Hour Of Penance
Death Feast Open Air 2008
Konzertbericht
HOUR OF PENANCE
Heute geht es dann auch etwas früher an die Bühne, die Wahl im Losverfahren unter vielen mir unbekannten Gruppen viel auf HOUR OF PENANCE. Die, so erfahre ich, kommen aus Rom, sind gerade mit ORIGIN und IMPALED unterwegs und spielen, wie solls auch anders sein, „Fast and Fourious Brutal Death Metal“, der den schläfrigen Zuhörern gleich mal die letzten Schlafwünsche aus dem Stammhirn hämmert. Oder soll ich sagen heraus vibriert? Der Sound ist nämlich ebenso matschig wie der böse zugerichtete Boden des Pits und verschluckt damit einen deutlichen Teil des musikalischen Könnens der vier Jungs aus dem Land des Fussballweltmeisters. Und so kommt auch, trotz des engagierten Auftretens der Truppe, nicht so wirklich Stimmung oder Bewegung in die Reihe der „Frühaufsteher“, der Boden bekommt also noch eine kleine Verschnaufpause.
HOLOCAUSTO CANNIBAL
Death Metal, Death Metal, Death Metal, da fehlt doch was? Richtig, der Grind. Meine erste Portion davon verpassen mir die im Anschluss aufspielenden HOLOCAUSTO CANNIBAL, auch ein hübscher Name. Und dazu noch Portugiesen, stilecht gekleidet im Metzgeroutfit mit weißen, blut beschmierten Schürzen und medizinischem Gesichtsschutz. Auch ohne von der Band bisher etwas gehört zu haben wippt mein Fuß schnell mit, die Grindeinlagen mit Namen wie „Fragments of a Dog“ sind kurz, prägnant und keineswegs schmerzlos, auch wenn man wunderbar drauf tanzen kann. Das lassen sich auch einige Zuschauer nicht nehmen, zappeln am Fotograben herum oder eröffnen die ersten Circle Pits, immer brav die Mullen-Hand zum Himmel gestreckt. Den Portugiesen gefällt das offensichtlich, dabei profitieren sie noch vom besseren Sound. Wobei, wirklich besser ist der eigentlich nicht, er steht diesem Geknüppel einfach nur viel mehr.
Danach lass ich dann erstmal ein paar Bands sausen und mache mich mit meinen Kollegen auf zur Einkaufsmeile. Das Angebot ist verdammt reichhaltig, auch aus dem Ausland sind einige Stände für das Death Feast angereist und bieten die auch eher rare Shirts an, die sonst nur schwer mit massig Versandkosten und Zollgebühren zu bekommen sind. Und so machen nicht wenige das Eintrittsgeld von rund 45€ mit dem ersparten der Klamottenrechnung wieder wett oder rechnet sich den leeren Geldbeutel zumindest auf diese Art schön.
IMPALED
Zu IMPALED hingegen stehe ich natürlich wieder vorne mit drin. Die setzen sich vom eher locker gekleideten bisherigen Musikerfeld allein schon vom Äußeren ab. Statt Einheitsmucke gibt es hier nur Einheitstracht zu sehen, sehr militärisch anmutende grau-schwarze, strenge Klamotten des G.O.R.E Corps, zusammen mit massig Totenschädeln und anderen Accessoires. Insbesondere die Kreuzung aus Gitarre und Axt in den Händen von Sean „Bloodbath“ McGrath ist ein absoluter Hingucker, und so wird dieser auch kaum müde sie, wenn er nicht gerade damit beschäftigt ist grimmigen Gesichtsausdrucks ins Mikrofon zu brüllen, in Richtung Publikum zu strecken.
Musikalisch ist der Auftritt positiver Weise nicht überraschend, sondern einfach nur gut. Es wird zwar nicht ganz so schnell und herzlos geprügelt, dafür aber mit Stil und Geschmack. Das, die hoch interessanten Ansagen im gebrochenen Deutsch wie zum Beispiel „Ihr werdet alle sterben“, zusammen mit den vielen Einspielern über die PA, hinterlässt ein sehr positives Gesamtbild des Auftritts.
AVULSED
Dann wird es wieder europäisch, die Spanier AVULSED erobern die Bühne und reißen die Menge aus der leichten Lethargie, verursacht durch die immer wieder interessante Pausenmusikmischung aus Filmsoundtracks, Tenacious D und Metal-Covern im Klassikgewand. Während die bisherigen Bands vor allem die Pits belebten und so maßgeblich zur Schädigung des Bodens beitrugen, packen AVULSED die Menge musikalisch am Schopfe und zwingen sie förmlich zum Haareinsatz, ein herrliches Spektakel im Licht der sich senkenden Abendsonne. Insbesondere Dave Rotten und Gitarrist Juancar gehen dem Publik dabei mit gutem Beispiel voran und lassen ebenfalls gewaltig das Haupthaar kreisen, sowieso ist die Show glaubwürdig und mitreißend.
JAPANISCHE KAMPFHÖRSPIELE
Zeit für etwas Farbe, und damit ist nicht nur das Haupthaar von Herrn Bony gemeint. Klar, schon äußerlich lässt sich die Spassgrindtruppe wunderbar vom Rest des Billings herausheben. Das Sammelsurium auf der Bühne ist damit so wild und abgedreht wie die Musik: Bequeme Baggies treffen auf eher klassische Hemdkombinationen und typischen Metalleroutfit, es bleibt Spaß pur. Klar, dass das Publikum mit dieser Mischung ordentlich abdreht. Bei „Komm, wir drehen einen Porno“ hoppelt dann sogar noch eine nackte Dame mit auf der Bühne rum, die sich später wohl auch noch anderweitig einen Ruf auf dem Gelände gemacht haben muss, den Gesichtern der Bandmitglieder nach auch für sie nicht ganz unüberraschend. Eine volle dreiviertel Stunde kloppen sich die JAKAs so durchs umfassende Musikprogramm und geben vorm Verschwinden auch noch die ein oder andere nette Randgeschichte zum Besten. Ein sehr sympathischer Auftritt, mehr davon!
ORIGIN
Spätestens jetzt wirds auch für Death Feast Verhältnisse eng vor der Bühne, den ORIGIN will sich wohl keiner entgehen lassen. Die Begeisterung über diese Verpflichtung drückt sich sogar in Sprechchören aus, die ein schnelles Ende der größtenteils kurzen Umbaupausen fordern. ORIGIN treten dann auch verdammt ordentlich in die Fresse. Riff um Riff schleudern die Amis ihren technisch versierten Death in die Menge, der Sound ist dröhnend und geht in Mark und Bein über. Wirkliche Schwierigkeiten hat Sänger James Lee nicht, sich auf der Bühne groß zu machen, im Feuerwerk der krass getretenen Double Bass von John Longstreth, marschiert er am Rand der Bühne auf und ab, zieht gestikulierend die volle Aufmerksamkeit auf sich und verwandelt den Abend in ein wirkliches „Death Feast“. Der Auftritt ist so gut, dass einer meiner Freunde kurz davor ist, den Samstag als „besten Tag seines Lebens“ rot im Kalender anzustreichen. Eine volle dreiviertel Stunde auf abnormaler Geschwindigkeit und einem Maximum an Brutalität, so muss das sein.
Danach stehen nur noch Unleashed auf dem Plan. Trotz des neuen Albums kann ich mich dieses mal nicht wirklich zum Bleiben hinreißen lassen, zu oft sind mir die Schweden in den letzten Jahren über den Weg gelaufen. Den Auftritt gibts daher auch sicherer Entfernung im Campingstuhl mit Dosenbier, das „Death Metal Warrior“ Gebrüll ist ohne Weiteres auch in der Entfernung noch zu verstehen und zu genießen.
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