Long Distance Calling
Live 2015 - Die Konzertberichte
Konzertbericht
Dresden, Beatpol – 28.11.2015
Voll wird’s werden! Dieser Eindruck erhärtet sich, als im schönen Dresden-Briesnitz unweit des Beatpols kaum mehr ein Parkplatz zu finden ist, und man auf der Suche nach selbigem auf schier endlose Menschenströme trifft, die eben jenen charmanten Altbau im Visier haben. Und tatsächlich – als Kollegin Kostudis mit zwei Minuten Verspätung den Saal betritt, ist dieser gut gefüllt.
Die Prog-Pop-Rock-Gäste aus Island haben pünktlich angefangen: AGENT FRESCO machen auf der Bühne schon mächtig Stimmung und bringen die ersten Reihen zum Tanzen. Was die Nordländer da von ihren beiden bisherigen LPs zum Besten geben, kommt kraftvoll und sphärisch daher, aber an entsprechender Stelle auch dezent, ohne lasch zu werden. Gerade auch Sänger Arnór Dan Arnarsons hohe Lagen sind weich in den satten Sound gebettet – feine Sache!
„Klauuutkättschooooorr“ brüllt es zu fortgeschrittener Spielzeit aus dem Publikum, und prompt wird dieser dialektgefärbte Einwurf mit dem Titel „Eyes Of A Cloud Catcher“ belohnt. So laut die Forderung, so schief wird der Refrain dann auch mitgesungen. Spätestens jetzt ist klar, dass AGENT FRESCO in Mittelsachsen kein Geheimtipp sind. Nach 40 Minuten Prog-Party auf und vor der Bühne sind alle Beteiligten froh über eine kurze Auszeit.
- Anemoi
- He Is Listening
- Howls
- Pyre
- Wait For Me
- See Hell
- Angst
- Dark Water
- Eyes Of A Cloud Catcher
- The Autumn Red
In der Umbaupause wird nicht nur das Equipment, sondern auf wundersame Weise auch das Publikum gewechselt: Statt glatthäutiger, wohlfrisierter Jünglinge stehen nun vermehrt gestandene, graumelierte Männer nebst adretter Gattinnen vor der Bühne. Mit den ersten Klängen, die CRIPPLED BLACK PHOENIX in die Menge schicken, verdrängt eine gewisse Ernsthaftigkeit die vormals ausgelassene Stimmung. Vielleicht ist es aber auch schlicht zu eng und die Mannschaft statischer, wenn sie sich zu siebt, während Belinda Kordics gesanglicher Unterstützung sogar zu acht die doch überschaubar große Bühne des Beatpols teilt. Track für Track gewinnt die Darbietung an Fahrt und CRIPPLED BLACK PHOENIX liefern einen druckvollen Einblick in ihre Diskografie. Eingehüllt in mal mehr, mal weniger schwermütige Schwaden vergehen knapp 40 Minuten im Flug. Die letzten Takte von „Burnt Reynolds“ verbringt Justin Greaves im Publikum, und weil er sich bei der Bedienung seiner Gitarre schlecht wehren kann, werden wild Telefone gezückt und Bilder geschossen. Ob mit oder ohne Selfie-Wahn: Starker Auftritt.
- Rise Up And Fight
- Black Light Generator
- Long Live Independence
- Human Nature Dictates The Downfall Of Humans
- New Dark Age
- 444
- We Forgotten Who We Are
- Burnt Reynolds
Nach der Umbaupause fällt auf: Das Schöne an reinen Instrumentaldarbietungen ist, dass keine Mikrofonständer die fotografische Dokumentation behindern. In dieser Hinsicht ist es erfreulich, dass LONG DISTANCE CALLING ohne Sänger Martin „Marsen“ Fischer auf der Bühne stehen. Dementsprechend findet sich kein Track ihres letzten Studioalbums „The Flood Inside“ auf der Setlist.
- Into The Black Wide Open
- The Figrin D’an Boogie
- Black Paper Planes
- Fire In The Mountain
- Trauma
- Invisible Giants
- Arecibo (Long Distance Calling)
- Metulsky Curse Revisited
- Zugabe: Beyond The Void
Das macht aber nichts: Mit feinstem Sound und in entspannter Stimmung gibt es dennoch eine gute Stunde Post-Progressive-Rock zu hören – nicht zu schwer, nicht zu leicht, sondern für zwei-drittel-gesättigte Ohren genau das, was noch reinpasst. LONG DISTANCE CALLING runden diesen Abend gekonnt ab. Denn es kam zu keiner Minute das Gefühl auf, man müsse zwischen Support und Headliner unterscheiden. Kollegin Kostudis verlässt den Beatpol mit dem Gefühl, einem Minifestival dreier hochkarätiger Bands beigewohnt zu haben, von denen jede ihre eigene Facette zu der intensiven Atmosphäre beigetragen hat.
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