Metal Frenzy Open Air 2022
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
11.06.2022
Der vierte und letzte Tag des Metal Frenzy Open Air 2022 startet nochmals früher als die drei Tage davor. Viele Menschen auf dem Festival sind noch nicht auf den Beinen, als um 12.20 Uhr mit SURGICAL STRIKE die erste Band auf die Bühne muss. Die hohen Temperaturen laden eher zum Verweilen im Schwimmbad ein, als in der Mittagssonne sich vor die Bühne zu begeben.
Der Thrash-Auftakt am Samstag: SURGICAL STRIKE
SURGICAL STRIKE kommen aus dem Großraum Hannover und hatten ihre ersten Gehversuche in den 90ern. Diese Gehversuche waren nicht von Erfolg gekrönt und andere Dinge rückten in den Lebensmittelpunkt. 2014 wurde die Band reanimiert und mit Sänger Jens Albert ist noch ein Zeitzeuge der frühen Jahre in der jetzigen Bandbesetzung zu finden. „Part Of A Sick World“ heißt das Release, welches die Herren Anfang 2020 veröffentlicht haben.
Das Infield ist sehr dünn besetzt, primär ist die Thrash-Fraktion der vergangenen Tage bereits auf den Beinen. Das Set konzentriert sich auf die Zeit nach der Reunion. Acht Tracks sind den Herren vergönnt, welche zwischen der 2016 EP „V-II-XII“ und dem 2020er Release aufgeteilt werden. Sänger Albert kommt mit einer gewissen Hardcore-Attitüde daher, sodass die Vocals nicht immer überzeugen kann.
CONTRADICTION zocken Old-School-Thrash
Zehn Minuten mehr für ihren Auftritt als SURGICAL STRIKE haben CONTRADICTION aus dem bergischen Land. Bereits seit Ende der 80er Jahre thrashen sich die Herren durch die Clubs und Festivals. Nur mit der Studioarbeit hat es die Truppe nicht so: „The Origin Of Violence“ wurde 2014 veröffentlicht. Seitdem herrscht Funkstille. In mehr als 30 Jahren Bandgeschichte stehen nur sieben Longplayer auf der Habenseite.
Was die Herren im Studio nicht verrichten, das wird auf der Bühne umgesetzt. Schnörkellos und old school thrashen CONTRADICTION die Bühne des Metal Frenzy Open Air 2022. Das Set startet mit zwei Tracks vom 2006er Werk „The Warchitect“, gefolgt von „The Age Of Aquarius“ und „Icurseuall“ vom 2014er Release. Der Titeltrack der 2009 LP “The Essence Of Anger“ ist ebenfalls im Set wie „The Voice Of Hatred“ aus dem Jahr 2005. Die Frühphase wird nicht ignoriert und „Old Demon“ ertönt bevor „Break The Oath“ den mehr als runden Gig abschließt. Wer auf Old-School-Thrash steht sollte die Band auf jeden Fall antesten.
GODSLAVE sind mehr als Thrash Metal
Bei Metal aus dem Saarland denken die meisten Menschen unweigerlich an die melodischen Power-Metaller POWERWOLF. Es gibt aber auch andere Musik aus dem Bundesland und vor allem eine Band, die über den Tellerrand schaut. GODSLAVE engagieren sich im Bezug auf die seelische Gesundheit der Mitmenschen und unterstützen die „Deutsche Depressionsliga“ sowie „Rocken Hilft“. In lausigen Zeiten mit Pandemie und Krieg in Europa mehr als nur ein Ausrufezeichen. Der aktuelle Longplayer erblickte vor fast genau einem Jahr das Licht der Welt. Sehr passend und als Wunschgedanke zum aktuellen Weltgeschehen nennt sich die Scheibe „Positive Aggressive“.
Für den heutigen Auftritt haben die Herren 50 Minuten. Die Bühne wird grün, das Markenzeichen von GODSLAVE, und mit grünen Luftschlangen und „From Driven“ vom aktuellen Werk geht es los. Leider ist der Sound alles andere als gut, Sänger Thomas Pickard ist kaum zu vernehmen und die Instrumente ein Brei. Der Sound verbessert sich während der Show, allerdings bleibt der Gesang zu leise und geht etwas unter.
Das Set ist ein Querschnitt der Schaffensphase des Quintetts und mit „Show Me Your Scars“ wird auch der Song herausgeholt, welche bezüglich seelischer und körperlicher Narben die Brücke zu den Charity-Aktionen baut. Set und Performance auf der Bühne passen inklusive grünen Konfetti-Regen, einzig der suboptimale Sound bezüglich der Vocals ist zu bemängeln.
SQUEALER ändern das Genre
Nach reichlich Thrash zum Anfang des Tages geht es zum klassischen Metal. Aus Hessen kommen SQUEALER. Die Band bewegt sich langsam in Richtung ihres 40. Bandgeburtstag. Die erste Scheibe veröffentlichten SQUEALER 1992 mit dem Namen „Make Your Day“. Aus dieser Zeit ist nur noch Lars Döring an der Gitarre mit dabei. Aber auch der von EDGUY bekannte Bassist Tobias Exxel war einige Jahre bei den Hessen aktiv. Der große Rückschlag, verbunden mit der kurzzeitigen Auflösung der Band, ereignete sich 2005. Sänger und Gründungsmitglied Andy „Henner“ Allendörfer verunglückte tödlich.
Zurück zur Neuzeit: während der Pandemie veröffentlichte der Fünfer „Insanity“. Die geplante Tour fand pandemiebedingt nicht statt. Die Herren haben 50 Minuten für ihren Auftritt und starten mit „Painful Lust“ und „Facing The Death“, welche bereits 20 Jahre auf dem Buckel haben. „Nowhere to Hide“ springt in die 90er Jahre, bevor „Into Flames“ vom aktuellen Longplayer erklingt. Zehn Tracks sind dem Quintett vergönnt. Die Herren zocken gekonnt und routiniert ihr Set. Ohne größere Showelemente steht die Musik zwischen klassischen Heavy Metal und Power Metal im Mittelpunkt.
BIZKIT PARK covern sich durch die Nu-Metal-Geschichte
Aus Belgien kommt die Nu-Metal-Tribute-Band BIZKIT PARK. Der Bandname sagt bereits aus, welche Coverversionen primär im Fokus stehen. Aber auch Songs von KORN oder PAPA ROACH werden dargeboten.
An Show und Sound gibt es wenig zu meckern und diverse Menschen erinnern sich an die Jahrtausendwende und den damaligen Hits. Bei Tracks wie „Last Resort“ oder „My Generation“ ist das Publikum auch 20 Jahre später zumindest beim Refrain noch textsicher. Die zwei verschiedenen Sänger ergänzen sich und tragen das entsprechende Outfit zur Musik. Ein netter, unterhaltsamer Farbtupfer am Nachmittag.
FINSTERFORST müssen Ausfall des Sängers verkraften
Im Vorfeld war der Name FINSTERFORST zu hören, wenn über Acts geredet wurde, welche die Besucherschaft auf jeden Fall sehen wollte. Kein Wunder, die Truppe aus dem Süden der Republik haben mit Scheiben wie „Mach Dich Frei“, „Rastlos“ oder „Zerfall“ einiges an Interesse geweckt.
Dass Covid nicht vorbei ist, wird an dem heutigen Auftritt der Herren aus dem Schwarzwald klar. Sänger Oliver Berlin ist kurzfristig krankheitsbedingt ausgefallen. Ein Ersatz wurde gefunden, welcher sich in der Kürze der Zeit unmöglich alle Texte aneignen konnte. So steht ein Notenständer auf der Bühne, wo die Liedtexte abgelesen werden können. Ein Teil der Vocals kommt jedoch vom Band. Ein weiteres Problem: auch der Keyboarder Sebastian „AlleyJazz“ Scherrer ist heute nicht dabei und muss ebenfalls als Sample eingespielt werden.
Dass es unter den genannten Bedingungen schwierig ist, eine vernünftige Performance auf die Bühne zu bringen, dürfte jedem Menschen klar sein. Die Herren geben ihr Bestes, und Songs wie „Mach Dich Frei“, „Wut“ oder „Zerfall“ werden durchaus brauchbar auf die Bühne gebracht. Der letzte Kick will jedoch wegen der Ungereimtheiten und Samples nicht rüberkommen. Das klingt nach Kritik, was es am Ende aber nicht sein soll. Die Alternative wäre die Absage des Slots. Dass eine kurzfristige Umbesetzung des Billings ebenfalls nur bedingt möglich ist, zeigte sich bereit einen Tag vorher bei FLOTSAM AND JETSAM.
GRAILKNIGHTS laden zur Aerobic-Stunde ein
Kontrastprogramm: von Folk Metal zur Unterhaltungsmusik des Tages. Die GRAILKNIGHTS aus dem Großraum Hannover existieren bereits seit 20 Jahren und konnten mit einem neuen Showkonzept in den vergangenen Jahren ihren Bekanntheitsgrad sukzessive steigern. Musikalisch sind die Tracks fast Nebensache. Der Fokus der Herren im Supermannoutfit liegt auf der Show und der Interaktion mit dem Publikum.
Bereits das Intro eröffnet wie zu einem Boxkampf von Henry Maske. In der einen Ecke Dr. Skull und in der anderen Ecke die Superhelden GRAILKNIGHTS aus Grailham-City, welche den heiligen Gral von Dr. Skull in den kommenden 60 Minuten zurückerobern werden.
Klingt das Ganze kitschig und bunt? Das soll es auch sein, fünf Herren in quietschend buntem Outfit toben über die Bühne zu Tracks wie „Powaa!!!“ oder „Muscle Bound For Glory“. Das Publikum wird aufgefordert die Muskeln zu zeigen und auch ein Aerobic-Intermezzo darf nicht fehlen. Der Boxkampf mit überdimensionierten Boxhandschuhen zwischen Dr. Skull und den Superhelden läutet das Ende des Auftritts ein. „Pumping Iron Power“ könnte kaum passender als Schlusswort sein.
Musikalisch liefert das Quintett keine hohe Kunst, jedoch eine hohe Form der Unterhaltung zwischen Power-Metal-Persiflage und musikalischem Theater. Das Infield ist rappelvoll und Aerobic oder Muskelspiele zwischen Band und Publikum sorgen für mächtig viel Spaß.
CREMATORY klingen nach Elektro-Metal
Auch am vierten Festivaltag gilt: nichts ist beständiger als der Genre-Wechsel. CREMATORY existieren seit den 90er Jahren und haben einige musikalische Richtungswechsel in ihrer Karriere hingelegt. Das 2020er Album „Unbroken“ verursachte beim Kollegen Rothe einen noch schlimmeren Tag, als er mit einem kräftigen Drücken in der Darmgegend gehabt hätte. Dagegen ist das vor wenigen Tagen veröffentlichte Release „Inglorious Darkness“ deutlich besser weggekommen.
Die Truppe entert die Bühne und vom ersten Takt drückt der wummernde Bass auf den Magen. Der Titeltrack des neuen Werks zum Start lässt die Gitarren in den Hintergrund treten, und der Fokus liegt auf den Vocals und dem Keyboard, immer unterlegt vom wummernden Bass. Die Darbietung erinnert an Elektro oder EBM. Vergleiche zu zum Beispiel VNV Nation drängen sich nahezu auf.
Dass sich an CREMATORY die Geister scheiden, ist nicht neu. Auf einem Festival, wo Gitarren lastige Musik im Fokus steht, wirken CREMATORY und ihr Gewummer deplatziert. Viele Menschen verlassen das Infield und wenden sich dem Grillgut oder Kaltgetränk zu, und von der Stimmung, welche die GRAILKNIGHTS vorher verbreiten konnten, sind CREMATORY meilenweit entfernt.
Das Metal Frenzy Open Air 2022 bewegt sich in Richtung Zielgerade mit MEGAHERZ
Wer ist der Pionier bezüglich Neuer Deutscher Härte? MEGAHERZ sind tatsächlich ein Jahr älter als RAMMSTEIN und feiern in einem Jahr ihren 30. Bandgeburtstag. Es hat sich über die Jahre viel geändert bei der Band aus Bayern und mit Corpsepaint im Gesicht agieren die Herren mittlerweile mehr im Dark Rock als im Genre Industrial oder Neue Deutsche Härte. Insgesamt haben MEGAHERZ bisher elf Studiowerke veröffentlicht. Das aktuelle Werk stammt aus dem Jahr 2018 und nennt sich „Komet“.
Das Quintett entert pünktlich die Bühne und startet passend mit „Vorhang Auf“. Die Gitarren kommen gut zum Vorschein und Sänger Alexander „Lex“ Wohnhaas tigert über die Bühne und ist gut bei Stimme. Mit „Jordan“ geht es in die 90er und der Scheibe „Kopfschuss“, gefolgt vom 2014er Titeltrack „Zombieland“. Megaherz spielen ein buntes Potpourri ihrer Schaffensphase ab 1998. Auf die Frühwerke „Wer Bist Du“ und „Herzwerk“ wird verzichtet. Bassist Werner „Wenz“ Weninger steht neben den Drums und greift in das Geschehen auf der Bühne quasi nicht ein. Die Show obliegt den Vocals und den beiden Gitarren. Insgesamt ein runder Auftritt der Band, wo die Bühnenaufteilung etwas seltsam anmutet.
Der Schlusspunkt: KORPIKLAANI
Das Tanzbein darf zum Ende des Festivals noch einmal geschwungen werden. Folk- bzw. Humppa-Metal steht auf dem Programm. Gestern noch in Spanien sind heute KORPIKLAANI in Gardelegen. Morgen früh geht es bereits weiter in Richtung Helsinki. Das Sextett steht gegen 23 Uhr auf der Bühne und mit „Verikoira“ vom aktuellen Release „Jylhä“ startet die Party. Nach „Niemi“ sorgt „Journey Man“ für reichlich Staub von Moshpit auf dem Infield. Dass der Opener eines Sets zur Soundfindung dient, ist nicht neu. Das klappt bei KORPIKLAANI nur bedingt. Die Vocals von Jonne Järvelä können sich nicht so richtig durchsetzen und sind über das gesamte Konzert zu leise.
Das tut der Feierei zu den Klängen des Sextetts keinen Abbruch. Spätestens mit den Gassenhauern „A Man With A Plan“, „Beer Beer“ und „Tequila“ werden die letzten Kräfte im Infield mobilisiert, und der Moshpit dreht sich. Nach 90 unterhaltsamen Minuten verklingen die letzten Live-Töne der 2022er Ausgabe auf dem Festivalgelände.
Wer noch weiter feiern möchte, wird auf der Aftershow-Party fündig, wo vor allem die Metal Frenzy Crew zu einer speziellen Songauswahl die Post abgehen lässt. Nach vier Tagen Festival sind die meisten Menschen müde und liegen bereits in den Zelten, bevor am Sonntag die Heimreise ansteht.
Vier angenehme Festivaltage sind vorbei. Kurze Wege, keine Festivalwährung und ein breit gefächertes kulinarisches Angebot. Konzerte mit Newcomern, angesagten Acts und Metal-Urgesteinen haben Spaß gemacht. Wer Appetit auf das Metal Frenzy Open Air 2023 bekommen hat, der sollte sich den folgenden Termin merken: 8. Juni bis 10. Juni 2023.
Weitere Bilder vom vierten Tag des Metal Frenzy Open Air 2022:
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