Madder Mortem
Madder Mortem

Als Student hat man es nicht leicht… man trainiert das mentale Fassungsvermögen Letter für Letter an grundstudiumsfeindlichen Fachlexika, vertilgt in Prüfungen appetitlich vertütete Cerialien für die Zerebralien oder kämpft in ihnen gegen das unerbittliche Expansionsbestreben der körpereigenen Blase durch vorangegangenen nervösen Teekonsum in Hektolitern; während man selbst neulich noch das studentenverachtende Bibliothekssystem siegessicher mit der anonymen Herausgabe von „Der Superorgasmus – Höhepunkte zum Abheben.“ bezwungen zu haben glaubte, staunt man über Kommilitonen, die einkaufswagenweise Buchbestände über den Campus manövrieren. Es ist die Zeit der Rotz und Fahne schwafelnden Professoren, der maßlosen Liberalitätin und Liberalität gegenüber der längst frigide geglaubten Frauenbewegungin und Frauenbewegung (bevorzugt verteidigt von eheverschonten, aber noch immer hoffnungsvollen Träumern männlichen Geschlechts mit eingebildeter Vorbildfunktion) – und es ist die Zeit der Träume, der großen wie der kleinen. Während große Träume wie das bescheidene Eigenheim in Dubai oder die Gründung einer 12-mäuligen Familie mit der vor zwei Wochen kennengelernten Liebe des Lebens zumindest mittelfristig Bestand als sinnstiftende Fata Morgana zwischen lateinischen Vokabeln für „Karies bei Säbalzahntigern“ und paragraphenbeladenen Vorlesungsprotokollen haben können, liegt es in der Natur kurzfristig angelegter Sehnsüchte, ihre Bedeutung selbst aufzuheben und u.U. einen unschönen Krater in der emotionalen Haut des Betroffenen zu hinterlassen. – Jemand, der die in dieser endlosen Einleitung beschriebenen „Sehnsüchte und Träume“ aus eigener Praxis her erkennt – und dazu muss er nicht einmal Student sein, das passte mir nur gerade so ins Konzept – sollte in etwa nachempfinden können, wie mir – zweifellos selbstverschuldeterweise – nach einer wochenlangen, nahezu meditativen Vorbereitung auf das hier zu beschreibende OPETH-Konzert zumute war. Nur nach Zur-Kenntnisnahme dieser äusseren Umstände ist wohl mein eher gedämpft euphorisches Urteil über dieses Ereignis zu verstehen – um es mal vorweg zu nehmen.