Metalcamp
Bericht vom Metalcamp 2008 mit u.a. Subway To Sally, Six Feet Under, Opeth, Morbid Angel, In Flames, Heaven Shall Burn, Behemoth, Arch Enemy
Konzertbericht
Freitag 04.07.08
ARTAS
Pünktlich, Freitag 16 Uhr, begann mit ARTAS noch von vielen unbemerkt der Übergang in die Sphären des Live-Metals. Hingen die meisten wohl noch der Sonnenanbetung am Flussufer – oder Hitzeflucht in selbigen – nach, konnte sich die vor der Bühne versammelte kleine Menge schon einmal durch österreichischen Metal, aufgelockert durch ein Cover des Coolio-Songs „Gangsters Paradise“, auf die folgenden Tage einstimmen lassen. Ihren dreißigminütigen Auftritt wollten ARTAS mit „Viva Bastardo“ beenden, verspielten sich jedoch zunächst. Was man ihnen gerne verzieh, denn in dieser Hitze, noch dazu in der prallen Sonne stehend zu spielen ist sicher kein Vergnügen. Mit einem entschuldigenden ’sorry, next try‘ ging es noch einmal von vorne los und das Publikum, das den Refrain ‚Viva Bastardo‘ nun ohne Probleme mitzugrölen verstand, konnte die Band aus vollem Halse unterstützen.
PENITENZIAGITE
Auch das Publikum, das es sich zu PENITENZIAGITE auf der Wiese gemütlich zu machen verstand, war noch eher bescheiden zu nennen, was sich auch bei OCTOBER FILE nicht änderte. Dafür wurde schon während der ersten drei Bands an diesem ersten Festivaltag klar, dass die Metalferien durch Abwechslung geprägt sein werden. So handelte es sich bei der zweiten Band des Tages um die Slowenen PENITENZIAGITE, die ihren Auftritt durch ein angenehmes Intro einleiteten und das Publikum für die folgende halbe Stunde mit ihrem schön abgestimmten, akkuraten Black/Death-Metal beglückten.
OCTOBER FILE
Der Wechsel zu dem treibenden, schnelleren Hardcore/Punk der britischen OCTOBER FILE, die um 17:30 Uhr die Bühne zu ihrem Revier machten, war denn auch sehr auffällig. Aber selbst sie schafften es noch nicht, die anwesenden Metalfans zu ausgiebiger körperlicher Betätigung zu animieren und sehnten sich selbst vielleicht auch nach einem Abstecher in den kalten Fluss.
Irritiert von dem spärlichen Publikum, das sich vor der Hauptbühne die Sonne auf den Bauch brennen lies, begaben wir uns auf die Suche nach den tausenden Matalfans, die sich ja irgendwo auf dem Gelände verstecken mussten.
Ein Blick zur Nebenbühne offenbarte auch bei SERTYCON – die zumindest schon auf einen Circlepit blicken konnten – und DEVASTATING ENEMY nicht das Geheimnis der fehlenden Menschenmassen, die selbst den Strand spärlicher bevölkerten als noch vor Beginn der ersten Bands. Da auch der Markt nicht aus allen Nähten platzte, begaben wir uns ohne eine Lösung für das Menschenrätsel gefunden zu haben zurück zur Hauptbühne und erlebten nun doch eine Überraschung.
WINTERSUN
Kaum hatten OCTOBER FILE die Hauptbühne verlassen begannen schon Sprechchöre für WINTERSUN, die die Menschen aus ihren verborgenen Schlupfwinkeln hinaus und vor die Bühne lockten. Mit im Gepäck hatten die sympathischen Finnen offenkundig einen lauten Fanclub, der bereits beim Soundcheck seine Jubelperserpflichten erfüllte.
Epischer Melodic-Death-Metal erfüllte von 18:30 an eine Stunde lang die Ohren und Gelenke der pogenden, headbangenden Menge, deren Stimmung sich bei Songs wie „Beyond The Dark Sun“, „Sleeping Stars“, „Death And The Healing“ und „Beautiful Death“ immer weiter bis zum „Starchild“ steigerte und trotz beginnenden Regens nicht abzuflauen begann.
SIX FEET UNDER
Um 19:45 nahmen SIX FEET UNDER die Bühne in Besitz. Auch wenn das Publikum im Vergleich zu WINTERSUN wieder überschaubar war, erwachten doch die ersten Crowdsurfer, neben fliegenden Bierbechern und rosa Klopapierrollen, zum Leben. Was auch durch die Luft flog oder eher geschleudert wurde waren die Dreads des Sängers Chris Barnes, dessen Stimme mal tief, mal trillerpfeifenähnlich, eingebettet in den ganz eigenen SIX FEET UNDER-Metal, die Zuhörer zu begeistern wusste.
„Beneath A Black Sky“ stieß, auch wenn der Himmel sich den erforderten Farben noch länger nicht anpassen wollte, auf begeisterte Fans, ebenso „Revenge Of The Zombie“ und „War is Coming“. Das seit WINTERSUN durchaus willige Publikum verleitete Chris dann auch zu einem ‚you are fucking amazing‘ und man konnte davon ausgehen, dass der Metalurlaub nun voll im Gange war.
CARCASS
CARCASS, eine Band, die in dieser Gegend das letzte Mal gespielt hat als, wie Bill Steer meinte, das Land noch Jugoslawien hieß, hatte ein riesiges Banner mit im Gepäck. Medizinische Instrumente bildeten somit den Hintergrund, den Songs wie „Corporal Jigsore Quandary“ und „Embodiment“ auszufüllen verstanden.
Ohne großen Bezug zu CARCASS gelang mir allerdings auch live der Zugang zu dieser Band, die doch ihre Fans mitzureißen verstand, nicht. Was die Band an Stimmung vermissen ließ, machte jedoch das Wetter wieder wett, denn zum Metalgewitter gesellten sich Blitz und Regen, die eine geniale Stimmung erzeugten und somit „No Love Lost“ und „Keep On Rotting In The Free World“ eine zusätzliche Note verliehen.
IN FLAMES
Definitiv der Hauptact und Höhepunkt des ersten Abends waren IN FLAMES, die von 22:45 bis 0:15 die Bühne mit Metal und Feuer zu beleben verstanden. Der Name ist Programm und so zierten sich die fünf Schweden nicht, die Nacht durch eine riesige Pyroshow, sehr zur Freude ihrer Fans, jedoch auch sehr zum Ärger der Techniker, wieder zum Tag zu machen. Dazu gleich noch mehr.
Eine auf die Bühne geworfene Unterhose zeigte schon zu Beginn des Konzertes, dass es hier wahre IN FLAMES-Fans geben musste. Sänger Anders Fridén jedoch schien durch das das rot-weiße Wäschestück eher verwirrt und fragte lieber erst einmal nach, ob diese einem Mann oder einer Frau gehöre.
Sowohl ältere Songs wie „Graveland“, „Ordinary Story“ oder „Colony“, als auch neuere („Only For The Weak“, „Take This Life“) waren in diesem abwechslungsreichen Programm neben Liedern ihrer neusten Platte von 2008, „A Sense Of Purpose“, vertreten. Abwechslungsreich darf auch ihre Pyroshow genannt werden, denn Feuerbälle, -fontänen sowie an dem Seitengestänge der Bühne angebrachte kleine Feuerwerkskörper verleiteten das dicht gedrängte Publikum zu immer neuen Begeisterungsrufen. Sänger Anders bedankte sich dafür mit den Worten: „Sie nennen das Festival ‚Hell over Paradise‘. Also, wenn das hier (auf die Bühne deutend) die Hölle ist, dann ist das (Publikum) das Paradies. Ihr seid das Paradies für uns.“
Passend zur Ankündigung ihres Songs „Delight And Angers“, das – laut Anders Aussage – den Höhen und Tiefen, den guten wie schlechten Momenten des Lebens und somit dem Leben selbst Ausdruck geben solle, erreichte hier die (Feuer-)Show einen vorläufigen Höhe- und Endpunkt. Anscheinend war die PA-Anlage den IN FLAMES-Anforderungen nicht gewachsen und quittierte kurzzeitig ihren Dienst. Da dies passend zur lautstarken Pyroshow geschah, dauerte es einen Moment bis der Streik bemerkt wurde. Während in den hinteren Reihen sicherlich sofort auffiel, dass hier was nicht stimmte, vernahm man in den ersten Reihen die Musik zunächst erstaunlich leise und konnte dann beobachten, wie die Musiker langsam registrierten, dass sie hauptsächlich für sich selbst spielten. Die Band nahm das Ganze mit einem humorvollen „und sie sagen wir wären nicht heavy“ und wartete zusammen mit dem Publikum darauf, dass die alles andere als begeisterten Techniker die Anlage wieder zum laufen brachten. Nach ca. zehn Minuten war das Problem behoben und der Song konnte von vorne – mit Feuer – begonnen werden.
Auch IN FLAMES blieben nicht von einem leichten Gewitter verschont, das allerdings hervorragend zur Atmosphäre beitrug. Abschließend spielten sie „My Sweet Shadow“, das mit einem fulminanten Feuerwerk samt über das Publikum hereinbrechendem Regen aus Papierschnitzeln endete. Anders bedankte sich, dass trotz des Regens so viele Menschen versammelt waren und bis zum Ende geblieben sind, und bekundete: „Wenn wir morgen nicht in Deutschland spielen müssten, würden wir die ganze Nacht für Euch spielen. In Euren Zelten.“
IN EXTREMO
Die letzte Band der Hauptbühne am Freitag, die ebenso publikumsanziehende Kräfte offenbarte, war IN EXTREMO. Eine und eine viertel Stunde lang zogen sie ihre Fans in ein mittelalterliches Spektakel, das sich durchaus sehen lassen konnte. Harfe, Dudelsack, Drehleier und Schalmeien mischten sich hier harmonisch mit Bass, Gitarren und Drums zu folkloristischer Musik, die den Menschen von anno dazumal die Hüte vom Kopf geblasen hätte. Auf dem Metalcamp dagegen tanzten sich vor allem die weiblichen Fans bei „Poc Vocem“, „Horizont“, „Rasend Herz“ und manch anderem Lied, in Ekstase. Doch auch das letzte Einhorn ließ sich nicht lumpen, warf sich für seine Fans mehrere Male überraschend elegant auf die Knie und es darf fast schon als Wunder gelten, dass zumindest der weibliche Publikumsteil nicht angesichts seines hinreißenden Hüftschwungs reihenweise in Ohnmacht fiel.
Auch IN EXTREMO liebt das Spiel mit dem Feuer und so wurde die Bühne einmal mehr mit Flammen geschmückt. „Frei Zu Sein“ und „In Diesem Licht“, Songs ihrer neusten CD „Sängerkrieg“ – auch dieses Lied durfte selbstverständlich nicht fehlen – wurden durch aus dem Boden brechende Flammen eingehüllt und bereichert. Ein weiteres schönes Detail waren die bei „Vollmond“ auf den Harfenisten regnenden Blütenblätter. Schließlich wurde auch noch der seit Beginn des Konzertes geforderte „Spielmannsfluch“ über das Publikum ausgesprochen, so dass schließlich mehr die Fans als die Band zu hören waren.
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