Hörnerfest 2023
Der große Festivalbericht
Konzertbericht
30.06.2023
Bei nahezu besten Wetterbedingungen geht das Hörnerfest 2023 in den zweiten Tag. Es ist sonnig, aber nicht zu heiß, und am Vormittag herrscht bereits reges Treiben auf dem Markt. Um kurz vor 12 Uhr öffnen sich die Tore zum Infield. Mit VANSIND aus Dänemark steht die erste Band auf dem Programm.
VANSIND zwischen Viking, Folk und Pagan
Galerie mit 11 Bildern: Vansind - Hörnerfest 2023Eine noch junge Band sind VANSIND aus Dänemark. Erst 2019 hat sich das Sextett gefunden. Nach eigenen Angaben bewegen sich VANSIND im Folk Metal, allerdings mit einem Gesangsduo, welches gutturale und klare Vocals liefert. Der Output ist bisher überschaubar, eine EP und diverse Singles haben VANSIND bisher veröffentlicht. Den düsteren, gutturalen Part übernimmt Joachim Asmussen, die gute Fee mit klarem Gesang ist Line Burglin. Dazu gesellen sich folkloristische Töne als Samples. Der musikalische Ansatz ist interessant, bezüglich der Live-Performance gibt es noch Luft nach oben. Der gutturale Gesang ist in Teilen kaum oder gar nicht zu hören. Auch die Abstimmung zwischen den Bandmitgliedern zeigt noch Entwicklungspotential. Zu der frühen Stunde will der Funke noch nicht so richtig von der Bühne auf das Publikum springen.
Piraten auf der Bühne des Hörnerfest 2023 – Teil eins: CALICO JACK
Galerie mit 23 Bildern: Calico Jack - Hörnerfest 2023Piraten-Bands gehören auf das Hörnerfest 2023, aber bei der diesjährigen Ausgabe gibt es einen gewissen Überhang an Piraten-Bands. CALICO JACK aus Italien macht heute den Anfang. Irgendwo zwischen Folk Metal und Irish Folk zocken sich die Herren durch ihre circa 45-minütige Spielzeit. Für Stimmung sorgt der Bassist Giggi, der beim zweiten Track „Where Hath th‘ Rum Gone?“ ins Publikum stürmt und für den ersten Circle Pit des Tages sorgt. Songs wie „Grog Jolly Grog“, „Haul Away Joe“ oder der Schlusspunkt “Straits Of Chaos“ gehen ins Bein und sorgen für eine tanzende Meute vor der Bühne in Brande-Hörnerkirchen.
Piraten auf der Bühne des Hörnerfest 2023 – Teil zwei: BLACKBEERS
Galerie mit 13 Bildern: The Blackbeers - Hörnerfest 2023Gleich die nächste Piraten-Combo folgt: Die BLACKBEERS kommen aus dem bayrischen Selb und covern Irish-Folk-Songs, wo es primär um den Genuss von Alkohol geht. Es gibt viele bekannte Melodien auf die Ohren wie „All For Me Grog“, „The Night Paddy Murphy Died“ oder das ausgenudelte „Whisky In The Jar“. Was für CALICO JACK gilt, gilt auch für BLACKBEERS. Der Getränkeumsatz wird angekurbelt und die Feierbiester tanzen vor der Bühne.
VANAHEIM sind kein Geheimtipp mehr
Galerie mit 25 Bildern: Vanaheim – Hörnerfest 2023Aus den Niederlanden kommen VANAHEIM zum Hörnerfest 2023 und das Publikum vor der Bühne tauscht sich quasi einmal durch. Die Feierbiester sind verschwunden, es geht um Epic Folk Metal oder ganz einfach beschrieben: ENSIFERUM meets EQUILIBRIUM. Mit ENSIFERUM waren VANAHEIM bereits auf Tour und die 2022er Scheibe „Een Verloren Verhaal“ gilt im Underground schon lange nicht mehr als Geheimtipp. Warum hier noch kein größeres Label zugschlagen hat ist verwunderlich.
Fünf Menschen stürmen auf die Bühne, Sänger Zino van Leerdam mit einer Petroleum-Leuchte, welche auch BRUCE DICKINSON bei der ein oder anderen Live-Show zu „Fear Of The Dark“ präsentierte. Neben den bekannten vier Herren ist seit 2022 Rikke Linssen mit einer Violine dabei. Das Instrument tut VANAHEIM hörbar gut und gibt der Musik einen besonderen Touch im Vergleich zu anderen Genre-Bands. Die übliche Kriegsbemalung für Pagan ist ebenfalls vorhanden, wobei der aus Niedersachsen stammende Bassist Mike Seidel schon fast wirkt, als wäre er in einen Tuschkasten gefallen. Kunterbunt mit einer Art Ganzkörperbemalung steht der Herr auf der Bühne.
Musikalisch gibt es jedoch absolut gar nichts zu meckern. Das Konzept passt, genauso die Performance und die Dame und Herren zeigen sich als ausgesprochene Poser. Die aktuelle CD steht primär im Fokus, aber auch „Daughter Of The Dawn“ von der ersten EP wird berücksichtigt. Wer mit den oben genannten Bands etwas anfangen kann, der sollte auf zum Beispiel Bandcamp unbedingt in die aktuelle Scheibe reinhören. Wenn VANAHEIM so weitermachen, dann wird der Weg weiter nach oben gehen, was der Gig auf dem Graspop Metal Meeting verdeutlicht.
Wenn es qualmt und raucht sind HARPYIE am Werk
Galerie mit 19 Bildern: Harpyie – Hörnerfest 2023Eine in norddeutschen Gefilden bekannte Band sind HARPYIE aus Ostwestfalen. Die Band in eine Genre-Schublade zu packen ist schwierig. In der Regel klingen die Alben alle sehr unterschiedlich, irgendwo zwischen Folk, Industrial und Groove Metal. Das Publikum vor der Bühne hat sich verändert, aber die Reihen sind nicht so komplett neu wie bei VANAHEIM.
Das Quintett ist heute auf dem Hörnerfest 2023 zum Quartett geschrumpft. Bassist Jean steht nicht auf der Bühne und kommt vom Band. Dafür haben HARPYIE Rauchspender, welche reichlich zum Einsatz kommen. So stehen die drei vorne an der Bühne agierenden Musiker immer wieder verhüllt in Rauchsäulen. Dreh- und Angelpunkt der Band ist Sänger Aello die Windböe, welcher mit Corpsepaint schon fast im schwarzmetallischen Outfit unterwegs ist.
Der Einstieg in den heutigen Gig stammt vom aktuellen Werk „Blutbann“ und nennt sich „Dunkelschwarz“. Der „Blutadler“ findet ebenfalls Berücksichtigung, ansonsten fliegen HARPYIE bunt über ihre Diskografie mit Songs wie „Freakshow“ oder dem LUNA LUNA-Cover „Wenn Ich Tot Bin“. Als ein Highlight entpuppt sich „Freakshow“, den Song widmet Aello die Windböe dem anwesenden Publikum, welches ihm recht freakig erscheint. Der Schlusspunkt ist „Löwenherz“, wobei HARPYIE ein wichtiges Statement in Form der Regenbogenfahne plus Friedenstaube setzen. Starker Auftritt einer Band, die sich sukzessive weiterentwickelt hat.
MUTABOR entern mit einer wilden Genre-Mischung das Hörnerfest 2023
Galerie mit 13 Bildern: Mutabor – Hörnerfest 2023MUTABOR aus Berlin gibt es bereits seit Anfang der 90er Jahre. Stilistisch lässt sich die Band irgendwo zwischen Ska, Folk, Punk, Reggae und Pop einsortieren. Auf der Bühne sind sechs Menschen unterwegs, welche diverse Instrumente, von der E-Gitarre über Violine, Saxofon bis zur Blockflöte, bedienen. Im Mittelpunkt steht Sänger Axel Steinhagen, der bereits Anfang der 90er mit dabei war. Neben dem Gesang steuert Steinhagen auch die akustische Gitarre zum Konzert bei.
Das klingt alles recht wild, genauso kommt es auch rüber, bleibt aber tanzbar. Über Eingängigkeit von Musik lässt sich bestens streiten. Hier wird es bezüglich MUTABOR sehr unterschiedliche Ansichten geben. Dem Publikum vor der Bühne gefällt der wilde Ritt und es wird eine gute Stunde das Tanzbein geschwungen.
Die TANZWUT kehrt zurück
Galerie mit 19 Bildern: Tanzwut – Hörnerfest 2023Der erste Headliner des Tages steht an. „Die Tanzwut Kehrt Zurück“ ist nicht nur die aktuelle Platte von TANZWUT, sondern passt auch zum Hörnerfest 2023. Teufel und seine Mannen waren unter anderem 2017 auf der Bühne in Brande-Hörnerkirchen zu erleben und sind immer gern gesehene Gäste. Vollkommen klar, dass es vor der Bühne kurz vor dem Auftritt quasi kein Durchkommen mehr gibt und das Infield rappelvoll gepackt ist.
Mit Nebel und reichlich Hörnern entern TANZWUT die Bühne und legen mit „Herrenlos Und Frei“ vom 2019er Release „Seemansgarn“ los. Wer die Band schon einmal erlebt hat, der kennt die Performance des Septetts. Es ist reichlich Bewegung auf der Bühne und Teufel animiert immer wieder das Publikum, welches sich tanzwütig zeigt, so dass der Titeltrack des aktuellen Werks kaum passender sein könnte. Unweit der Küste muss „Bis Zum Meer“ ins Set, wobei das Publikum die Wellenformen übernimmt. Von der Perfomance überzeugen vor allem „Der Puppenspieler“, wo die Saitenarbeiter mit einer entsprechenden Maske auf der Bühne stehen. Auch sehr gut rüber kommt „Francoise Villon“, das Liebeslied auf den französischen Dichter aus dem späten Mittelalter. Mit „Pack“, welches sich schlägt und wieder verträgt, endet der erste Teil. Das Teufel und seine Mitstreiter hier heute nicht ohne Zugabe vom Gelände kommen, versteht sich von selbst. „Toccata“ rückt die starke Instrumentenfraktion von TANZWUT in den Mittelpunkt, gefolgt von „Brüder Im Geiste“. Die Nummer passt heute perfekt, gefühlt sind Band und Publikum im Geiste eins.
Das Schlussbild liefert „Hymnus Cerberi“. Zunächst agieren vier Dudelsäcke, welche im Laufe des Tracks gegen Trumscheit getauscht werden. Zum Ende der Nummer legen die Herren die vier Trumscheit so, dass es aussieht, als wären die Instrumente ineinander verwoben. Bärenstarkes Schlussbild und ein bärenstarker Auftritt der Berliner Band, welche 80 Minuten mehr als überzeugen konnte.
SUBWAY TO SALLY können noch einen drauflegen
Galerie mit 17 Bildern: Subway To Sally – Hörnerfest 2023Nach dem bockstarken Gig von TANZWUT stellt sich die Frage, ob der heutige Headliner SUBWAY TO SALLY noch einen drauflegen kann. Die kleine Bühne und die Trockenheit führen dazu, dass Fish und Co. auf Pyrotechnik leider verzichten müssen. Wie bei HARPYIE ist nicht mehr als Dampfsäulen drin. Somit sind SUBWAY TO SALLY einem wichtigen Stilelement bereits vor der Show beraubt worden. Weiterhin gibt es ein anderes Gesicht an der Drehleier. Michael „Bodenski“ Boden ist wegen dringender Familienangelegenheiten heute nicht auf der Bühne. In diesem Zusammenhang sei auf das Interview mit Bodenski zur neuen Scheibe „Himmelfahrt“ und 30 Jahre SUBWAY TO SALLY verwiesen, wo uns tiefere Einblicke in die Entstehung der Band und in das aktuelle Bandleben gewährt wurden.
An der Drehleier agiert heute Till Uhlmann, der bereits mit Fish und Co. bei BANNKREIS live auf der Bühne stand. Sich aber kurzfristig das heutige Repertoire (morgen geht es weiter in Bad Dürkheim) anzueignen, ist schon eine heftige Nummer. Um es vorweg zu nehmen: Uhlmann macht seine Sache hervorragend, aber Bodenski ist für SUBWAY TO SALLY quasi unersetzbar.
Der Sound passt nahezu von der ersten Note mit leichten Abstrichen, welche im Laufe von „Was Ihr Wollt“, dem heutigen Opener, korrigiert werden. Spätestens ab „Leinen Los“ läuft die SUBWAY TO SALLY-Maschine rund und wie frisch geölt. Über das Album „Hey!“ und „Alles Was Das Herz Will“ geht es zum ersten Klassiker mit „Eisblumen“. Fish und das Publikum liefern sich einen ersten Sangeswettstreit, es soll jedoch nicht der letzte dieser Art bleiben. „Autumn“, der Song von Ally Storch an der Violine, leitet zu „Gott Spricht“ über. Fish singt aus der Perspektive von Gott und kotzt sich über aus die aus dem Ruder gelaufenen Menschheit aus. Textlich ein exzellenter Track, welcher live leider nicht ganz so die Wirkung hat wie die Klassiker der Band.
„Henkersbraut“ oder „Falscher Heiland“ sorgen für Interaktionen zwischen Fish und dem Publikum, welche bei „Besser Du Rennst“ im Circle Pit seinen vorläufigen Höhepunkt findet. Geht noch mehr? Klar, dass „Kleid Aus Rosen“ fehlt noch und Fish verteilt am Ende des Songs eine Rose an das Publikum.
Die Zugabe konzentriert primär auf die Klassiker wie „Sieben“, „Tanz Auf Dem Vulkan“ und „Veitstanz“. Fehlt noch was? „Blut, Blut, Räuber saufen Blut, Raub und Mord und Überfall sind gut, Hoch vom Galgen klingt es, Hoch vom Galgen klingt es, Raub und Mord und Überfall sind gut“. Ohne das bekannte Kinderlied geht heute niemand nach Hause und SUBWAY TO SALLY und das Publikum intonieren zum Abschluss des zweiten Festivaltages die bekannten Textzeilen.
Unter erschwerten Bedingungen zeigen SUBWAY TO SALLY ihre herausragende Live-Perfomance und die Erfahrungen aus unzähligen Gigs. Die Menschen auf dem Hörnerfest 2023 zieht es nach dem musikalischen Teil in den Camp-Ground beziehungsweise Unterkünfte und ein mehr als gelungener Festivaltag geht zu Ende.
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