Konzertbericht
Der Freitagabend, 30.10.2015, war hart für die schwarze Szene in Dresden: Während zur selben Zeit ASP im Alten Schlachthof spielten, konnten Fans des Symphonic Metal nur wenige Meter weiter gleich in den Genuss dreier großartiger Metal-Bands kommen.
Das französische Opera Metal-Projekt MELTED SPACE durfte den Abend eröffnen. Gerade wurde das neue Studio-Album „The Great Lie“ des Ensembles veröffentlicht. Von wechselnder Besetzung durch die Kooperation mit diversen renommierten Gastsängern gekennzeichnet, durfte das Dresdner Publikum die Band auf einem ihrer sieben Deutschland-Konzerte als Support von LEAVES‘ EYES mit den beiden bezaubernden Goldkehlchen Lucie Blatrier und Clémentine Delauney (VISIONS OF ATLANTIS, Ex-SERENITY) erleben.
Lucie Blatrier (l.), Clémentine Delauney von MELTED SPACE
Anfangs war das Publikum noch recht schüchtern und hielt einige Meter Sicherheitsabstand zur Bühne, aber nach kurzer Zeit war das Eis gebrochen, so entzückend, wie die hübschen Französinnen die Dresdner doch aufforderten, näher zu kommen. Unterstützt von ihren beiden männlichen Kollegen sowohl mit Clean Vocals als auch sicher sitzenden Growls war die erste halbe Stunde eine klare Bereicherung des sonst eher Female-Fronted-lastigen Abends: Denn zweiter Support-Act waren die Spanier DIABULUS IN MUSICA.
Bereits ein Jahr zuvor hatten die fünf Symphonic Metaler als Vorband von XANDRIA das Puschkin gerockt. Zum zweiten Mal in Dresden, hatte die Band sichtlich Fans gewonnen, das Publikum bebte freudig, wenngleich Sängerin Zuberoa beim Eröffnungssong „Hidden Reality“ mit Mikro-Problemen zu kämpfen hatte.
Glücklicherweise wurde ihr Mikrophon im zweiten Song laut gestellt – die Dresdner applaudierten begeistert. Hochschwanger fegte die temperamentvolle, kleine Spanierin Aznárez über die Bühne und headbangte ordentlich – großes Kino. Leider mussten DIABULUS IN MUSICA während ihrer Tour auf Gitarrist Alexey Kolygin verzichten, der aufgrund seiner russischen Wurzeln häufiger Probleme mit dem Visum hat. Klanglich war die nun vierköpfige Band also gezwungenermaßen etwas weniger bombastisch als gewohnt unterwegs – aber auch nur, wer die Alben sehr gut kennt. Mit dem Song „Maitagarri“ brachte Sängerin Zuberoa den Sachsen ein Stück ihrer baskischen Kultur näher. Abschließend tobte die Menge zur letzten Single der Spanier: Keyboarder Gorka Elso growlte in stilechter „The Beauty and the Beast“-Manier in „Spoilt Vampire“ gegen Aznárez‘ glockenhellen Sopran.
Hochschwanger und trotzdem voller Stimmgewalt: DIABULUS IN MUSICA-Sängerin Zuberoa Aznárez
Nach zwei wirklich guten Symphonic Metal-Bands sehnte sich wohl keiner der hier Anwesenden mehr nach ASP, die zur selben Zeit den Schlachthof rockten. Denn ein stimmungsvolles Intro ertönte, die Bühne wurde in blaues Licht gehüllt, Drummer Joris Nijenhuis (natürlich oberkörperfrei), Gitarrist Pete Streit und sein sympathischer Kollege Thorsten Bauer mit der naturroten Haarpracht betraten die Bühne. Erwartungsvolles Klatschen. Zu „Halvdan The Black“ stolziert LEAVES‘ EYES-Frontfrau Liv Kristine auf die Bühne, stilvolles Gothic-Collier mit schwarzer Spitze, lila Korsett, schwarzer Mini-Rock, Stiefel – eine Frau, die einen wahnsinnig tollen Körper hat und auch mit 39 Jahren noch einfach alles tragen kann! Es folgt Ehemann Alexander Krull, einer der Männer mit den wohl längsten Haaren der Metal-Szene. „Wir freuen uns auf einen geilen Abend mit euch! Ich möchte euch mit auf die Reise in mein Heimatland Norwegen mitnehmen. Seid ihr dabei?“, fragt Liv Kristine? Das Puschkin klatscht und grölt begeistert.
Die Frau des Abends: Norwegerin Liv Kristine
Im Laufe des Abends spielt die Band bevorzugt Songs des neuen Albums „King of Kings„, aber auch Klassiker wie „Farewell Proud Men“, „Symphony Of The Night“, „My Destiny“ oder „Hell To The Heavens“ dürfen natürlich nicht fehlen. Aufgrund festgelegter Setlist muss der lautstarke Wunsch des Dresdner Publikums nach „Solemn Sea“ leider übergangen werden. Groß gerockt hat das Ehepaar Krull dafür bei „Melusine“, bei dem alle Fäuste von selbst in die Höhe gereckt wurden. Etwas unnötig also Alexander Krull’s permanente, gestische Aufforderungen nach aktiver Teilnahme des Publikums. Besonders anstrengend beim Schlacht-Song „Edge Of Steel“. Ebenfalls wenig gelungen: Der Versuch, die Metal-Fans des Puschkins mit „Ich hab gehört, hier in Dresden gibt es so viele Dynamo-Fans?“ zum Kreischen zu bringen. Da hatte „Schönhaar“ (Liv Kristine) Alex Krull sich wohl etwas verschätzt. Dabei wurden die Mähnen ganz von selbst geschüttelt, Krachern wie „Swords In Rock“ sei dank.
Ehepaar Krull in Aktion: Liv Kristine (l.) und Alexander Krull in ritterlicher „Harald I.“-Rüstung
Dass sich Growler Alex Krull selbst gern im Mittelpunkt sieht, zeigte seine Kostümierung für den letzten Song: Mit Helm umd Ritterrüstung wie einst Harald I. „Schönhaar“, der erste König Norwegens selbst, performte Alexander mit Liv Kristine den Titel-Track des aktuellen Albums „King Of Kings“, bevor die fünf Metaler noch einmal die Bühne verließen. Doch das sehnsüchtige Klatschen der Dresdner verstummt nicht. Der Abend wird fulminant mit dem Highlight „Elegy“ vom Erfolgsalbum „Vinland Saga“ beendet – fast. Denn nach laute „Zugabe“-Rufe locken LEAVES‘ EYES zum endgültigen Abschluss „Blazing Waters“ ein letztes Mal on stage. Die warmherzige Norwegerin ist sichtlich gerührt vom umwerfenden Applaus der Dresdner, die seit 2009 auf ein Konzert der Band in ihrer Stadt warten mussten: „Ich danke euch von ganzem Herzen“.
Wir danken LEAVES‘ EYES für diesen grandiosen Abend im Dresdner Puschkin!
Fotos: B. Müller
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