiß was die Glocke geschlagen hat, wenn der AC/DC-Klassiker “It’s A Long Way To The Top” aus den Boxen dröhnt. Das dieser Track für METALLICA eine größere Bewandtnis hat, liegt an der ersten großen Stadion-Tour 1991. Da waren METALLICA gemeinsam mit AC/DC unterwegs, wobei AC/DC mit ihrem Werk „The Razors Edge“ die Poolposition innehatte.
Nach einem weiteren Intro von ENNIO MORRICONE tauchen die vier Herren an vier verschiedenen Stellen der Bühne auf. Dazu läuten die Glocken auf den Videowänden. Nein, es ertönt natürlich nicht „Hells Bells“, sondern „For Whom The Bell Tolls“, ein Klassiker, der auf der „Ride The Lightning“ zu finden ist. Das Publikum steht komplett und der Refrain wird intensiv mitgegrölt. Der Titeltrack „Ride The Lightning“ setzt noch einen drauf und spätestens jetzt kreisen die Matten und ein erster Moshpit ist vor der Bühne auszumachen.
Die Videowände zeigen sowohl Animationen wie auch die vier Musiker. Die Kameras direkt an der Bühne sind von der Steuerung eher suboptimal. Es gibt mal den Arm von Robert Trujillo oder den Gitarrenhals von Kirk Hammett zu sehen. Oftmals werden jeweils zwei der acht Videowände mit jeweils einem Musiker bestückt, sodass theoretisch jeder der Herren gut in Szene gesetzt wird. Auf der anderen Seite lassen sich die Musiker auf der Bühne durch das Videogewitter teilweise schwer verfolgen.
Das schwarze Album wird mit „Through The Never“ ebenfalls bereits früh berücksichtigt. „Lux Æterna“ und „Screaming Suicide“ sind der Doppelpack aus dem neuen Album „72 Seasons“, „Fade To Black“ einer der Oldies überhaupt. Der Song kommt im 2023er Gewand aber nicht so rüber wie auf der Platte von 1984, trotzdem ein Highlight für Fans der frühen METALLICA-Werke.
Soundtechnisch ist der Auftritt ein sehr unterschiedliches Vergnügen. Die mit Technik vollgestopfte Bühne, wo das Drumset von Lars Ulrich viermal an vier verschiedenen Stellen aus dem Boden hochgefahren wird, hat dann und wann ihre Probleme. So fallen mal Instrumente aus („Orion“, „The Day That Never Comes“), auch der Gesang von Hetfield verschwindet gelegentlich beim Wechsel der Positionen („Master Of Puppets“, „Fade To Black“). Weiterhin stehen die vier Musiker selten gemeinsam an einer Stelle. In der Regel sind die Herren auf die vier verschiedene Himmelsrichtung verteilt. Das ist vom Anblick gewöhnungsbedürftig und das Feeling eine Band zu sehen, stellt sich beim Blick auf die Bühne nicht immer ein.
Das große Schunkeln und Mitsingen gibt es heute ebenfalls, da „Nothing Else Matters“ im Set berücksichtigt wird. Die Handys leuchten und sorgen für eine entsprechende Atmosphäre in der Hamburger Abenddämmerung. „Sad But True“ holt anschließend die Menschen ab, welche nicht auf Schunkelsongs stehen. Die hohe Mitmachquote im Publikum zeigt, dass METALLICA und das schwarze Album weit mehr als „Enter Sandman“ und „Nothing Else Matters“ ist.
Nach “The Day That Never Comes” gibt es nochmal richtig aufs Geweih mit „Blackened“ von der „…And Justice for All“. Mit „Fuel“ geht es auf die Zielgerade und erstmals wird Pyrotechnik in Form von Flammensäulen am heutigen Abend auf der Bühne eingesetzt. In Kombination mit der Videoanimation und der Lightshow ist das Blitzen und Blinken auf und über der Bühne eine Reizüberflutung. Die eigentlichen Protagonisten gehen dabei unter. Die Ankündigung von „Seek & Destroy“ durch Hetfield sorgt vor dem ersten Ton bereits für Jubel. Die Nummer geht entsprechend ab und wird mit diversen kleinen Moshpits und einem lauten Chor gefeiert. Mit „Master Of Puppets“ geht die Show zu Ende.
Die vier Herren verabschieden sich einzeln vom Publikum, was wohl ebenfalls Seltenheitswert hat. Es fliegen Drumsticks und Plektrums in größeren Mengen ins Publikum, bevor gegen kurz vor 23 Uhr der Konzertabend endet.
Was bleibt von der M72 World Tour?
Starten wir mit einer hypothetischen Frage: Würde es Wacken oder das Hellfest in der heutigen Form ohne METALLICA geben? Der Einfluss von METALLICA auf die Entwicklung des Metalzirkus ist nicht von der Hand zu weisen und circa 100.000 Menschen an zwei Konzertabenden in Hamburg zeigen diesen Sachverhalt überdeutlich. Natürlich klingt die Band nicht mehr so, wie die Herren vor circa 40 Jahren geklungen haben. Der Räudigkeit der Anfänge ist durch Technik und filigranes Bedienen der Instrumente ersetzt worden. METALLICA ist heute eine weltweite Marke und wahrscheinlich nach wie vor die Metal-Band mit der größten Anziehungskraft. Ob die neueren Werke wie „72 Seasons“ Relevanz haben, liegt im Auge des jeweiligen Musikfans. Für Gesprächsstoff sorgt nach wie vor jede Veröffentlichung von METALLICA, genauso wie jeder Auftritt der Herren auf den Bühnen dieser Welt. Eine Frage bleibt jedoch noch offen: Wann spielen METALLICA auf dem Wacken Open Air?
Setlist METALLICA:
- For Whom The Bell Tolls
- Ride The Lightning
- Through The Never
- King Nothing
- Lux Æterna
- Screaming Suicide
- Fade To Black
- Sleepwalk My Life Away
- Orion
- Nothing Else Matters
- Sad But True
- The Day That Never Comes
- Blackened
- Fuel
- Seek & Destroy
- Master Of Puppets
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