Long Distance Calling
Live in Karlsruhe
Konzertbericht
Ich kann mich noch sehr gut an meinen ersten Kontakt mit LONG DISTANCE CALLING erinnern, ich hatte seinerzeit das Debütalbum „Satellite Bay“ zum Review erhalten und anschließend, da mich ihre tollen Klanglandschaften vom ersten Hör weg in den Bann zogen, gleich ein Interview mit der Band geführt, um mehr über das Album und die Münsteraner Post-Rocker zu erfahren. Inzwischen hat sich die Band vom hoffnungsvollen Newcomer zu einer etablierten Größe entwickelt, welche nun erstmals auf Headlinertour durch Deutschland tingelt.
Hierfür wurde ein buntes, erlesenes Billing zusammengestellt, mit den Rockern von AUDREY HORNE und den Psychedelic-Vicking-Metal-Rockern SOLSTAFIR verspricht dies ein interessanter und spannender Abend zu werden. Das Substage ist an diesem Dienstagabend gut gefüllt, was sicherlich nicht nur alleine an der gewachsenen Popularität von LONG DISTANCE CALLING liegt, sondern eben auch dieser besonderen Bandkonstellation geschuldet ist.
AUDREY HORNE
Pünktlich um 20 Uhr legen AUDREY HORNE los. Vor bereits fast vollem Haus präsentieren sich die Norweger hoch motiviert sowie gut gelaunt und können das Publikum von Anfang an mitreißen. Mit einer großen Portion Spielfreude und positiver Energie steigert sich die Band von Song zu Song bei starkem Sound. Besonders Sänger Torkjell „Toschie“ Rød ist sehr bewegungsfreudig, huscht über die Bühne wie ein wilder Derwisch und animiert die Fans, aber auch die Saitenfraktion bangt und post, wie man es sich nur wünschen kann. Und bei aller Aktion auf der Bühne sitzen die Stücke, der Gesang ist souverän, die rotzigen Riffs präzise, der Groove herrlich knackig. Der überwiegende Großteil der gespielten Songs stammt vom Anfang Februar veröffentlichten vierten Album „Youngblood“, lediglich das abschließende „Blaze Of Ashes“, mein persönliches Highlight dieses 45minütigen Auftritts, entstammt dem selbstbetitelten Albumvorgänger des Jahres 2010. Eine wirklich beeindruckende Show, ich hätte mir lediglich noch den einen oder anderen älteren Song noch gewünscht.
Setlist AUDREY HORNE
Redemption Blues
Youngblood
Pretty Little Sunshine
This Ends Here
That Goes A Lady
The King Is Dead
Straight Into Your Grave
Blaze of Ashes
SÓLSTAFIR
Kontrastprogramm: Wo AUDREY HORNE hart rockend wild energiegeladen über die Bühne wirbeln, stehen die unverschämt cool aussehenden SÓLSTAFIR für eine nicht nur optisch gemütlichere, auf ihre ureigene Art und Weise musikalisch abgedrehte Variante der Rockmusik. Vereinfacht könnte man sagen, die Isländer sind einfach saucoole, psychedelische Urviecher des Viking Rock Metals mit kaputter, abgefuckter Ausstrahlung, ausschweifenden Arrangements, musikalisch speienden Eruptionen gleich Geysiren. Hört sich abgedreht an? Genau so klingen sie auch! SÓLSTAFIR Live, das ist atmosphärische, spannungsreiche Musikalkunst mit verträumten, wehklagenden Melodien, emotionaler Gesang von Aðalbjörn Tryggvason, lässige Riffs, staubig verwaschenem Sound, dezenten Rhythmusschwankungen mit dem Charme einer Jam-Session, das ist Ausdruck, das ist Feeling, das sind Steigerungen bis in rauschartige Finale. So gelingt es der teilweise in lässigen Hüten auftretenden Band locker, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. Wie auch zuvor bei AUDREY HORNE legen SÓLSTAFIR den Fokus auf ihr aktuelles Werk, drei der vier gespielten Songs stammen vom 2011 veröffentlichten “Svartir Sandar”, und auch hier ist wieder nach 45 Minuten Schicht im Schacht. Schade, ich könnte noch stundenlang diesen sentimentalen Klängen jenseits gängiger Metalklischees lauschen.
Setlist SÓLSTAFIR
Ljós í Stormi
Svartir Sandar
Fjara
Goddess of the Ages
LONG DISTANCE CALLING
Nach einer kurzen Umbaupause folgt dann der Headliner LONG DISTANCE CALLING und damit wieder ein weiterer Kontrast am heutigen Abend, denn nach den strukturell eher schlichter wirkenden Stücken von SÓLSTAFIR wird es nun musikalisch doch komplexer, facettenreicher, technisch präziser. Die Münsteraner habe ich schon einige Male gesehen, und bisher konnten mich ihre post-rockigen, sphärischen, aber auch mal ausbrechenden Instrumentalepen Live immer vollends mitreißen. Gespannt bin ich an diesem Abend vor allem auf die Umsetzung der neuen Stücke mit Gesang von Neumitglied Martin „Marsen“ Fischer (Ex-FEAR MY THOUGHTS). Doch dessen Einsatz am Mikro muss noch warten, den Anfang macht „Nucleus“ vom aktuellen Album instrumental. Die Stimmung auf und vor der Bühne ist sehr ausgelassen, was sich gerade am folgenden „The Figrin D ‚an Boogie“ mit deutlich mehr Dampf und den treibenden Riffs auch noch weiter steigert, Publikum und Band stacheln sich gegenseitig immer stärker an. Von Minute zu Minute erhöht sich der Bewegungsradius der tight aufspielenden Musiker, welche für eine herrlich intensive Atmosphäre sorgen. Leider kann diese Atmosphäre dann nicht mehr ganz gehalten werden, wenn LONG DISTANCE CALLING Stücke mit Gesang darbieten. Martin verlässt hierfür seinen Platz hinter dem Keyboard und mimt vorne den Frontmann, was optisch gut aussieht, da jedoch dann die Synthesizerklänge fehlen und auch die Musik im Gesamten irgendwie „gewöhnlicher“ wirkt, bin ich von dieser Geschichte nicht so sehr überzeugt. Dem überwiegenden Großteil der Fans scheint es allerdings sehr zu gefallen, wenn ich mir die über überschwänglichen Reaktionen auf wirklich jeden dargebotenen Song ansehe. Nichtsdestotrotz legen LONG DISTANCE CALLING wieder einmal einen besonderen Auftritt hin, präsentieren auf hohem Niveau dynamische, emotionsgeladene Musik der Extraklasse, mit viel Power, kompetent, souverän und leidenschaftlich dargeboten, vielfach bejubelt und gefeiert. Und so endet ein wirklich grandioser Abend mit drei durchwegs hervorragend aufspielenden Bands.
Setlist LONG DISTANCE CALLING
Nucleus
The Figrin D’an Boogie
Inside The Flood
Black Paper Planes
Ductus
Tell The End
Arecibo (Long Distance Calling)
Aurora
The Man Within
Metulsky Curse Revisited
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Apparitions
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