IX. Wave Gotik Treffen
Konzertbericht
Mit Evereve stand nun eine meiner ehemaligen Favoriten an. War ich zu „Seasons“
Zeiten noch Feuer und Flamme für die Badener, ging meine Begeisterung
nach „Stormbirds“ tendenziell gegen Null. Es war ja nicht nur
die Abwendung vom anspruchsvollen und ureigensten Stil zu verkraften, sondern
auch noch der Weggang und der kurz darauf folgende Freitod des Sängers
Tom zu beklagen. Um so erstaunter war ich zu sehen, dass Evereve das Zelt
fast zum Platzen brachten. Abgesehen von Anathema konnte kein anderer Act
das Metal Zelt dermassen füllen. Um es gleich vorwegzunehmen – Benjamin
Richter (vocals) konnte keinen der älteren Songs annähernd so
singen, wie Tom es vermochte. Allerdings wage ich zu bezweifeln, dass dies
seine Absicht war. Natürlich liegen Welten zwischen der Art zu singen,
wie es Tom einst tat und Benjamin es nun macht, aber ich konnte mich, im
Gegensatz zu einigen anderen, zumindest bei den neueren Songs damit anfreunden.
Er bringt wieder etwas „heaviness“ in die Songs, die ich auf den
letzten Werken vermisste. Unbestritten bleibt jedoch, dass Songs wie „The
bride wears black“ einfach von Toms Gesang leben und nichts und niemand
dieses Feeling zu reproduzieren vermag. Sehr gut hingegen hat mir die Version
von „Escape…“ gefallen. Nach einem gelungenen Auftritt Evereves,
der von einem begeisterten Publikum entsprechend gewürdigt wurde, übernahmen
Crack Up das Zepter. Leider hatten es die Deather nicht gerade leicht, nach
der Show der Badener das Publikum zu halten. Den verbliebenen Zuschauern
boten sie auf jeden Fall das volle Brett. Die Songs wurden gut gespielt und kamen recht
gut an. Man sollte denken, dass die Leute nun perfekt auf die Abgeh-Mucke
von Night in Gales eingestimmt gewesen sein sollten… von wegen. Ich gebe
gerne zu, dass Björn und Co. live nicht gerade eine leichte Kost sind
und dass es gerade bei den älteren Songs schwerer ist, in die Musik
hineinzukommen, aber die am Anfang vorhandene Zurückhaltung des Publikums kann ich beim besten Willen
nicht nachvollziehen. Langsam, sehr langsam tauten die Leute dann auf, wobei
vor allem die neueren (und live etwas durchsichtigeren) Songs gut aufgenommen
wurden. Einen nicht unerheblichen Anteil an der sehenswerten Performance (es macht einfach Spass, die Jungs
live zu erleben) trugen sicherlich Björn und Tobbe bei, denen der Spass
an der Sache zu jeder Sekunde anzusehen war. Gegen Ende war dann auch die
Stimmung im Publikum ganz ordentlich und erreichte ihren Höhepunkt,
als die Organisatoren die Band nicht von der Bühne lassen wollten (richtig
so :o)) und ein phänomenales Cover ausgepackt wurde (war das Slayer
? Ich hab es nicht mehr so richtig in Erinnerung). Geniale Band – genialer
Gig. Nach schier unendlich langer Wartezeit und ersten Zweifeln, ob Anathema
wirklich auf die Bretter kommt, wurde die Menschenmasse (es haben tatsächlich noch mehr Menschen ins Zelt gepasst, als bei
Evereve – erstaunlich) für ihr Warten belohnt. Naja, eigentlich haben
wir uns selbst mit reichlich Met für die Wartezeit belohnt, hehe. Bereits
beim ersten Ton konnte man hunderte strahlende und bezauberte Gesichter
sehen – Anathema zogen ohne jede Mühe die Leute in ihren Bann. Die
atmosphärischen (und recht langsamen) Songs wurden von den Zuschauern
förmlich aufgesogen. Es war ein tolles und fesselndes Erlebnis für
– fast – alle Anwesenden. Mir war Anathema nach Night in Gales etwas zu
langsam. Ausserdem hatte ich keine Lust, in dieser eng gedrängten Menschenmasse
zu stehen. Deswegen beschloss ich auch nach einigen Liedern, mein Glück
in der Agra Halle zu versuchen, da hier Haggard spielen sollten. Als ich
dort ankam, war leider nichts mehr von irgendwelchen Bands zu sehen. Ein
netter Goth erklärte mir, dass Haggard schon gespielt hatten und ziemlich geil waren – na danke. Das kommt davon, wenn man ohne Uhr unterwegs
ist. Ich hatte völlig verpennt, dass wir inzwischen bereits 3:00 Uhr
hatten und Haggard gegen 0:30 Uhr auftreten sollten. (So wie es scheint, hat er mich aber angelogen. Haggard hat nach meinen momentanen Infos doch nicht gespielt…) Wieder zurück
am Metal Zelt traf ich meine Festivalbegleitung Kaengu, der mir total begeistert
von dem Anathema Auftritt vorschwärmte. So wie ich ihn verstanden habe,
kamen am Schluss noch Johan Edlund & Co. dazu, um einen Song mitzuspielen.
Sehr ärgerlich, das verpasst zu haben. Am Montag war der Spuk vorbei.
Im Laufe des Vormittags räumten immer mehr Festivalbesucher den Zeltplatz,
um sich auf den Heimweg zu machen. Nach einem Spaziergang über das
Gelände, auf dem das meiste bereits abgebaut war oder gerade eingepackt
wurde, beschlossen wir, das WGT für dieses Jahr zu verlassen. Es war
ohnehin nichts mehr zu erwarten, ausser einer Veranstaltung in der Moritzbastei,
welche aber weniger metalkompatibel klang. Es war auf jeden Fall ein aufregendes
neuntes Wave-Gotik-Treffen, auch wenn fast alles schiefging, was man sich
denken konnte. Besonders bitter war das ganze natürlich für die
Metal Fans, welche um fast alle spektakulären Acts kamen. Trotzdem möchte ich in den Grundtenor einstimmen, der nahezu
überall zu hören ist. Es war ein Festival, auf dem der Gemeinschaftssinn
und der Festivalgedanke wieder ganz weit oben standen. Es war aber auch
eine bittere Pille für alle, die eine große finanzielle Belastung auf sich genommen hatten – wer aber
über die materiellen Dinge hinwegsehen kann, wird das Festival als
einzigartige und schöne Erinnerung im Gedächtnis behalten. Zum
Abschluß hier nochmal die Pressemitteilung der Twinline Promotions
(Link).
Interessante Alben finden
Auf der Suche nach neuer Mucke? Durchsuche unser Review-Archiv mit aktuell 37294 Reviews und lass Dich inspirieren!
Kommentare
Sag Deine Meinung!