Leningrad Cowboys
Buena Vodka Social Club Tour 2011
Konzertbericht
Kaum haben die LENINGRAD COWBOYS mit „Buena Vodka Social Club“ ein neues Album am Start, befinden sie sich auch schon auf Tour, und diesen Abend machen sie Station in der Bochumer Matrix. Allein die Dimensionen des Clubs geben einen dezenten Hinweis darauf, dass der Auftritt keine „Total Balalaika Show“ mit Chor und Orchester werden würde – aber da sind immer noch 13 Bandmitglieder (inklusive der beiden „Baikonur Girls“), die auf der vergleichsweise Bühne Platz finden müssen. Zudem müssen die Herrschaften ihre spitzen Schuhe und die langen Tollen auf den Bühnenbrettern unterbringen… Geht das überhaupt? Nicht mein einziges Aha-Erlebnis, immerhin ist dies das erste Konzert der LENINGRAD COWBOYS ist, dem ich beiwohnen darf.
Schon auf dem Parkplatz sind mir einige Konzertgänger mit Weihnachtsmannmützen aufgefallen… Weihnachtsmannmützen mit nach vorne gebogenen Zipfeln – wie kommt man bloß auf solche Ideen? – und unten im Club sind es noch einige mehr. Derweil ist es eine Viertelstunde vor dem offiziellen Beginn vor der Bühne schon recht voll, auch wenn abzusehen ist, dass die Matrix an diesem Abend nicht annähernd ausverkauft sein wird. Dafür bekommen die Anwesenden die LENINGRAD COWBOYS pur geboten – keine Vorband, und das kann ja Vor- oder Nachteil sein.
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Dann wird das Licht gedimmt, die Spots eingeschaltet und in kurzer Folge erscheinen alle Cowboys langsamen Schrittes (remember the boots) auf der Bühne, zuletzt der dauergrinsende Neu-Sänger Ville Tuomi (mit seiner kunstvoll aus seinen Rastalocken gezwirbelten Tolle) im weißen Pelzmantel, den ihm die Baikonur Girls bei den ersten Klängen von „Back In The U.S.S.R.“ abnehmen – wie passend! Derweil spielt der Gitarrenhexer ein Solo mit den Zähnen. Weiter geht es mit dem alten BEASTIE-BOYS-Klopfer „(You Gotta) Fight For Your Right (To Party!)“ und METALLICAs „Enter Sandman“, und die Stimmung in der Halle ist erst einmal eingeheizt. Auch auf der Bühne herrscht reges Treiben: zwei Sänger, zwei Gitarristen und ein Bassist in der ersten Reihe, dahinter tänzeln die Baikonur Girls, während sich die Blechbläser eher im Hintergrund halten. Und wenn sich Ville & Co. vor die Monitorboxen an den Bühnenrand stellen und nach vorne beugen, ist dies nicht ganz ungefährlich für die Fotografen im Bühnengraben…
In der Folge spielen die LENINGRAD COWBOYS einen gesunden Mix aus Evergreens und eigenen Stücken: „Gimme All Your Lovin'“, „L.A. Woman“ und „Easy Livin'“ auf der einen Seite, „Gasolina“, „All We Need Is Love“ und „Gimme Your Sushi“ auf der anderen – passt beides hervorragend zusammen. Und da solch eine Show nicht nur aus Musik und ein bisschen Bewegung besteht, gibt es ein paar nette Einlagen: Nach „L.A. Woman“ betritt Sänger und Gitarrist Tume Uusitalo im weißen Elvis-Kostüm die Bühne, wischt sich mit einem Handtuch die verschwitzte Brust ab und wirft das Handtuch in die Menge… jaaa, das macht Laune! Genauso wie seine Mitsingspielchen, die er mit Hilfe der Baikonur Girls initiiert. Die beiden Damen dürfen später sogar selbst einen Song singen, „Kids In America“, remember Kim Wilde. Vorher legt Uusitalo einen weiteren Auftritt hin, diesmal als „Mr. Reeeeeeee…“ [Pause, Schnarchen] „…Red Lobster“. Im rosafarbenen Krabbenkostüm. Mit einem Screwdriver in der Hand. Neid.
Zum Glück geht es mit netten Songs weiter, „Delilah“ sowie das fast endlos zelebrierte „Those Were The Days“ (absoluter Live-Kracher). Danach ist Schluss, aber nicht ohne dass Ville Tuomi die Weisheit des Abends verkündet: „We’re humble servants of Rock’n’Roll! So sei es.
Kurze Pause, Jubel, dann Zugaberufe. Zunächst kommt nur der Drummer auf die Bühne, harter Arbeitstag, nackter Oberkörper. Und legt ein erstklassiges Schlagzeugsolo hin, in das sich später die Gitarristen und der Bassist einklinken. Nebenbei bemerkt: Was sich Sologitarrist Pauli Hauta-Aho aus dem Handgelenk schüttelt, ist auch nicht ohne. Was fehlt noch? Na klar, „Kalinka“, traditionelles russisches Lied, hier in der extralangen Version. Ganz so spät ist es noch nicht, und die Zuschauer haben noch Puste, um hier kräftig mitzufeiern. Nach knapp einsfünfundvierzig ist dann aber endgültig Schluss. Schade, aber toll war’s trotzdem. Bleibt zu hoffen, dass die LENINGRAD COWBOYS nicht erst wieder durch die heimischen Gefilde touren, wenn sie ein neues Album mit eigenen Songs im Gepäck haben.
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