Iron Maiden
Legacy Of The Beast
Konzertbericht
Im recht modernen Pariser Stadtviertel Nanterre braut sich an diesem Sonntagnachmittag gehörig was zusammen. Das Wetter spielt dabei aber kaum eine tragende Rolle, denn mit rund 25 Grad könnte der Tag nicht schöner sein. Im Vorfeld der Legacy-Of-The-Beast-Tour-Fortsetzung sind Gerüchten zufolge ein paar Überraschungen auf der Setlist der aktuellen IRON-MAIDEN-Show zu verzeichnen, was die Menge hungrig in den Westen der Stadt pilgern lässt. Vor der nicht besonders charmanten Allzweck-Arena ist die Stimmung bestens. Unmengen an kaufinteressierten Personen treiben sich wahlweise vor dem Merchandise- oder Bierstand herum und versuchen entweder ein Stück Stoff oder einen gefüllten Plastikbecher zu ergattern.
AIRBOURNE lassen die Wände wackeln
Während die Ränge sich peu à peu füllen, drücken die Hard Rocker von AIRBOURNE tüchtig auf das Gaspedal. Den Posten als Anheizer nehmen die Australier um Joel O´Keeffe (wurde dieser Bursche eigentlich jemals mit T-Shirt bekleidet gesehen?) durchaus ernst und so werden die Verstärker auf mindestens 12 gedreht und ordentlich losgestampft. Was am Ende im Zuschauerraum ankommt, lässt sich indes am besten mit infernalischem Lärm bezeichnen, zumindest wenn man weit genug von der Bühne entfernt steht. Schade.
Bruce Dickinson in Bestform
Der Uhrzeiger hat gerade mal die 20 Uhr gestreift, da gehen die Lichter schon wieder aus und mit „Doctor Doctor“ wird das, längst zur Routine gewordene Intro aus der Dose zelebriert. Ansonsten alles wie gehabt: IRON MAIDEN sind mittlerweile zwar in die Jahre gekommen, kleiden sich aber immer noch genauso wie Anfang der 90er und schmücken sich mit ihren eigenen Tour-Shirts, Patronengurten und hautengen Lederhosen. Einzig Monsieur Dickinson hat seinen Piloten-Haarschnitt hinter sich gelassen und springt wie ein Derwisch in Lederhosen und weitem, tief aufgeknöpftem Hemd auf der Bühne umher, während er seine wieder lang gewordenen Haare – ganz modebewusst – zu einem Hipster-Bun geschnürt hat. Bei diesem Auftrtitt mag man an einen Jim Morrison des Heavy Metal denken. Auch gesanglich ist der Mann in Topform, was sich mit dem etwas schleppenden Auftakt in Form von „Senjutsu“ und „Stratego“ noch nicht ganz heraushören lässt.
Von japanischer Kultur und aufblasbaren Dämonen
Der erste Teil des Sets wird von einem „Senjutsu“-angepassten Bühnenbild flankiert, auf dem mehrere Pagoden und ein japanischer Tempel angeordnet sind. Natürlich alles schön analog, so wie man das von IRON MAIDEN gewohnt ist. Zu „The Writing On The Wall“ flimmert der dazugehörige Video-Clip über die Leinwände, bevor die Briten das erste Mal an diesem Abend die große Antiquitäten-Keule schwingen: „Revelations“ wird vom Publikum frenetisch bejubelt, während Dickinson langsam Fahrt aufnimmt und gewohnt missionarisch das Geschehen und die Mitsingparts dirigiert. Weiter geht es mit „Blood Brothers“, kein richtig alter Schinken, aber ein Fan-Fave in jedem Fall. Bei der Inbrunst, mit der das Pariser Publikum den Chorus mitsingt, treibt es einem unwillkürlich Tränen in die Augen und es folgt ein kalter Schauer auf den nächsten.
Während „Flight Of Icarus“ könnte die Stimmung ein wenig kippen, immerhin ist der Frontmann derart damit beschäftigt, mit einem Flammenwerfer zu hantieren und sich gar spitzbübisch darüber zu freuen, dass er beim Timing schludert. Damit versemmeln MAIDEN ausgerechnet einen ihrer besten Songs zugunsten einer – sagen wir mal – sehr experimentellen Inszenierung.
IRON MAIDEN waren, sind und bleiben eine Bank
Der Rest Show ist Geschichte. „Fear Of The Dark“ mit einem selten erlebten Mitsing-Chor, „Hallowed Be Thy Name“, „The Number Of The Beast“ und „Iron Maiden“. Nach einer kaum wahrnehmbaren Verschnaufpause geht es in die erste Verlängerung. Mit „The Trooper“ wird der Reigen der Zugaben eröffnet, wobei dieses Mal besonders der Stelzen-Eddie überzeugt. Mit ziemlich lebhaften und lässigen Gesten, wendet er sich ans Publikum, ehe Bruce Dickinson ihn ob seines verhältnismäßig kleines Gemächtes verhöhnt. Die darauf folgende Auseinandersetzung endet unter Zuhilfenahme einer französisch beflaggten Muskete freilich zugunsten der Band und Eddie taumelt von dannen. „The Clansman“ kommt ohne Schauspiel, dafür mit viel Passion aus, während „Run To The Hills“ die La Défense Arena zum Schwingen bringt.
Nach einer weiteren Pause, ertönt die altbekannte Rede eines gewissen Winston Churchill, „Aces High“ beschließt einen nahezu perfekten Abend.
In jedem Fall ist es der Band um Steve Harris gelungen, eine sehr ausgewogene Mischung aus aktuellen Liedern und Klassikern auf die Bühne zu bringen, während die geliebten Kulissen, wie der aufblasbare Dämonenkopf oder die herabsausense Spitfire nicht fehlen dürfen. Wenn man das Haar in der Suppe finden möchte, wird dies beim genaueren Betrachten des Konsumwahnsinns eventuell gelingen. Mittlerweile hängen etwa zwanzig T-Shirts zur Auswahl an der Merchbude und man kann sich das Bier direkt in einen, von zwei verfügbaren Plastikbecher zapfen lassen. Wenn man das aber hinter sich lässt, kann man IRON MAIDEN einfach immer wieder genießen und in Erinnerungen schwelgen. Merci beaucoup!
Setlist:
Transylvania
Doctor Doctor
Senjutsu
Stratego
The Writing On The Wall
Revelations
Blood Brothers
Sign Of The Cross
Flight Of Icarus
Fear Of The Dark
Hallowed Be Thy Name
The Number Of The Beast
Iron Maiden
The Trooper
The Clansman
Run To The Hills
Aces High
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