Megadeth
Sonisphere
Konzertbericht
Bei den diesjährigen Sonisphere-Festivals erstmals in der Geschichte zusammen in ihrem natürlichen Habitat gesichtet: ANTHRAX, MEGADETH, SLAYER und METALLICA!
Hach, was frohlocken sie alle, die zurückgekehrten WM-Touristen. Zwischen dem Stelldichein der Weltkickerelite mal eben auf Safari zu den Big Five… Zugegeben ein Programm, welches so manch heimgebliebenen fußballinteressierten Hobbyzoologen die Neidesblässe ins Gesicht treibt. Doch in den meisten Fällen beschränkt sich das tierische Spektakulum auf gähnende Löwen, die im Savannengras vor sich hin vegetieren und die extrem weit entfernten Büffelherden noch nicht einmal wahrnehmen. Währenddessen führen Elefant und Nashorn eine recht träge Koexistenz am Wasserloch und vom nachtaktiven Leopard fehlt (mal wieder) jede Spur, so dass es am Ende doch nur die Big Four sind… schon toll, aber auch nicht zu toll! Vor allem, da diese auch jüngst in hiesigen Breitengraden zu bewundern waren!
Gut, das Großwildjägerherz schlug dabei nicht unbedingt schneller, den Puls der Freunde gepflegt-zorniger Stromgitarrenunterhaltung wusste der Sonisphere-Wander-Safaripark jedoch in herrlich kritische Höhen zu versetzen. Die Großen Vier, dabei handelte es sich in diesem Falle um ein Rudel Knüppelkapazunder, welche in den frühen 80ern ausgezogen waren, mit bis dato noch nicht erreichter Härte den seinerzeit die Szene dominierenden L.A.-Hardrockkapellen und androgynen Hairmetal-Formationen das Fürchten zu lehren. Mit Erfolg – denn heute, fast drei Dekaden später, rufen sich WINGER, POISON & Co. allerhöchstens noch durch MTV-Dokusoup-Schmonzetten wie „Rock of Love“ ins Gedächtnis ihrer ehemaligen Rezipienten zurück und hinterlassen einen alles in allem eher traurigen Eindruck. Unterdessen traten ANTHRAX, MEGADETH, SLAYER und allen voran das Flaggschiff METALLICA ihren globalen Siegeszug an und sorgten dafür, dass sich das musikalische Subgenre Thrash-Metal in die Gehörgängen einer immer größer werdenden Fangemeinde schweißte. Besonders im Ostblock war man empfänglich, für den Krach vom Klassenfeind jenseits des eisernen Vorhangs… aber dazu später mehr.
Kämpfte man zunächst noch Rücken an Rücken gegen die Invasion der Poserbands, welche mit dem gezielten Einsatz von Haarspray, Lipgloss und Eyeliner die musikalische Weltherrschaft an sich zu reißen versuchten, zerschlug sich die Allianz alsbald und ein – zugegeben recht unterhaltsamer – Grabenkrieg entzweite bis auf Weiteres die Lager. (Mega)Dave Mustaine ließ nach seinem Rausschmiss bei METALLICA kein gutes Haar mehr an seinen alten Kollegen und SLAYERs Dave Lombardo – nicht ganz zu unrecht – keine Gelegenheit aus, das schlagzeugerische Talent eines Lars Ulrich in Frage zu stellen. Spätestens mit dem Black Album gerieten METALLICA dann gänzlich in den Bannstrahl ihrer einstigen Mitstreiter. Kommerz, Ausverkauf und Verrat an der Sache wurde ihnen – ebenfalls nicht ganz zu unrecht – vorgeworfen. Anfeindungen, die sich Hetfield & Co. derweil jedoch mit vordersten Chartplatzierungen und fetten Bankkonten mehr als versüßen konnten. Einen gesunden Abstand zu den Reibereien an der Westküste hielten ANTHRAX. Sowieso, die New Yorker passten von Anfang an mit ihren bunten Outfits und lebensbejahenden Lyrics nicht so ganz in den bösen Schwermetallanzug.
Dass diese vier Alphatiere der Metalfauna eines Tages mal zusammen in ihrem natürlichen Habitat und auf einer Bühne die temporäre Apokalypse herbeibrüllen würden, schien lange Zeit so weit hergeholt wie Mario Gomez als Anwärter auf die WM-Torjägerkanone! Während der schöne Mario nach Herzenslust jeden ihm kredenzten Zuckerpass verstolperte, hatte man sich im Thrash-Lager dagegen wieder lieb und die Brutalo-Version eines Familienausfluges der Waltons nahm Gestalt an. Zunächst brodelte es kräftig in der Gerüchteküche: Tun sie’s oder tun sie’s nicht? Ja, man könne sich dies durchaus vorstellen, hieß es zunächst, doch postwendend folgten wieder Dementis. Schlussendlich sollte die Thrash-Metal-Lokomotive mit all ihren Waggons böse schnaufend auf ihrem Weg direkt aus der Hölle leibhaftig in der Alten Welt Halt machen – das zwar nicht an 666, aber immerhin doch sieben Bahnhöfen. Eigentlich eher Flughäfen wie beispielsweise auf den alten Militärbasen in Warschau und im tschechischen Milovice, rund 50 Kilometer vor den Toren Prags. Dort war man an Krach bereits gewöhnt, dröhnten einst die MIG-Turbinen und stimmten das Lied des Kalten Krieges an, klang der Sommer 2010 zwar nicht minder bedrohlich, das Treiben auf und zwischen den alten Rollfeldern und Landebahnen war dafür jedoch umso friedlicher. Das Publikum war international, Metalheads aus ganz Europa schlugen erfreut Purzelbaum, Zeitzeuge eines solch geschichtsträchtigen Ereignisses werden zu dürfen. „For the first time in history“ – die Tourshirts machten eine klare Ansage und darunter die Logos der vier Hauptprotagonisten: ANTHRAX, MEGADETH, SLAYER und METALLICA am gleichen Tag auf einer Bühne… das sollte – so war man sich zumindest szeneintern einig – selbst Hans-Dietrich Genschers legendären 89er-Gig auf dem Balkon der Prager Botschaft in den Schatten stellen! Jahrmarktstimmung dominierte die Szenerie, zwischen Apollo- und Saturnstage sorgten Bungee-Jumping und Erwachsenenfahrgeschäfte für außermusikalische Kurzweil. Es wurde karussellt bis zur Schubumkehr – diesmal bremsten jedoch nicht die MIG-Kampfjets ab, sondern der Gerstensaft bahnte sich bei dem einen oder anderen Besucher wieder den Weg zurück durch den Eingang. Kein Wunder, Preise von knapp 1,50 Euro für den halben Liter waren für westeuropäische Verhältnisse nahezu paradiesische Zustände. Und wenn dazu noch ein solcher Soundtrack kredenzt wird, dann weiß der Musikfreund, wie es im Garten Eden zugehen muss.
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