Hour Of Penance
Death Feast Open Air 2008
Konzertbericht
Und schon ist Samstag, die Zeit vergeht wie im Flug auf diesem sehr angenehmen Festival. Routiniert werden wieder die kleinen Spinnen von den Sitzgelegenheiten gewischt, das erste Bier geköpft und noch mehr Fleisch vernichtet. Der Alternativplatz ist noch immer in relativ gutem Zustand, ganz anders hingegen der Hauptplatz. Der immer wieder kommende Regen, fahrende Autos und das Fußvolk haben eindrucksvolle Spuren im Boden hinterlassen, stellen weise sinkt man sumpfartig bis über die Knöchel im Matsch ein. Aufpassen wo man hintritt ist also angesagt, den Klamotten vieler vorbei laufender Metaller merkt man aber an, dass dies gar nicht so einfach ist.
HACKNEYED
Death Metal meets Killerpilze. Okay, das ist ein bisschen provokant ausgedrückt, passt aber ganz gut auf die Diskussionen, die sich immer wieder um die junge Combo erstrecken. Klar, den Hype kann man kaum ignorieren, da reicht schon die Vertragsunterzeichnung bei Nuclear Blast oder das größtenteils zarte Alter der Bandmitglieder. Umso mehr gespannt darauf war ich schon im Vorfeld, was die Jungs aus dem Kreis Abtsgmünd wirklich leisten können.
Allzu viel Leute lassen sich vom Knuddelfaktir der vermeintlichen Wundertruppe nicht vor die Bühne locken, zumindest nicht mehr wie bei den anderen frühen Bands auch. Die musikalische Leistung scheint darunter aber nicht zu leiden, dass die Jungs ihre Instrumente durch die Bank beherrschen und man sich im Posing auch nicht kindisch anstellt, bleibt festzuhalten. Einzig die Ansagen fallen dann doch etwas holprig aus, hier merkt man die fehlende Erfahrung. Zum Ende hin taut die Band aber merklich auf und serviert ihren modernen Death geordnet auf dem Silberteller. Lässt man sich von dem vielen Gerede nicht beeindrucken oder gar abschrecken, so findet man in HACKNEYED eine mehr als gute Band, die in Zukunft vielleicht wirklich für einen großen Namen stehen könnten. Ob sie aber wirklich den großen Hype wert sind, darüber sollte sich jeder selbst ein Bild machen.
THE GRIEVING PROCESS
„Is this fucking Death or is this fucking Homo Feast? I said ‚Who likes pornooo?!'“
Manche Bands muss man einfach sympathisch finden. Okay, auch wenn die Outfits der Amerikaner mit Bandanas vorm Mund mehr an eine schlechte Gangster-Posse erinnern und der aufgeregt herum springende, durch die Gegend eiernde und mit dem Mikrofon masturbierende Sänger dem ein oder anderen Schwindelanfälle beschwert, geht der Fünfer ordentlich hart zu Werke und legt ein ordentliches Brutal Death Metal Brett zur vergleichsweisen frühen Stunde an den Tag. Die Lücken im Publikum bleiben zwar, aber Porno ist halt nur was für richtige Männer.
Danach wird dann ein wenig in der Running Order herum gewurschtelt, da sich Desecration verspäten rückt der Rest nach vorne. Macht aber nichts, denn die Veranstalter machen es richtig und kündigen das, wenn auch etwas holprig, gleich mehrsprachig über Megaphon an. Auch sonst darf man den Veranstalter ein Lob aussprechen, den eklatante Fehlplanungen oder Missmanagement zeigt sich nicht. Fürs Wetter ist man schließlich schuldlos.
FLESHLESS
Und noch eine Nadel für die Landkarte, mit FLESHLESS begrüßt das Death Feast vier Tschechen auf seinen Bühnenbrettern. Kaum haben die Jungs begonnen gießt es auch schon wieder in Strömen von oben, so dass die Roadies auf der Bühne sich mit Wischutensilien bewaffnen und massig Wasser von dort herunter schaffen müssen. Die Band lässt sich dies aber, ebenso wie große Teile des Publikums, überhaupt nicht anmerken, sondern zieht ihr Ding ohne Rücksicht auf Verluste durch. Und das ist durchaus überzeugend, ins brutale Geknüppel mischen sich immer wieder griffige Melodiespuren und saftige, langsame Breaks, die die Nackenmuskulatur in voller Angriffslaune attackieren. Kein Wunder, dass man als Einflüsse sowohl Bands wie SLAYER und KATAKLYSM als auch DYING FETUS und GOREFEST auflistet, die Elemente lassen sich auch im wieder etwas dumpfen Sound heraus hören und wissen absolut zu überzeugen.
KRONOS
Kronos hingegen können mich da nicht so vom Hocker reißen. Klar, die Band dürfte mit der wohl bisher härtesten Musik am Samstag die schwarze Heide beschallen, der abgesägte Bass von Basser Tom kann mich aber irgendwie mehr fesseln als die eigentlich gute Show der Franzosen. Wirklich repräsentativ bin ich damit aber nicht, denn die Musik zieht beim Publikum gut an und so muss der arme Boden wieder einiges einstecken.
DESECRATION
Der Grund für die Verschiebungen in der Running Order, DESECRATION, schafft es dann doch noch auf die Bühne und mir persönlich fällt es nicht wirklich schwer nachzuvollziehen, warum die eigentlich einen deutlich früheren Termin bekommen hatten. Das Trio von der Insel schafft es immerhin noch eine einzige Person zum Selbstversuch im leeren Pit zu bekommen, der Rest hat mittlerweile nicht mehr wirklich Lust auf den nun vollends matschigen Sumpf und stellt sich lieber drum herum. Das mag auch am Sound liegen, denn der erscheint so pampig wie ein Dixie-Inhalt. So bleibt nur der Eindruck eines recht monotonen und langatmigen Brutal Death Auftritts, den die Band auch nicht wirklich herumreißen kann.
DECREPIT BIRTH
Um den kommenden Auftritt von DECREPIT BIRTH erahnen zu können braucht man weder gute Augen, funktionierende Ohren oder ein Gedächtnis, das irgendwo die Running Order abgespeichert hat, sondern schlichtweg seine Nase. Würde man Sänger und Robinson Crusoe Verschnitt Bill Robinson in einen Teppich einrollen und rauchen, dann könnte man damit wohl ganz Amsterdam ordentlich breit machen, so zumindest meine Gedanken nach einem längeren Besuch im Fotograben, der abnormal nach Grass stinkt. Auch das Auftreten und die Ansagen von Bill suggerieren, dass der gute Mann wohl schon einiges von seiner „Medizin“ intus hat. So dankt er erstmal überschwänglich einem Kollegen für eine ordentliche Packung als Vorrat, schimpft dann über das Gitter des Grabens, welches die Vereinigung von Band und Fans als große Familie verhindert. Auch sonst hinterlässt er nicht gerade den geistesgegenwärtigsten Eindruck und der ein oder andere Bandkollege verdreht bei den langen Ansagen die Augen.
Auf die Musik schlägt sich das aber nicht nieder, die ist einfach nur unglaublich gut. Schnell, brutal und vertrackt, dann wieder melodisch, an dem Gerücht mit der anregenden Wirkung auf die Kreativität muss wohl schon was dran sein. Die Instrumente werden so präzise traktiert, dass sich ohne weiteres ein sehr angenehmes Hörvergnügen einstellt. Beim nächsten Mal einfach Nasenstöpsel statt Ohrenstöpsel, dann klappts auch mit den rauchenden Kaliforniern.
DYING FETUS
Den „I want you to stop thinking and start killing“-Backprints lief man das gesamte Festival ständig über den Weg, am Samstag um kurz nach Neun ließ sich aber ganz klar eine Konzentration vor der Bühne feststellen. Klar doch, DYING FETUS sind angesagt und die zahlreich versammlten Jünger strömen brav auf den Matschplatz. Selbst wer nicht wirklich was mit der Musik des amerikanischen Trios anfangen kann, muss doch schnell seinen Hut vor dieser absolut begeisternden, musikalischen Leistung ziehen. Es dauert nur wenige Minuten, bis Drummer Trey Williams der Dampf vom Körper aufsteigt, nur eines von vielen Indizien für die Energie, die dort in die Show gesteckt wird. An der Kilometern auf der Bühne hingegen lässt sich das nicht ganz so messen, eingespannt an Vocals und Instrumenten stehen Sean und John eher fest verwurzelt auf der Bühne. Macht aber nichts, die musikalischen Gewaltausbrüche reichen den vielen Fans absolut aus um den Pit in eine ziemlich anstrengende Angelegenheit zu verwandeln.
CRYPTOPSY
Danach verabschiedet sich das Festivalteam noch freundlich von seinen Gästen, dankt fürs Kommen und stösst gemeinsam auf dieses und auch bereits auf das kommende Jahr an. Ein paar dämliche Besucher scheinen das aber in den falschen Hals zu bekommen, drei Tage Alkohol machen sich bemerkbar, und so fliegt sinnloserweise ein Plastikbecher und eine zerdrückte Dose auf die Bühne, mit der Leidenschaft für CRYPTOPSY kann man es also auch ein wenig übertreiben.
Gespannt auf den Auftritt bin ich dennoch. Kein Lord Worm sondern Matt McGachy, der auch das jüngste Werk der Kanadier „The Unspoken King“ eingesungen hat, an der Seite des lebenden Drumm-Computers Flo Mounier, dazu noch die erneut gespaltene Meinung zum besagten neuen Album, genüg Zündstoff also. Alle Fans können aber gleich beruhigt werden, CRYPTOPSY machen auch in dieser Besetzung auf der Bühne unglaublichen Spass. Auch wenn Sänger Matt mit seinem Gebärden ein wenig an einen Berggorilla im Körper eines Menschen erinnert, verabschieden seine kräftigen Growls jegliche Zweifel an seiner Eignung als Frontmann sofort. Auch der Rest der Band beherrscht das Spiel mit dem Publikum, Positionen werden fleißig getauscht und Kilometergeld eingeheimst. Musikalisch wird ein breites Programm geboten, vom ersten bis zum neusten Album wird alles bedacht und von der gröhlenden Menge fleißig abgefeiert. Ein wirklich würdiger Abschluss.
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