Metalcamp
Bericht vom Metalcamp 2010 mit u.a. Obituary, Six Feet Under, Dark Tranquillity, Immortal, Finntroll, Cannibal Corpse, Paradise Lost, Sabaton
Konzertbericht
Nun gut, soviel zu Basisdaten und Rahmenbedingungen, die nicht nur beim Ottonormalheadbanger einen bleibenden Eindruck zu hinterlassen wussten. Selbst die musikalischen Protagonisten zeigten sich begeistert. So behauptete beispielsweise ein gewisser Bobby „Blitz“ Ellsworth – seines Zeichens Frontmann der Kapelle OVERKILL – gar, noch niemals in einer solch atemberaubenden Landschaft gespielt haben zu dürfen. Musikalische Protagonisten? Stimmt… waren sie es nicht, warum dieses ganze Spektakel letzten Endes stattfand? Durchaus, durchaus! Trotz der mannigfaltigen Möglichkeiten außermusikalischer Zerstreuung sollte sich das Line-Up letzten Endes doch am tiefsten ins Langzeitgedächtnis fräsen. Bereits am ersten Festival-Tag wurde das werte Publikum mit DORNENREICH, CROWBAR, NEVERMORE, SIX FEET UNDER oder CANNIBAL CORPSE fast skalpiert. Für den Höhepunkt des Abends sorgten jedoch die Herren von SOULFLY. Die Band um Max Cavalera wusste den Headliner-Posten perfekt auzufüllen – kein SOULFLY-Klassiker fehlte im Set und die Nostalgiker sollten ebenfalls auf ihre Kosten kommen: „Territory“, „Roots“, „Arise“ und „Refuse/Resist“… Max Cavalera unterstrich, dass er noch immer der SEPULTURA-Frontmann (der Herzen) ist.
So wurde es zumindest berichtet – denn nicht jeder hatte das Privileg inne, eine ganze Woche vor Ort die slowenische Gastfreundschaft mit brachialer Trommelfellrasur inklusive genießen zu dürfen. So beschränkte sich der Besuch für den einen oder anderen lediglich auf das Wochenende – so auch für mich. All die schönen Vertreter ihrer Zunft – BEHEMOTH, OBITUARY, PARADISE LOST, HAMMERFALL oder die Punk-Veteranen von THE EXPLOITED… verpasst aufgrund suboptimaler Urlaubsplanung. Nun gut, schnell in den irischen Billigflieger nach Venedig und von dort weiter auf Schienen mit Trenitalia – selbst ein zweitägiger Schnupperkurs hätte für ein Kurzweilkonzentrat sorgen können. Hätte… denn die italienischen Eisenbahner gedachten natürlich gerade an diesem Tag zu streiken und per Anhalter nach Slowenien, das kann dauern… OK, dann halt nur der Samstag. Dort angekommen merkte man, dass Bands und Sonne bereits seit Tagen unbarmherzig die „paradiesische Hölle“ aufgeheizt hatten. Glücklich waren diejenigen, die noch einen Zeltplatz im schattigen Unterholz ergattern konnten, der Rest war wahrlich nicht zu beneiden.
Entsprechend sichtbar waren die physischen Verschleißerscheinungen seitens der Metalcamper, die bereits vier Tage in den, zum Teil nicht mehr ganz so metallischen, Knochen hatten. So verwunderte es noch nicht einmal, dass einige einfallsreiche Besucher ihr Schlauchboot (ja, es gab Schlauchboote auf dem Gelände und man konnte sie dort sogar gut gebrauchen!) mit letzter Kraft vom Strand vor die Bühne schleppten und kurzerhand zum Sofa umfunktionierten. Von dort wurden sie dann Zeuge des Auftritts von HEIDEVOLK. Beim Odin… die Niederländer schenkten mit ihrem Mittelalter-Folk-Metal am letzten Tag noch einmal ein ordentliches Horn bleischweren Ohrenmets ein! Obwohl nicht mehr ganz so aktiv, zeigte sich das Publikum durchaus begeistert. Es galt schließlich, mit den verbliebenen Reserven zu haushalten. Auf der Zielgeraden, da konnte und wollte man sich keine Aussetzer mehr erlauben.
Auftritt EXODUS: Während die Big Four des Thrash Metals kurz zuvor auf den ganz großen Bühnen des ehemaligen Ostblocks für Angst und Schrecken sorgten, nutze der „inoffizielle Fünfte“ das Metalcamp, sich im verhältnismäßig familiären Rahmen zu präsentieren. Eine prominent besetzte Familie war das, denn kein geringerer als Sam Dunn wohnte am Bühnenrand dem Stelldichein der Bay-Area-Thrash-Urgesteine bei. Der Regisseur von „Metal – A Headbangers Journey“ und „Global Metal“ war im Zuge von Dreharbeiten für den US-Sender VH1 ins slowenische Tolmin gepilgert. Die brütende Hitze schien den fünf Kaliforniern derweil nichts auszumachen. Im Gegenteil – Fronter Rob Dukes legte so manchen Kilometer auf den Brettern zurück und seine Kollegen, allen voran Gary Holt an der Flying V, legten eine Spielfreude an den Tag, dass dem Bay-Area-Nostalgiker das Herz aufging. Gut, der Gesang Dukes erinnert nicht wirklich an seine beiden legendären Vorgänger, aber genau das wirkte auch erfrischend. Die Songs der beiden letzten Longplayer „The Atrocity Exhibition – Exhibit A“ und „Exhibit B – The Human Condition“ schafften es zahlreich auf die Setlist und fügten sich nahtlos in das Repertoire an Genre-Klassikern wie „Fabulous Disaster“ und „Bonded By Blood“ und natürlich „The Toxic Waltz“ ein… Alles in allem ein durchweg gelungener Auftritt, welcher auch die ersten Zuschauerreihen wieder extrovertierter frohlocken ließ.
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