Lordi, Follow The Cipher und Silver Dust
Der Sexorzismus in Dresden
Konzertbericht
Gemeinschaftlicher Geisterbahnbesuch steht am 15.11.2018 in der Tante Ju in Dresden an. Trotzt harter Konkurrenzveranstaltung von HYPOCRISY und KATAKLYSM zieht es an diesem Abend zahlreiche Fans zu LORDI. Neben einer schaurig schönen Bühnenkulisse bringen die Monsterfinnen zwei Vorbands mit, die unterschiedlicher kaum sein können.
SILVER DUST
Der Abend beginnt mit den Schweizern SILVER DUST. Nach kurzem Reinhören vorab bekam ich den Eindruck von solidem, manchmal düsteren, aber insgesamt wenig spektakulärem Rock. Wie falsch ich mit dieser Einschätzung lag, zeigt die Band bereits im Intro. Eine kleine LED-Wand, getarnt als fleckiger Spiegel stellt eine Reihe von Charakteren vor, die uns im Laufe des kurzen Sets immer wieder in einzelnen Songs begegnen werden. Hier hat sich offenbar jemand Gedanken gemacht und für eine gute Show mächtig ins Zeug gelegt, denn diese gelegentlichen Einspielungen erzeugen genau die richtige Atmosphäre für den Konzertabend. Die Musik von SILVER DUST tut ihr Übriges, überzeugt sie doch durch Originalität, Abwechslung und Einfallsreichtum. Irgendwo zwischen melodischem Dark Rock und tragendem Gothic Metal, inklusive amüsantem Feature mit MR. LORDI zum Cover “Bette Davis Eyes“ (KIM CARNES im Original) packt der Stil immer mehr der Anwesenden, sodass trotz zunächst überschaubarer Menge gute Stimmung entsteht. SILVER DUST sind eine Band mit Konzept und liefern feinstes Theater auf der Bühne – gerne mehr davon!
FOLLOW THE CIPHER
Nachdem SILVER DUST für die passende Grusel-Grundstimmung gesorgt haben, hätten gleich im Anschluss LORDI auftreten müssen, um die Sache rund zu gestalten. Stattdessen spielen FOLLOW THE CIPHER, die mit ihrem Modern Metal so gar nicht zur Atmosphäre passen wollen. Die Band gibt sich ohne Zweifel Mühe und hat einige Fans im Gepäck, doch Stimmung will partout nicht aufkommen. Positiv anzumerken ist jedoch, dass Linda Toni Grahns Stimme live weniger gequält klingt als auf der Platte. Eine nette Performance wird abgeliefert, hinterlässt aber keinen bleibenden Eindruck.
Galerie mit 18 Bildern: Follow The Cipher - Sextourcism European Tour 2018 in HeidelbergLORDI
Ganz anders verhält es sich beim Headliner des Abends. Nach einem herrlich “gruseligen“ Intro (ich spreche nicht von der eingespielten KISS-Nummer) betreten die vier Herren und die Dame von LORDI in ihrer üblichen Monstermaskerade die Bühne. Mein 15-jähriges Ich betrachtet voller Faszination die Band, deren Magie 2006 nach dem ESC irgendwie nicht auf meine Eltern überspringen wollte. Wie dem auch sei, der Titelsong zum jüngsten Album “Sexorcism“ wird durch die Gehörgänge aller Anwesenden gepustet und ebnet den Weg für den ersten Hit des Abends. “Would You Love A Monsterman?“ erklingt ungewöhnlich früh im Konzert, entfacht jedoch die Jubelstürme, die dem Song gebühren.
Im Verlauf der Show überzeugen LORDI immer wieder durch liebevolle Details, kleine Elemente, die diesen Auftritt zu einem bizarren Kunstwerk reifen lassen. Im Hintergrund scheinen die Requisiten lebendig zu sein und bewegen sich, während die Musiker vorn mit allerlei Geisterbahnspielzeug ihr Unwesen treiben. Selbst wenn man mit der Musik nichts anfangen könnte, für das Auge wird allerlei geboten.
Doch glücklicherweise spielen LORDI auch Musik, die in Form von “Blood Red Sandman“ oder “Hug You Hardcore“ viel Anklang findet. Für meinen Geschmack sind die Solos ein wenig lang, sodass man hier lieber einen Song mehr hätte spielen können, was allerdings Meckern auf hohem Niveau gleichkommt. Musik und Show begeistern das Publikum ohne Wenn und Aber, nur garniert von den wenigen aber amüsanten Ansagen MR. LORDIs.
Nach “Who’s Your Daddy?“ wird das reguläre Set beendet und nach kurzem Warten die bitter nötige Zugabe mit “Devil Is A Loser“ gewährt. Aber fehlt da nicht was? Richtig, DER LORDI-Song schlechthin, die Siegeshymne für Finnland 2006 beim ESC, der Song, der die rockenden Monster für kurze Zeit in die Medien und für immer in meinen damals unschuldigen Geist einpflanzte – “Hard Rock Hallelujah“ bildet den krönenden Abschluss eines spektakulären Konzertes. Ob die KATAKLYSM-Fans von “nebenan“ ebenso beeindruckt sein können, sei einmal dahingestellt. LORDI haben auf jeden Fall ihren Job mehr als nur gründlich gemacht und entlassen zufriedene Fans in die kalte Nacht.
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