In Extremo
Sterneneisen Tour 2011 - In Extremo und Fiddler's Green live in Ludwigsburg

Nach einer überraschend kurzen Umbaupause übernehmen dann IN EXTREMO das Ruder. Bereits für das Intro arbeitet man mit Beamer-Projektionen und leitet dann mit krachenden Pyros in den Titeltrack des aktuellen Albums „Sterneneisen“ über. Die Showeffekte stimmen und die Band legt gleich spielfreudig wie eh und je los. Indes bestätigt sich mein Eindruck des Songs auch in der Live-Situation. Das Stück ist ganz nett, vor dem Hintergrund älterer IN EXTREMO-Kracher aber auch irgendwie zutiefst mittelmäßig. Und auch die übrigen neuen Stücke reißen mich live genauso wenig vom Hocker wie in der Studio-Fassung. Das klingt alles ganz nett, aber für den langjährigen IN EXTREMO-Fan letztlich doch irgendwie belanglos.

Gottlob gibt es da eine Ausnahme, die auf den Namen „Zigeunerskat“ hört und sehr früh in die Menge gefeuert wird. Und eigentlich reicht ja auch das reichlich vertretene Klassiker-Material, um den Kartenpreis von 33 Euro zu rechtfertigen. Ob „Frei Zu Sein“, „Vollmond“, „Herr Mannelig“ oder „Spielmannsfluch“ – hier zeigt sich die wahre Stärke der Band, der live nach wie vor nur sehr wenige das Wasser reichen können. Und trotzdem werde ich das Gefühl nicht los, dass ich schon stärkere IN EXTREMO-Shows gesehen habe.

Vielleicht liegt es daran, dass heute erst die vierte Show der laufenden Tour ist und die Band sich erst wieder warmspielen muss. Vielleicht muss auch Neu-Drummer Florian Speckardt erst noch vollständig von der Band assimiliert werden, denn auch wenn er technisch einen tadellosen Job macht, kann er die Lücke, die der Ausstieg von Reiner Morgenroth hinterlassen hat, noch nicht völlig schließen. In jedem Fall meckern wir hier auf ganz hohem Niveau, denn selbst in schlechter Tagesform stecken IN EXTREMO einen Großteil der Konkurrenz noch ganz locker in die Tasche.

Ein Mangel an Einsatzbereitschaft kann man der Band jedenfalls nicht vorwerfen. Sie sind wie immer bemüht, alles für ihre Fans zu geben. Das wird bereits bei der Gestaltung der Show-Effekte deutlich, in die seit der letzten Tour offensichtlich eine Menge kreativer Energie geflossen ist. Natürlich gehören Gasflammen, Pyro-Fontänen und bengalische Feuer zum altbekannten IN EXTREMO-Standard-Inventar, aber selbst mit diesen Mitteln schafft es die Band, einige neue Akzente zu setzen. Kostüme und Instrumente machen optisch ohnehin schon eine Menge her. Und dann gibt es natürlich einen neuen Bühnenaufbau und einige schöne neue Effekte.

Die Beamer-Einspielungen, die die Songs begleiten, sind überwiegend geschmackvoll gewählt. Zu „Zigeunerskat“ wird ein Kartenspiel animiert, in das auch hübsch lustig gestaltete Abbilder der Bandmitglieder und – zur Freude der männlichen Besucher – für einen kurzen Moment nackte Brüste eingebaut werden. Zu „Mein Rasend Herz“ schlägt eine animierte menschliche Blutpumpe den Takt, nur kurz während der Textzeile „Beim Sturm des weißen Gipfels“ unterbrochen vom Foto eines koksenden Polizisten. Das ist eben der derbe IN EXTREMO-Humor, der die Band seit ihrer Zeit auf den Mittelaltermärkten der Republik begleitet.