Lucifuge und Exorcizphobia
Erwacht aus der Corona-Pause
Konzertbericht
Unter der Marke Revolt! veranstaltet der Hamburger Undergroundclub Bambi Galore seit einigen Jahren Konzerte, bei denen in der Regel unbekannte Newcomer an einem Abend für schmales Geld auf der Bühne des Clubs zu sehen sind. Nach der Corona-Zwangspause stehen am heutigen Abend gleich fünf Combos auf dem Programm. Der primäre Focus liegt auf Thrash mit REAVERS, TASKFORCE TOXICATOR und EXORCIZPHOBIA. Die drei Bands werden von LUCIFUGE und GVLA, zwei schwarzmetallischen Bands aus Bremen, flankiert.
GVLA: Drums, Gitarre, Mikrofon und ein Kerzenständer
Den Anfang des Abends machen GVLA aus Bremen. Etwas früher als eigentlich angekündigt ist das Duo auf der Bühne, die in dunkelblaues Licht getaucht ist. Seit 2019 existieren GVLA und widmen sich dem Black Metal. Eine selbstbetitelte CD haben sie bisher veröffentlicht. Die Deko der Bühne besteht aus einem Kerzenständer und das Duo zeigt, was mit Drums, einer Gitarre und einem Mikrofon zu zweit musikalisch möglich ist.
Die halbe Stunde Spielzeit reicht GVLA, um ihr Repertoire dem spärlichen Publikum zu präsentieren. Der ein oder andere Fan von härteren Tönen zeigt sich durchaus begeistert. Insgesamt treffen die Schwarzmetaller jedoch nicht den Nerv des heutigen Abends.
Die REAVERS nutzen ihr Heimspieleimspiel
Galerie mit 7 Bildern: Reavers - Revolt! 2022 in HamburgREAVERS um Sänger Klitz und SHADOWBANE liefern sich einen Wettstreit, welche Band die meisten Gigs auf das Parkett des Bambi Galore legte. Mit dem Auftritt bei der Lightversion des True Thrash Fest im November 2021 und heute übernehmen REAVERS klar die Führung. Seit elf Jahren lärmt sich das Quartett durch den Hamburger Underground mit punkigen Thrash Metal. „Exit Humanity“ heißt die bisher einzige Veröffentlichung der Truppe.
Dass die Reavers heute ein Publikumsmagnet sind, war zu erwarten und so füllt sich der Bereich vor der Bühne deutlich mehr als bei GVLA. Das Set konzentriert sich auf die 2019 veröffentlichte Scheibe, hat aber mit „Nuclear Winter“ oder „Violator“ einige weitere Tracks parat.
Der Auftritt der Lokalmatadoren sorgt für ausgelassene Stimmung vor und auf der Bühne. Die Protagonisten haben ihren Spaß bei fliegenden Haaren und Moshpit. Fast schon traditionell enden die Konzerte mit dem punkigen „Bier & Korn“ als Duett zwischen Klitz und dem Publikum.
TASKFORCE TOXICATOR überzeugen mit Hardcore Attitüde
Galerie mit 6 Bildern: Taskforce Toxicator - Revolt! 2022 in HamburgAus Münster in Westfalen kommen TASKFORCE TOXICATOR. Die Umbaupause und der Soundcheck sind schnell erledigt und das Quintett entert zu der Filmmusik von „Top Gun“ die Bühne. „Reborn In Thrash“ von der gleichnamigen EP aus dem Jahr 2021 eröffnet die Show. Die Band spielt klassischen, schnellen Thrash. Sänger Fabian Koch überzeugt mit einer Hardcore-Attitüde, sodass TASKFORCE TOXICATOR nach dem punkigen Thrash von REAVERS das Pendel in Richtung hardcorigen Thrash bewegen.
Über „Space Maneuver“ und „Slaughterhouse“ geht es zu „Breaking The Walls” von der ersten EP „Taskforce Toxicator“ aus dem Jahr 2018. Sänger Koch sorgt für einige Showelemente: Eine Sirene kommt genauso zum Einsatz wie eine überdimensionierte grüne Wasserpistole inklusive gleichfarbiger Schutzbrille und ein Plastikschwert. Der Versuch von Koch, dass Publikum zu einem Hardcore-Pit zu animieren, scheitert jedoch.
Nach dem Gig der Lokalmatadoren REAVERS haben TASKFORCE TOXICATOR einen schweren Stand, zeigen sich jedoch nach dem Konzert durchaus angetan von der Lokation und dem Publikum. Zehn Tracks präsentiert das Quintett und macht sich später nach dem Gig noch auf den weiten Weg zurück ins Münsterland.
Der gefühlte Headliner des Abends: EXORCIZPHOBIA
Galerie mit 10 Bildern: Exorcizphobia - Revolt! 2022 in HamburgEin völlig unbekannter Name aus Trutnov in Tschechien steht auf dem Programm. EXORCIZPHOBIA dürften selbst Insidern kaum ein Begriff sein. Bereits seit 2009 existiert das Quartett und hat bisher drei Full-length-Werke auf den Markt gebracht. Das aktuelle Album nennt sich „Digitotality“ und erschien 2020.
Bereits der Soundcheck sorgt für interessierte Zuhörer. Was die Herren anschließend für eine Performance auf das Parkett legen, sorgt für erstaunte Gesichter im Publikum. Klassischer Thrash, der zum Headbangen einlädt, kommt aus den Boxen. Sound und Abstimmung der Band passen von der ersten Note und sorgen für Bewegung im Publikum. Das Set der Herren konzentriert sich auf das 2020er Release, jedoch finden auch Nummern von „About Us Without Us“ und „Something Is Wrong“ Berücksichtigung. Die Herren werden vom Publikum mehrfach für Zugaben zurück auf die Bühne geholt, sodass sich der Zeitplan weiter nach hinten verschiebt.
Nach mehr als einer Stunde endet der Gig und sorgt für Begeisterung bei Band und Publikum. Wer sich für Thrash interessiert, sollte EXORCIZPHOBIA auf bandcamp antesten.
LUCIFUGE oder die Suche nach dem Zaubertrank
Nach der gehörigen Portion Thrash aus Tschechien wird die Bühne wieder dunkel. LUCIFUGE, der zweite Act aus Bremen, bewegen sich ins schwarzmetallische Metier. Die Herren haben anscheinend eine gewisse Vorliebe für Gallier. Anstatt Idefix, Asterix und Obelix sind Matorralix, Dominatrix und Berenjenix auf der Bühne zu finden. Ob Miraculix der Truppe vor dem Gig einen Zaubertrank verabreicht hat, war nicht in Erfahrung zu bringen.
Auch das Outfit weicht vom gallischen Dorf des Comics ab und ein Hinkelstein befindet sich nicht als Deko auf der Bühne. Es wird mehr oder weniger durchgehend auf Rotlicht geschaltet und die Beleuchtung der Bühne erinnert an so manche Bar auf dem Hamburger Kiez. Ansonsten dominiert Leder und Metall: Patronengürtel, Nieten und Igel mit Spießern, welche sich fürs Zubereiten einer Ofenkartoffel auf offenem Feuer eignen würden, tragen die Herren.
LUCIFUGE zeigen sich als fleißige Studioarbeiter. 2016 gegründet wurden bereits vier Studioalben veröffentlicht. Das aktuelle Werk nennt sich „Infernal Power“ und erblickte vor einem Jahr das Licht der Welt. REAVERS-Sänger Klitz bringt den Sound von LUCIFUGE zusammenfassend auf den Punkt:
„Das klingt, als würden Black Metaller sich an MOTÖRHEAD versuchen“.
Das Set der Herren verteilt sich über die gesamte bisherige Schaffensphase. Mit vier Tracks liefert „The One Great Curse” den höchsten Anteil an der Show, während das aktuelle Album nur drei Nummern beisteuert.
Eine Stimmung, wie sie bei EXORCIZPHOBIA herrschte, können LUCIFUGE nicht kreieren. Die Herren versuchen es primär mit Lautstärke, weswegen sich bei den ersten Tracks die Reihen im Publikum weiter ausdünnen. Die Thrash-Fraktion steht anscheinend nur bedingt auf die schwarzen Klänge aus Bremen.
Weit nach Mitternacht endet nach langer Abstinenz ein musikalischer Undergroundabend. Die Anhänger von thrashigen Klängen sind mehr als nur auf ihre Kosten gekommen und mit EXORCIZPHOBIA gab es einen bärenstarken Auftritt. Die Schwarzmetaller zum Anfang und Ende konnten nicht bei allen Metalheads für Begeisterung sorgen.
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