Keep It True Rising IV 2024
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
Der Freitag sorgt für den zweiten großen Schwung anreisender Fans. Vor allem Menschen aus Würzburg und Umgebung oder Fans mit Tagesticket benötigen ein entsprechendes Bändchen. Darauf ist die Organisation eingestellt und der Zugang zur Posthalle erfolgt problemlos. Viele Metalheads nutzen die Zeit zum Stöbern bei den Händlern. Unter anderem ist FHM Records vor Ort. Heute spielen NASTY SAVAGE, die wie PYRACANDA ihr neues Werk über das Undergroundlabel releasen. Um 12 Uhr geht das Bühnenprogramm weiter.
ANIMALIZE
Galerie mit 15 Bildern: Animalize – Keep It True Rising IV 2024Eine Band aus dem französischen Lyon übernimmt den Auftakt zum ersten echten Festivaltag. ANIMALIZE existieren seit 10 Jahren und sind beim deutschen Undergroundlabel Dying Victims Productions unter Vertrag. Seit 2020 produzieren die Herren Studiomaterial. Zwei EPs und eine LP haben ANIMALIZE bisher auf den Markt gebracht. Das aktuelle Werk ist die EP „Angles Morts“ aus dem vergangenen Jahr.
Energie und Showelemente stehen vor allem im Vordergrund des 45-minütigen Auftritts von Sänger Coyote. Der heult zwar nicht so wild wie sein Namensgeber, springt aber ständig umher und versucht immer wieder das Publikum zu animieren. Es gibt ein Gitarrensolo hier, eine längere Ansage dort und ein Drum Solo on top. Musikalisch sind ANIMALIZE ähnlich unterwegs wie TYRAN gestern zum Auftakt. Klassischer Metal, der mit Tempo gewürzt wird. Eine Besonderheit: es gibt sowohl Stücke in englischer wie auch in französischer Sprache. Das erinnert an SORTILÈGE aus den 80ern, die ihre Scheiben gleich in zwei unterschiedlichen Sprachen veröffentlichten.
In der Publikumsgunst schneiden ANIMALIZE sehr gut ab und schon früh stellt sich eine euphorische Stimmung in der Posthalle ein. Wenn es etwas zu kritisieren gibt, dann die etwas ausufernden Ansagen und Soli. Bei einem etwas kompakteren Agieren wäre noch eine Nummer mehr möglich gewesen. Trotzdem: starker Gig.
WRITHEN HILT
Galerie mit 18 Bildern: Writhen Hilt – Keep It True Rising IV 2024Aus der Asche von BOOZE CONTROL formierten sich WRITHEN HILT 2023. Die EP „Ancient Sword Cult“ war die Überraschung im Epic Metal des vergangenen Jahres. Mittlerweile gelten WRITHEN HILT als Hoffnungsträger, die aber mehr in Richtung WARLORD als MANILLA ROAD schielen. Mit der Democassette haben die Herren genau sieben eigene Tracks. Eigentlich viel zu wenig für einen Gig auf dem Keep It True. Der Hype innerhalb der Deaf-Forever-Community rechtfertig den Slot, was sich auch beim Publikumsandrang zeigt.
Die Band aus Braunschweig enttäuscht nicht, ganz im Gegenteil. Die epischen Melodien laden die Maniacs zum Schütteln der Mähne ein und spätestens mit dem WARLORD-Cover „Deliver Us From Evil“ explodiert die Stimmung in der Crowd. Der Slot ist etwas kürzer als die anvisierten 45 Minuten, zeigt aber das Potential der Truppe. Der Ausfall von Bassist Steffen Curth wird mit Gustav Sundin (ARMORY) kompensiert. WRITHEN HILT wollen diesen Gig unbedingt spielen, auch wenn die Kraft krankheitsbedingt eingeteilt werden muss. Der weitere Weg des Quartetts wird spannend. Wir freuen uns auf die erste vollständige LP.
THRILLER
Galerie mit 16 Bildern: Thriller – Keep It True Rising IV 2024Der Gesang legt gleich mehrere Oktaven an Höhe zu, als THRILLER aus Kempten die Bühne entern. Die Truppe ist vom Namen neu, besteht aber eigentlich als NÄSTY NUNS und THE NÄSTY seit fast 20 Jahren. Mit der Umbenennung erfolgt ein Neustart und „Street Metal“ wurde 2023 via High Roller Records veröffentlicht.
Die Show von THRILLER steht und fällt mit dem Gesang von Julez. Wer an sehr hohen Tönen gefallen findet, der wird mit THRILLER glücklich. Viele Maniacs sind von der Tonlage weniger erfreut und nutzen den Slot für eine Pause.
Das Set umfasst exakt die acht Nummern, die sich auf „Street Metal“ befinden. An der Show gibt es nichts zu beanstanden. Die Herren beackern die Bühne und vor allem Sänger Julez posiert für die Fotografenschar. THRILLER liefern keinen schlechten Gig, stehen aber im Schatten von den beiden Vorgängern.
TRAVELER
Galerie mit 19 Bildern: Traveler – Keep It True Rising IV 2024Aus Kanada kommen TRAVELER und sind rund um das Keep It True Rising IV mit NIGHT DEMON auf Tour. Die Truppe um Sänger Jean-Pierre Abboud erweist sich als einer der Abräumer des Tages. Abboud gewinnt souverän den Preis für das schrillste Outfit. Polizist? Oder Wachmann? Auf jeden Fall erinnern die Klamotten an die „Russian Roulette“-Tour von ACCEPT in den 80ern. Mit einem Unterschied – da lief nicht nur der Sänger in derartigen Klamotten auf.
Drei Full-Length-Werke, allesamt tief im 80er Jahre Metal, haben TRAVELER in ihrem Repertoire. Ganz frisch ist „Prequel To Madness“ aus dem Februar des aktuellen Jahres. Das aktuelle Werk stellt mit vier der acht dargebotenen Tracks den Löwenanteil. Dazu kommen mit „Speed Queen“, „Starbreaker“ und „Street Machine“ drei Stücke vom 2019er Debüt. Allen voran „Speed Queen“ zum Ende des Sets sorgt für mächtig Stimmung und insgesamt sind TRAVELER einer der Hingucker und gefeierten Acts des zweiten Tages, wo Performance und Sound die Maniacs vor der Bühne abholt.
HELLWITCH
Galerie mit 14 Bildern: Hellwitch – Keep It True Rising IV 2024Vom Newcomer zum alten Hasen. HELLWITCH aus Florida gehören zu den Anfängen der dortigen Metalszene. Allerdings reichte es nur zur LP „Syzygial Miscreancy“ im Jahr 1990. Die Musik ist ein Mix aus Death- und Thrash Metal, wobei der Gesang von Pat Ranieri heute kaum gutturale Elemente aufweist. Es sind mehr die Themen von HELLWITCH, die in den 80ern zu Gemeinsamkeit mit zum Beispiel NASTY SAVAGE oder OBITUARY führen.
Tempo ist angesagt und die Saiten schreddern ordentlich. Es gibt die komplette „Syzygial Miscreancy“ auf die Ohren. Dazu kommen noch drei Songs vom 2023er Release „Annihilational Intercention“. Es ist Zeit für die Thrasher im Publikum, die am späteren Abend noch weitere Gelegenheit zur Bewegung bekommen sollen.
CRYSTAL VIPER
Galerie mit 21 Bildern: Crystal Viper – Keep It True Rising IV 2024Der zweite Auftritt von CRYSTAL VIPER auf dem Keep It True Rising IV setzt auf das eigentliche Programm des Quartetts um das neue Werk „The Silver Key“. Der Start liefert gleich zwei neue Tracks, bevor mit „The Cult“ und „Metal Nation“ in die Klassikerrubrik gegriffen wird. An den acht Nummern gibt es handwerklich nichts auszusetzen. Zwischen den Thrash-Altmeistern HELLWITCH und der NWoBHM-Legende DEMON haben Marta Gabriel und Co. einen schweren Stand. Anscheinend nutzen viele Fans den zweiten CRYSTAL-VIPER-Gig für eine Pause. Der Funke will nicht so von der Bühne auf das Publikum springen, wie zum Beispiel bei TRAVELER.
DEMON
Galerie mit 31 Bildern: Demon – Keep It True Rising IV 2024Wenn eine Band mit dem Klassiker überhaupt startet, dann ist das Repertoire nahezu unendlich. Dave Hill und seine Mannen betreten die Bühne und starten mit „Night Of The Demon“. Dass, was bei CRYSTAL VIPER fehlt, gelingt DEMON von der ersten Sekunde an. Die Fackel ist entfacht und brennt die gesamten 60 Minuten, auch wenn Hill auf seinen berühmten Dämonenhut verzichtet. „Hurricane“, „Sign Of A Madman“ oder „The Plague“: DEMON nehmen die Posthalle mit in die 80er Jahre und der NWoBHM. Bei fast jedem Track vergrößert sich der Chor.
Die Altmeister aus England entwickeln sich zu einem der gefeierten Acts des Keep It True Rising IV. Als einer der Höhepunkte und Mitsingnummer zeigt sich „Remembrance Day (A Song For Peace)“ vom 1989er Album „Taking The World By Storm“. Der Refrain erklingt aus 1000 Kehlen und die berühmte Gänsehautatmosphäre liegt in der Luft. Der Schlusspunkt ist der Wunsch des Publikums. Auf die Frage, was gespielt werden soll, erklingt der Ruf nach „Don’t Break The Circle“. Das Ding von der „The Unexpected Guest“ setzt den Gig die Krone auf. Die Herren lassen nur ihre Musik sprechen und treffen damit den Nerv der anwesenden Menschen. Well Done, DEMON!
NASTY SAVAGE
Galerie mit 34 Bildern: Nasty Savage – Keep It True Rising IV 2024Was ist los, wenn die Blicke der Menschen vor der Bühne einen Fernseher auf der Bühne suchen? Es gibt Bands, die nicht nur durch ihre Musik Berühmtheit erlangt haben. Sänger Nasty Ronnie und seine Band NASTY SAVAGE existieren seit mehr als 40 Jahren und legen 2024 ihr fünftes Studioalbum „Jeopardy Room“ auf den Tisch. Diese Information ist nur eine Randnotiz. Bei einer Show von NASTY SAVAGE geht es um die Show, die musikalisch begleitet wird. Dazu trägt auch der Bassist Kyle Sokol bei, der sein Instrument unter dem Kinn hängen hat.
Der Anfang ist eine Gladiator Maske. Es folgen erste kleine Scharmützel mit dem alten TV-Gerät auf der Bühne. Das TV-Gerät schleift Ronnie über die Bretter, dekoriert es mit einem Kerzenständer oder mit Blumen. Den Blumenstrauß zerpflückt er später, bindet die Promotion der neuen Scheibe mit in die Show ein und nebenbei gibt es auch Musik. Der musikalische Beitrag fokussiert sich mit vier von zehn Nummern auf das selbstbetitelte Debüt. Eigentlich gibt es Thrash, aber zum Beispiel „Metal Knights“ ist mehr US-Metal als Thrash Metal. Gesanglich klingt Ronnie monoton und die hohen Töne von früher gehören nicht mehr zum Repertoire.
Die Crowd wartet auf den Moment, wo Ronnie das TV-Gerät zerlegt. Je nach Perspektive lässt Ronnie sich den Fernseher auf den Kopf oder Körper fallen und geht anschließend zu Boden. Blutüberströmt steht der ehemalige Wrestler auf der Bühne und Performt „XXX“ und „Savage Desire“. Das TV-Gerät wird zerteilt und die Einzelteile in Richtung Publikum entsorgt. Die Show des Tages liefert Ronnie. Musikalisch haben andere Bands die Nase vorne.
PENTAGRAM
Galerie mit 18 Bildern: Pentagram – Keep It True Rising IV 2024Bei Gesprächen zwischen Fans steht die Frage im Raum, ob Bobby Liebling mengenmäßig mehr Drogen in seinem bisherigen Leben vertilgte als alle Mitglieder von THE ROLLING STONES gemeinsam. In jungen Jahren sorgte seine Sucht für viele verpasste Chancen. Aufenthalte im Gefängnis wegen der Misshandlung von Menschen gehören ebenfalls zur Vita von Liebling. Die neueste Wendung ist der Hang zum Christentum. Bei Bobby Liebling gilt generell der Leitsatz „was interessiert mich mein Geschwätz von gestern“. Eigentlich haben PENTAGRAM ihre Abschiedstour angekündigt. Davon ist keine Rede mehr. Im Gegenteil, während der Show kündigt Liebling für Dezember ein neues Album an.
So streitbar der Fronter bezüglich der Vergangenheit ist, musikalisch gibt es heute wenig zu meckern. Die neu zusammengestellte Band performt gut und Liebling zeigt sich überraschend stark bei Stimme. Es gibt 13 Nummern, darunter einige Kostproben an neuen Songs. Liebling und seine Mannschaft werden musikalisch ihrem Slot gerecht, auch wenn der 70-jährige Sänger technische Unterstützung bezüglich der Lyrics benötigt. Diverse Menschen auf dem Keep It True Rising IV stehen nur bedingt auf Doom und nutzen PENTAGRAM zum Durchschnaufen, da der Abschied einer der Keep-It-True-Bands vor der Tür steht.
CIRITH UNGOL
Galerie mit 14 Bildern: Cirith Ungol – Keep It True Rising IV 2024April 2017, CIRITH UNGOL spielen ihre erste Show auf europäischen Boden in Lauda-Königshofen beim Keep It True. Das klingt nach einem schrägen Märchen für eine Band, die 1971 gegründet wurde. Seit 1992 waren CIRITH UNGOL inaktiv. NIGHT-DEMON-Fronter Jarvis Leatherby war und ist Fan von CIRITH UNGOL und hegte den Traum von einer Reunion. Die gelingt 2015 und zwei Jahre später stehen CIRITH UNGOL beim Keep It True auf der Bühne.
Der Auftritt des Fünfers ist einer der Gigs, der sich bei vielen Keep-It-True-Fans tief ins Gedächtnis eingebrannt hat. Die Alben aus den 80ern wie „Frost And Fire“ oder „King Of The Dead“ genießen hohes Ansehen in der Szene. Das tatsächlich die Möglichkeit bestehen könnte, CIRITH UNGOL live auf der Bühne zu erleben, glaubt viele Jahre kein Mensch.
Der Kreis schließt sich. Nur noch Robert Graven an den Drums und Sänger Tim Baker sind heute auf der Bühne. Dazu gesellt sich Bassist Jarvis Leatherby und NIGHT-DEMON-Gitarrist Armand Anthony. CIRITH UNGOL agieren als Quartett bei ihrer letzten Show auf europäischen Boden.
Leider haben CIRITH UNGOL diverse technische Probleme. Mal klemmt es beim Bass, dann ist Sänger Baker nicht zu hören und die Gitarre verliert mehrfach den Kontakt. Die Protagonisten an den Saiten lassen sich nicht unterkriegen und versuchen alles, um die technischen Probleme in den Griff zu bekommen. Das gelingt ab circa Mitte der Show. Irgendwie passt der wenig runde Abschluss zu CIRITH UNGOL. Die Band verkörpert das perfekte Unperfekte. Genauso verabschieden sich CIRITH UNGOL von der Bühne des Keep It True Rising IV.
Das Set ist ein Querschnitt der Geschichte von CIRITH UNGOL. Das bockstarke aktuelle Werk „Dark Parade“ findet mit drei Nummern Berücksichtigung. Der Fokus liegt auf „King Of The Dead“, wo vor allem „Black Machine“ und „Master Of The Pit“ vom Publikum abgefeiert werden. Die Zugabe ist das ARTHUR-BROWN-Cover „Fire“ und macht den Strich unter eine Keep-It-True-Geschichte, die sehr vielen Fans für immer im Gedächtnis bleiben wird. Der Dank geht an das Team vom Keep It True, dass vor sieben Jahren Tim Baker und Co. nach Deutschland holten und viele Fanträume realisierten.
Setlist CIRITH UNGOL:
- Atom Smasher
- I’m Alive
- Sailor On The Seas Of Fate
- Blood & Iron
- Chaos Descends
- Frost And Fire
- Black Machine
- Looking Glass
- Forever Black
- Master Of The Pit
- King Of The Dead
- Down Below
- Death Of The Sun
- Join The Legion
- Paradise Lost
- Fire
Entsprechend des Schwanengesangs von CIRTH UNGOL liegt Melancholie in der Luft der Posthalle. Aber auch Verständnis für die Entscheidung, da anscheinend Greg Lindstrom gar nicht mehr Touren kann oder will und auch Graven und Baker auf die 70 zugehen. Fans, die noch einen Absacker genießen möchten, können das in der Posthalle tun. Sonst bieten an einem Freitagabend die Würzburger Kneipen Alternativen.
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