Judith Beckedorf
Live im Grünen

Konzertbericht

Billing: Judith Beckedorf
Konzert vom 17.06.2020 | Büdchen am Westerberg, Osnabrück

Es ist ungefähr dreieinhalb Monate her, dass bundesweit verschiedene Landesregierungen Konzerte in gewohnter Form untersagt haben. Unsicherheit machte sich in der ganzen Live-Branche breit. Eine Situation, die Kreativität erforderte. Schnell wurden Konzerte in Autokinos, via Streaming oder einfache Spendeaktionen organisiert. Indes hat der Lockdown seine Wirkung gezeigt, so dass der Ruf nach Lockerungen lauter wurde. Die Politik gab ihnen schrittweise nach. Schließlich sind seit dem 8. Juni in Niedersachsen wieder Open-Air-Konzerten mit  bis zu 250 Personen unter Auflagen erlaubt.

Das rief die ersten Veranstalter auf den Plan, unter ihnen Timezone Records. Diese veranstalten seit Jahren eine Open-Air-Konzertreihe im Büdchen am Westerberg in Osnabrück, ein fester Bestandteil des hiesigen Sommers. War diese in den Jahren zuvor kostenlos, so wird nun ein Eintritt erhoben. Außerdem gibt es behördliche Auflagen, wodurch das Konzert dem Kneipen-Betrieb ähnelte, wie man ihn in den letzten Wochen erlebt hat. Alle Zuschauer wurden einem Tisch zugewiesen, den sie nur mit Mund-Nasen-Schutz verlassen durften und an dem Personen aus mehr als zwei Haushalten nicht erlaubt waren. Alle Speisen und Getränke wurden an den Tisch gebracht. Zudem mussten Kontaktdaten hinterlassen werden.

Vollblut-Gitarristin

Judith Beckedorf, eigentlich Mitglied bei dem Folk-Trio STANDARD CROW BEHAVIOR, ist eine Singer/Songwriterin, wie sie im Buche steht. Auf der Bühne stand sie allein mit ihrer verstärkten Akustik-Gitarre und hat ihr innerstes ausgekehrt. Nicht nur von flotteren Songs wie ‚Mother‘ bis zu ruhigeren wie ‚Don’t Waste Your Time‘ reicht ihr Repertoire. Dazu gehören auch einige Instrumentals, welche die goldene Mitte zwischen Songdienlichkeit und Virtuosität treffen. Zu letzteren gehören Cover von ‚It’s Raining Men‘ und ‚Material Girl‘ oder auch Huldigungen an legendäre Gitarristen wie Leo Brouwer.

Gemeinsamkeiten trotz der Unterschiede

Fast 40 Zuschauer wohnten dem Konzert bei. Sie saßen am Tisch und applaudierten nach jedem Song, manchmal gab es einen Zwischenruf, aber sonst war es ruhig. So entwickelte sich eine sehr, der Musik angemessenen, intime Atmosphäre. Dies hat hier zweifellos gut funktioniert, doch einige dürften sich fragen, wie das bei Metal-Konzerten laufen soll, wo es vor der Bühne doch wesentlich wilder zugehen würde. Regelmäßige Besucher von Underground-Gigs wissen, dass das eine der zentralen Selbstlügen der metallischen Konzertkultur ist, so dass sich die Stimmung bei den Veranstaltungen nicht signifikant verändern wird.

Die neue Normalität?

Das Anlaufen des Konzertbetriebs ist ein wichtiger Schritt zurück in die Normalität für die Musikindustrie. Allerdings sind die Auflagen so streng, dass nur ein kleiner Teil wieder zu wohl meist unattraktiven Konditionen zurückkommen kann. Für Zuschauer ist es natürlich angenehm, den Interpreten wieder so nahe sein zu dürfen, auch wenn es sich etwas komisch anfühlt, so wie das meiste in dieser Zeit.

18.06.2020

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