Klein, aber fein: Pelagic Fest 2018 in Berlin
Konzertbericht
Freitag, 18. Mai
Hach ja, Labelfeste sind schon eine feine Sache. Wo sonst (außer am heimischen Plattenbuffet) kann sich der geneigte Musikfreund schon in so geballter Form mit den von ihm geliebten Spartenklängen versorgen? Golden Antenna Summit, Denovali Swingfest, Droneburg – auch unsere Belegschaft durfte in der Vergangenheit bereits das eine oder andere exquisite Line-up samt familiärem Liebhaber-Setting erleben.
Und ein ähnliche angenehmes Wochenende versprach nun die dritte Ausgabe des Pelagic Fest in Berlin zu bescheren. Auch, weil die Veranstalter um Pelagic-Records- und THE OCEAN-Chef Robin Staps diesmal kleinere Locations wählten und nur einige Hundert Tickets in den Verkauf gaben, um das Event noch ein bisschen intimer werden zu lassen.
Erst die Arbeit, dann das Vergnügen
Doch zunächst galt es für die Belegschaft, die mehreren Hundert Kilometer Distanz zum Veranstaltungsort ohne Zwischenfälle zu überbrücken. Allerdings: Die heimlichen Hoffnungen der Reisegruppe Kostudis, dass sich am Pfingstwochenende womöglich mehr Menschen aus Berlin heraus als nach Berlin hinein bewegen, erhalten bereits nach kurzer Zeit einen deftigen Dämpfer. Denn während auf der Gegenfahrbahn teils gähnende Leere herrscht, schiebt sich auf der anderen Seite der Autobahn eine ächzende, endlose Blechlawine in Richtung Bundeshauptstadt. Und zwar sehr, sehr langsam. Folglich wird die Anreise dann doch zu dem, was sie meistens ist: ein Wettlauf gegen die Zeit.
So zäh zunächst die Anreise, so reibungslos der Endspurt am Zielort: Flugs und sogar kostenfrei ist der Wagen unweit der ersten Venue abgestellt. Es geht ins Kreuzberger Bi Nuu. Und der Club im U-Bahnhalt Schlesisches Tor ist bereits erfreulich gut gefüllt, als sich die Kollegen den Post-Rock-Schwaden von AS WE KEEP SEARCHING entgegenkämpfen. Schnell noch einen kühlen Hopfentrunk geordert, und dann 20 Minuten die Seele baumeln lassen. Wozu – das stellt sich unmittelbar heraus – sich die träumerischen Klänge der Inder ganz hervorragend eignen. Überraschungen und Verqueres bietet der Vierer aus Ahmedabad dabei nicht – und das ist gut so. Denn nach mittlerweile neun Stunden Anfahrt in den Knochen ist dem Kollege Kostudis nach was „Nettem“. Auch sein geschwisterliches Pendant erfreut sich an der heiter-engagierten Darbietung und damit dem idealen Einstieg ins Festival-Wochenende. Taktgeknobel und wütendes Gehaue? Gerade nicht, lieber später.
BRIQUEVILLE – mächtig (und) maskiert
Nach einer knappen Stunde zum Beispiel. Kopf und Körper sind nun hinreichend aufgewärmt, um das dicke Gig-Brett von BRIQUEVILLE zu verarbeiten. Der Fünfer aus Belgien, der mit Masken und Kutten aufmarschiert und auch abseits der Bühne nicht viel von sich preisgibt, lässt dann auch gleich lieber Taten sprechen – und bietet eine wuchtige, stampfende Psycho-Doom-Mixtur, welche die Zuhörer vor der Bühne alsbald in ein mantraartig wankende Masse verwandelt. Auch dank schnittfestem Indoor-Nebel geht der Punkt für das erste atmosphärische Highlight an BRIQUEVILLEs drückende Dröhnung.
Mit ARMS AND SLEEPERS gegen die Voreingenommenheit
Nach dem beat-lastigen Erstkontakt in der Dresdner Scheune stand vor allem die Kollegin dem nächsten Programmpunkt skeptisch gegenüber. Wie leider allem, was dem elektronischen Dunstkreis entspringt. Aber, die Zeichen stehen auf Wandel: Zum bereits bekannten Line-Up von Drums und Konserven gesellt sich diesmal ein Gitarrist. Und auch die ersten entspannt pulsierenden Klänge, die das Ami-Trio in den Clubraum pumpt, haben nur wenig mit den noch in der Erinnerung haftenden gemein. Auch die optische Umrahmung ist eine andere: Der Projektor wirft diesmal vorrangig grafische Illustrationen ans Backdrop. Abendliche Chillout-Lehrstunde: Check.
CASPIAN – ab geht der Post
Das Schluss- und Glanzlicht des ersten Tags entfachen CASPIAN. Mit fast anderthalb Stunden Spielzeit locken sie zahlreiche Hörfreudige an. Und wirklich: Es sind nur wenige Anwesende, die sich nicht stumm pendelnd und nickend den sphärischen Schwaden hingeben. Die bereits schwächelnde Hälfte der redaktionellen Abordnung hat sich bereits in einen schläfrigen Zustand begeben, der sie über die Sound-Schwächen der ersten Minuten hinwegtröstet. Die Gesangbeiträge, die auf der „Dusk And Disquiet“ fragil und vorsichtig wirkten, kommen etwas ungraziös und leider nicht vollends sauber aus der Box. Auf instrumentalem Terrain lässt sich im Folgenden aber nichts ankreiden. So liefern CASPIAN nicht nur eine intensive Stimmung, sondern auch den gelungenen ersten Zwischenabschluss des Pelagic Fests.
Dessen Ende steht noch eine Stippvisite ins Berliner Nachtleben sowie das Auffinden der Übernachtungsgelegenheit bevor. Beide Aufgaben löst das Duo Kostudis mit Bravour – und schafft damit lange, aber lohnenswerte 20 Stunden Tagwerk.
Bericht: Sophia und Anton Kostudis. Bilder: Sophia und Anton Kostudis.
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