Leprous
Pitfalls Tour 2019
Konzertbericht
20 Minuten vor Beginn. Dann wollen wir uns in der Kantine in Köln entspannt ein Kaltgetränk genehmigen und der Post-/Progressive-Dinge harren, die da kommen. So der Plan.
Kölner Baustellen und ein voller Parkplatz mit Menschen die nicht ganz genau wissen, wie allgemein verträgliches parken funktioniert, machen uns jedoch einen kleinen Strich durch die Zeitrechnung. Ob der Golf-Fahrer schuld ist, der sich noch ins letzte Eck gequetscht hat, oder der Fahrer des unnötig dick-dummen Stadtpanzers, der an diesem einfach nicht vorbei passte und alles blockierte, sei dahingestellt.
Als wir kurz vor 8 schließlich in der atmosphärisch gemütlichen Kantine stehen, ist auf der Bühne ungewöhnlich reges Treiben im Gange. Eigentlich ist vor Konzertbeginn doch schon alles an Ort und Stelle – oder gibt es technische Probleme?
Als sich schließlich auf der dick eingenebelten Bühne fünf Silhouetten abzeichnen, sind es für den Opener PORT NOIR zwei zu viel.
THE OCEAN starten mit „Permian: The Great Dying“ und wir mutmaßen, ob aus irgendeinem Grund PORT NOIR und die Berliner ihre Slots getauscht haben.
Wie sich später herausstellen soll, begann das Konzert entgegen jeglicher offizieller Angaben auf Location-Website, Socialmedia oder Veranstalter nicht um 20 Uhr, sondern schon um 19:30. Und so verpassten einfach mal eine ganze Reihe unwissender Besucher den kompletten Gig der Schweden. Ärgerlich und unnötig, zumal das Trio stets ein vielversprechender Live-Genuss-Garant ist.
THE OCEAN
Aber zurück zu der Nebelwand, die THE OCEAN (COLLECTIVE) hinter sich verbirgt. Nur selten lässt sich die Mimik der Berliner erahnen. Während die Saitenfraktion die komplette Bühnenfront besetzen, steht Sänger Loïc Rossetti in zweiter Reihe auf einem Podest, während seine Bewegungen die Schatten geheimnisvoll im weißen Lichtkegel tanzen lassen.
Erst bei Song Nr. drei, „Silurian: Age of Sea Scorpions“, zeigt sich Loïc an der Bühnenkante und growlt nach vorne geneigt auf das Publikum ein.
Mal kommt ein dezentes TOOL-Gefühl hoch, mal fühlt man sich durch die Gitarrenteppiche an DREDG erinnert. Doch THE OCEAN stehen schon seit zwei Dekaden unumstößlich für ihre eigene Kunst aus Post, Progressive, Sludge und Hardcore-Ausbrüchen. Nur schade dass Keys und Streichinstrumente von Band kommen müssen.
Der rund einstündige Gig beschert uns ein Wechselspiel aus Songs der letzten beiden Alben. Nur das Finale darf mit „The Origin of God“ ein Klassiker vom mittlerweile 9 Jahre zählenden „Heliocentric“ bestreiten. Wie für Vorbands ohne Zugabe üblich, wird der Bühnenboden der Roadie-Crew übergeben, die für den Headliner den Weg bereitet, Kabel verlegt, Stolperfallen abklebt und Wasser wie Handtücher bereit stellt.
Setlist THE OCEAN:
01. Permian: The Great Dying
02. Mesopelagic: Into the Uncanny
03. Silurian: Age of Sea Scorpions
04. Bathyalpelagic I: Impasses
05. Bathyalpelagic II: The Wish in Dreams
06. Devonian: Nascent
07. The Origin of God
LEPROUS
Instrumente, die man wie bei THE OCEAN zwar hört, aber nicht sieht, gibt es hier und heute Abend bei LEPROUS nicht. Die Norweger füllen die Bühne sogar mit sechs Personen bis zum Anschlag.
Raphael Weinroth-Browne, der seit „Malina“ auf den Alben und als Live-Cellist die Band-Riege ergänzt, flankiert rechts Progressive-Ausnahmedrummer Baard Kolstad, während links von den Kesseln NOCH mehr Keyboards aufgebaut sind. Wir sind gespannt.
Denn auch vor Sänger Einar Solberg steht natürlich wie immer ein Tasteninstrument.
Den Set-Einstand macht „Below“, der Opener vom frischen Album „Pitfalls“, bei dem der Drummer prompt vor Soundproblemen steht und während des Spielens mit dem Roadie im Gespräch eine Lösung ausheckt.
Das neuste Werk spaltet durchaus die Fans. Manch einer vermisst die kontrastierenden, metallastigen Parts, die sich schon im letzten Album „Malina“ zurückgezogen haben.
Poppig-groovig-tragend folgt auch „I Lose Hope“. Und man muss schreiben: Live wuppt das einfach.
Zum Ende des Songs nimmt man, dank nachregelndem Tontechniker, plötzlich auch die Bässe richtig wahr. Einem genussvollem LEPROUS-Abend kann also nichts mehr im Wege stehen. Denn mal ehrlich, die Musiker selbst, packen immer Qualität auf die Bühne. Sitzt passt wackelt und hat – keine Luft. Zumindest nicht zwischen den Musikern. Tor (Gitarre), Robin (Gitarre), Simen (Bass) und Einar mäandern immer wieder über die voll gestellte Bühne. Gut dass die Veranstaltungstechnik-Fregatte, im Vorfeld alle lose Kabelei mithilfe allerlei Gaffatape mit dem Boden verschmolzen hat.
Einar unternimmt außerdem den Versuch mit dem Publikum zu interagieren. Der stimmgewaltige Sänger sei angehalten worden doch etwas mehr zu sagen. Er fängt direkt damit an indem er sagt, dass er im sagen eigentlich ziemlich schlecht sei. Kein Problem Einar. Wir kommen ja auch in erster Linie um dich singen und alle anderen spielen zu hören.
Nach einem kurzen Ausflug in die Vergangenheit zu „Coal“ („ The Valley“) und „Malina“ („From The Flame“), packt sich Tor für „Observe the Train“ die Akustikgitarre. Nicht nur das. Alle Gitarristen bis zum Cellisten stehen immer wieder an den auf der Bühne verteilten Keys. Auch Einar quartiert sich links von Baard an die Tasten.
Einar klärt auf, dass zum neuen Album alle gezwungener Maßen ein weiteres Instrument lernen mussten. Der Live-Effekt mit immer wieder das Instrument wechselnden Musikern ist in der Tat enorm.
„Alleviate“ punktet mit einem grandiosen Cello-Stakkatto, und einem Einar, der so verlässlich alle Höhen auf den Punkt trifft, dass die Synapsen jubeln.
Mit „The Cloak“ und „The Price“ dürfen wir in Erinnerungen schwelgen. Letzteres forciert natürlich ohne Ausnahme die Nutzung der Nackenmuskulatur.
Nach 12 Songs läuten die „Distant Bells“ das vermeintliche Ende eines genussreichen Live-Musikabends ein. Ruhiger Gesang, sinnliches Cello und atmosphärische Keys, wandeln sich mit anschwellenden Percussions zu einem elektrisierenden Synthie-Gitarren-Cello-Ausbruch, getoppt von Einars Stimme. Eigentlich ein perfektes Ende, aber eine bewusst halbherzige Verabschiedung zum Schluss, macht eine Zugabe unausweichlich.
Während dieser sitzt Raphael nur noch alleine hinter seinem Cello auf der Bühne. Die Gänsehautmaschine beginnt, Augen werden geschlossen. Nach und nach ergänzen die anderen Musiker das Bild.
„Mirage“ und „ The Sky is Red“ besiegeln diesen Abend. Letzter wohl mit dem ersten Gitarrensolo in der Geschichte von LEPROUS, während der Beamer Sterne auf Backdrop und Nebel zeichnet.
Behalten wir doch diese Magie, und stören sie nicht mit einem wahrlich unnötigen Fazit.
Galerie mit 21 Bildern: Leprous – Pitfalls Tour 2019Setlist LEPROUS:
01. Below
02. I Lose Hope
03. The Valley
04. From the Flame
05. Observe the Train
06. Alleviate
07. At the Bottom
08. The Cloak
09. The Price
10. Bonneville
11. Stuck
12. Distant Bells
Zugabe:
13. Mirage
14. The Sky Is Red
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Ich musste zwischendurch aufhören, zu lesen, weil so viele Orthographie- und Zeichensetzungsfehler in dem ansonsten unterhaltsamen Bericht zu finden sind. Vielleicht schafft ihr euch doch mal jemanden an, der über die Texte drüberschaut.
Auch noch interessant: Was ist denn Post-Progressive?