Jailbreak 2024
Der große Festivalbericht

Die Tore zum Festivalgelände öffnen sich am Freitag um 12 Uhr. Eine Stunde später startet bereits das musikalische Programm in Saal.

ETERNAL CHAMPION

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Anfang März war die US-Band als Headliner auf dem Hell Over Hammaburg. Ende Mai die bittere Nachricht, dass der Bassist Brad Raub mit 36 Jahren verstorben ist. Aktuell sind ETERNAL CHAMPION nur drei Bandmitglieder. An den Drums und am Bass gibt es Liveunterstützung. Connor Donegan bearbeitet die Felle, Frank Chin (CRYPT SERMON, ex. VEKTOR) zupft den Bass.

Zünftig und old school geht das Jailbreak 2024 los. „Fighting The World“ von MANOWAR ertönt aus den Boxen als Intro. Der „Skullseeker“ macht den Anfang und Sänger Jason Tarpey stürmt maskiert mit Netzmaske und MANILLA-ROAD-Shirt stilecht die Bühne. Es gibt einen ordentlichen Schwung Epic Metal, wo Tarpey routiniert das Programm abspult, ohne nur einen Satz zum Tod von Brad Raub zu verlieren.

Neun Tracks in 45 Minuten Spielzeit gibt es auf die Ohren, darunter der Must-Play-Hit „I Am The Hammer“. Im Vergleich zum Auftritt beim Hell Over Hammaburg ist der Sound eine Klasse besser, dafür fehlt bei den Instrumenten an der ein oder anderen Stelle die Abstimmung. Der Auftakt zum Jailbreak 2024 ist gelungen.

U.D.O.

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Udo Dirkschneider zur Mittagszeit auf der Bühne? In Deutschland sind U.D.O. eine andere Nummer als in Dänemark. Der frühe Slot überrascht trotzdem. Vor der Bühne ist es gut gefüllt, ohne dass es zu Gedränge oder übermäßiger Enge kommt. Es lässt sich gut zu „Wrong Side Of Midnight”, “One Heart One Soul” oder “Break The Rules” die Matte schwingen. Vom aktuellen Album „Touchdown“ hat das Quintett “Fight For The Right”, “Forever Free”, “Isolation Man” und den Titeltrack als Kostproben am Start. Zum Ende des Gigs greifen U.D.O. in die Klassikerrubrik. Das zum aktuellen Zeitgeschehen passende „They Want War“ sowie das unkaputtbare „Animal House“ runden den 60-minütigen Auftritt ab. Wer Udo Dirkschneider und seine Mitstreiter bucht, der bekommt die gewohnte Qualität, auch in Dänemark.

FIREWIND

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AVANTASIA sind der heutige Headliner. Ein beständiges Mitglied vom Tobias-Sammet-Projekt ist Herbie Langhans, der Sänger von FIREWIND. Der Herr fährt heute Doppelschicht und steht am Nachmittag mit Gus. G und FIREWIND auf der kleinen Bühne im Saal. Die Qualität eines Gus G. hat sich anscheinend noch nicht in Dänemark verbreitet. Der Andrang vor der Bühne ist zum Start der Show überschaubar. Viele Fans trudeln erst im Laufe des 60-minütigen Gigs ein.

Power Metal geht immer auf Festivals. „Salvation Day“, „Stand United“ und „World On Fire“ eröffnen die Sause. 12 Songs gibt es zu hören und sehen, vier davon von der aktuellen Scheibe „Stand United“. Gus G. legt selbstverständlich das ein oder andere Gitarrensolo auf die Bretter. In Richtung Ende holen FIREWIND „Maniac“ von Michael Schenker aus der Mottenkiste. Das Ding ist dem Saitenhexer Gus G. auf den Leib geschneidert. Einmal mehr zeigt der Ausnahmegitarrist sein Können. Mit „Falling To Pieces“ von 2006er Release „Allegiance“ geht der Gig des Quartetts zu Ende. Was für U.D.O. gilt, gilt auch für FIREWIND und Gus G. Wer einen Gus G. bucht, bekommt an den Saiten einen herausragenden Akteur zu sehen.

MR. BIG

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Auf Abschiedstour sind die US-Rocker MR. BIG. Auf dem Jailbreak 2024 gehört das Quartett zu den Bands, die eine größere Anhängerschaft aufweist. Nicht nur T-Shirts sind zu sehen. Direkt vor der Bühne sind Fans aus Fernost auszumachen, die MR. BIG für immer in ihr Herz geschlossen haben. Im Mittelpunkt der heutigen Show steht der Klassiker „Lean Into It“ aus dem Jahr 1991. Mit dieser mehr als 30 Jahre alten LP schafften MR. BIG den Durchbruch. Die Ballade „To Be With You“ erreichte diverse erste Chartplätze weltweit.

„Daddy, Brother, Lover, Little Boy (The Electric Drill Song)“ spielten Bassist Billy Sheehan und Gitarrist Paul Gilbert mit einer Makita Akku-Bohrmaschine, die harmonisch über ihre Gitarrensaiten läuft, um ein ungewöhnlich schnelles Solo zu erzeugen, das wahrscheinlich nicht mit den Händen repliziert werden kann. Diesen Ansatz mit dem Akku-Bohrer zeigt Gilbert auch heute live auf der Bühne und sorgt für staunende Augen im Publikum.

Insgesamt sechs Tracks gibt es von der „Lean Into It“, dazu gesellt sich jeweils eine Nummer der anderen drei Scheiben zwischen 1989 und 1996. Warum Sänger Martin und seine Mitstreiter auf Covers wie das schräg dargebotene „Baba O’Riley“ von THE WHO in Richtung Ende setzen, wissen die Herren nur selbst. Schade, der bis zu den Coverversionen bärenstarke Gig bekommt einen kleinen Kratzer. Trotzdem sind MR. BIG einer der gefeierten Acts auf dem Jailbreak 2024.

TESTAMENT

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Während Indoor DRAGONFORCE vor vollen Rängen spielen, kündigt sich Outdoor eine Trash-Metal-Legende aus der Bay Area an. TESTAMENT sind gerade auf Europatour und zelebrieren ihre Anfangszeit. „The Legacy“ und „The New Order“ nennen sich die ersten beiden Werke von Chuck Billy und Co. Ende der 80er Jahre. Bei der aktuellen Tour gibt es nur Tracks dieser beiden Longplayer. Die Saitenfraktion ist mit Alex Skolnick und Eric Peterson identisch zum Lineup der beiden LPs von vor circa 35 Jahren. Das bedeutet, dass 60% der damaligen Band heute auf der Bühne steht.

Was vom ersten Ton an von „Eerie Inhabitants“ fasziniert: ob jung ob alt, gemeinsam dreht sich der dänische Moshpit von der ersten Minute. Klar, es gibt recht schnell den einen oder anderen Ausfall. Aber auch das teilt sich sowohl auf Silberrücken wie auf Jungspunde auf. Dänen lügen bekanntlich nicht, trinken aber gerne und viel Bier. Da kann es schon mal mit der Bewegung schwierig werden, unabhängig vom Alter. Crowdsurfer landen ab dem zweiten Song „The New Order“ ständig beim Grabenpersonal.

Billy und seine Mitstreiter liefern einen bärenstark Auftritt. Bei „Do Or Die“ scheinen alle Dämme zu brechen und der gesamte Platz vor der Bühne ist in Bewegung. Geht noch mehr? Klar, „Over The Wall“ ist hier niemand. Schließlich ist der Knast von Mauern umgeben. Aber am Ausrasten und Headbangen ist die gesamte Crowd. Der Schlusspunkt nennt sich „Into The Pit“, wo sich der Circle Pit vor der gesamten Bühne dreht. Was für ein Abriss von TESTAMENT. Die Truppe scheint mit zunehmendem Alter immer besser zu werden und ist ein absolutes Highlight auf dem Jailbreak 2024.

KATATONIA

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Viel krasser kann ein musikalischer Kontrast kaum sein. Vom Old-School-Thrash geht es zum melancholischen und progressiven Sound von KATATONIA. Den Spagat wollen nicht alle Fans mitgehen und der Bereich vor der Bühne füllt sich nur langsam. Der Slot zwischen TESTAMENT und AVANTASIA ist für Jonas Renkse und Co. undankbar. Eventuell wären KATATONIA als Rausschmeißer mit ihrer speziellen Musik der bessere Ansatz gewesen. Es ist nicht zu ändern und Renkse verschwindet immer wieder hinter seiner Mähne, sodass sein Gesicht selten zu erkennen ist. Überhaupt sind KATATONIA die Langhaarexperten, wo ständig mit den Matten gewedelt wird.

Musikalisch liefern die Düsterrocker 12 Nummern, wo erwartungsgemäß der aktuelle Longplayer „Sky Void Of Stars“ mit vier Tracks im Zentrum steht. Die Klassikerrubrik wird mit zum Beispiel „Forsaker“, „Teargas“ oder „Leaders“ bedacht. Ganz alte Sachen aus den 90ern sind erwartungsgemäß nicht im Set zu finden. KATATONIA sind 2024 keine Death-Doom-Band mehr. Musikalisch gibt es in den 60 Minuten erwartbare Kost, die aber auf keine besonders große Resonanz beim eher feierwütigen Publikum trifft.

AVANTASIA

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Warum AVANTASIA heute erstmals in Dänemark auftreten, dürfte mit dem Namen Ronnie Atkins zusammenhängen. Atkins ist gefühlt seit einer halben Ewigkeit mit Tobias Sammet unterwegs. AVANTASIA ist nach dem Gig in Wacken auf einer kleinen Europatour. Nach Helsinki folgt Horsens und das Jailbreak 2024.

Die Produktion von AVANTASIA lässt wenig Spielraum für Spontanität. Bis auf zwei oder drei dänische Ansagen von Atkins spulen Sammet und seine Mitstreiter ihr Programm gekonnt und routiniert ab. Das Set in Dänemark ist identisch zu den Gigs auf der Tour und startet zunächst nur mit Sammet am Mikrofon und „Spectres“. „Reach Out For The Light“ bringt Adrienne Cowan mit in den Vordergrund, bevor Atkins für „The Scarecrow“ übernimmt. Der Jubel ist entsprechend groß und nach dem Song begrüßt Atkins die Fans vor der Bühne.

Weitere Gastsänger sind Kenny Leckremo (H.E.A.T), Geoff Tate (ex. QUEENSRŸCHE), Bob Catley (ex. MAGNUM), Chiara Tricarico (ex. TEMPERANCE) und Herbie Langhans von FIREWIND, der wie Adrienne Cowan mit zum Backgroundchor von AVANTASIA gehört. An der Inszenierung der gesamten Show mit den abwechselnden Gesangseinlagen gibt es nichts zu meckern. Was Sammet und Co. hier auf die Beine stellen ist großer Sport. Musikalisch ist es nach TESTAMENT und KATATONIA eine zuckersüße und melodische Verführung. Die Show kommt bei den Fans aber weit besser an als die Düsterrocker von KATATONIA. Zum Abschluss folgt „Lucifer“, wo Sammet das Klavierintro liefert und sein Instrument irgendwann in Flammen steht. Anschließend gibt es das Medley „Sign Of The Cross“ und „The Seven Angels“. Alle Gastsänger:in sind auf der Bühne und zelebrieren den Abschluss des 90-minütigen Auftritts, der von den Fans vollkommen zurecht abgefeiert wird. Es wird genügend Metaller geben, die bezüglich der eingängigen Musik AVANTASIA in Richtung Schlager-Metal schieben. An der reinen Bühnenperformance können sich andere große Produktion eine Scheibe abschneiden. Well Done, Tobias Sammet!

Setlist AVANTASIA:

• Spectres
• Reach Out For The Light
• The Scarecrow
• Dying For An Angel
• Alchemy
• Invincible
• Promised Land
• The Story Ain’t Over
• Let the Storm Descend Upon You
• Farewell
• Shelter From The Rain
• Lost In Space
• Lucifer
• Sign Of The Cross
• The Seven Angels

BRIAN DOWNEY’S ALIVE AND DANGEROUS

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Der musikalische Tagesabschluss erfolgt Indoor. Ein Runde THIN LIZZY vor der Nachtruhe geht immer. Bei ausgelassener Stimmung wird zu „Rosalie“, „Dancing In The Moonlight“ inklusive Live-Saxofon oder „Don´t Believe A Word“ getanzt und gefeiert. „Whiskey In The Jar“ sorgt für kollektives Mitsingen, bevor „Suicide“ und „Hollywood (Down On Your Luck)“ den 60-minütigen Auftritt der Coverband, mit den original THIN-LIZZY-Drummer, den Tag ausklingen lässt. Wer mag, bekommt noch ein Kaltgetränk. Die Masse der Menschen auf dem Festival verschwindet in ihren Behausungen.